- FFU Kunstholz
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FFU Kunstholz (für Fiber reinforced Foamed Urethane) wurde in den 1970er Jahren in Japan entwickelt.
Das Haupteinsatzgebiet von FFU Kunstholz ist die Eisenbahn, wo es als Schwelle mit sehr langer Lebensdauer, hoher Beanspruchbarkeit und Resistenz gegen Flüssigkeiten eingesetzt wird und sich auszeichnet. Darüber hinaus wird FFU Kunstholz im Bauwesen im Bereich von Kläranlagen, Tunnelbau, Ankerwänden und im Bereich von Wasserbauten verwendet. Im Bereich der Bahntechnik ergibt die Summe der Brücken-, Weichen- und Tunnelprojekte, an denen im Zeitraum seit 1985 bis 2010 FFU Kunstholzschwellen eingebaut wurden, eine Gleislänge von mehr als 1030 km, dies auf Trassen von LRT Systemen und Gleisanlagen der Vollbahnen mit Achslasten mit bis zu 36 t. Zu berücksichtigen ist, dass die Längen der einzelnen Projekte (Brücken, Weichen, Tunnel) sich in Größenordnungen von 10m bis 500m darstellen.
Überwiegend wurden in diesem Zeitraum FFU Kunstholzschwellen am Hochgeschwindigkeitsnetz des Shinkansen und bei den Regionalen Eisenbahnen und Metros in Japan eingesetzt. Seit 2004 werden FFU Kunstholzschwellen bereits bei Projekten in Österreich und Deutschland eingebaut.
In den USA steht die FFU Kunstholzschwelle vor der Zulassung für Achslasten bis zu 40 t.
In weiteren Ländern wie z.B. Korea, Brasilien, Australien steht die FFU Kunstholzschwelle vor der Zulassung für Achslasten von bis zu 60t.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung des FFU Kunstholzes
Aufzeichnungen der Japanischen Eisenbahnbetreiber zeigten in den 1970er Jahren, dass ca. 70% ihrer eingesetzten Holzschwellen aufgrund von Verwitterung (Verfaulen, Zerfall) auszutauschen waren.
Die Vorgaben der Bahngesellschaften an die Technologie der neu zu entwickelnden Bahnschwelle waren:
- gleiche positive Materialeigenschaften wie Holzschwellen
- einfache Handhabung und Verarbeitung analog Holzschwellen
- Verwendung der vorhandenen Befestigungselemente
- wesentlich höhere Lebenserwartung als Holzschwellen
- frei von Verfaulen bzw. Zerfall aufgrund von Witterungseinflüssen
- wesentlich höhere Witterungsbeständigkeit als Holzschwellen
- annähernd gleiches spezifisches Gewicht wie Holzschwellen
In Zusammenarbeit mit den japanischen Bahnen erforschte der japanische Kunststoffspezialist SEKISUI in den 1970er Jahren ein Material, welches sämtliche oben angeführten Anforderungen erfüllte. Das hierbei neu entwickelte Material wird als FFU (Fiber reinforced Foamed Urethane) Kunstholz bezeichnet.
Geschichtliche Entwicklung
Auszeichnungen
1978 erhielt SEKISUI für diese Technologieentwicklung den Preis der "Generaldirektion der Agentur für Forschung und Entwicklung" Japans. Ebenfalls wird der „Okouchi Memorial Grand Technology Prize“ für ausgezeichnete Industrielle Leistung aufgrund der Entwicklung von FFU Kunstholz an SEKISUI verliehen.
1979 erhielt SEKISUI den „Deming-Preis“ für die umfangreiche und hochwertige Qualitätskontrolle des Unternehmens.
Testphase
1980 wurden in Zusammenarbeit mit dem „Railway Technical Researche Institute“ und der Japanischen Eisenbahn zwei Versuchsstrecken mit Eslon Neo Lumber FFU ausgerüstet.
Im Kanmon Tunnel der Sanyo Hauptstrecke wurden im Bereich km531+680 bis km531+700 74 Stück FFU BI-Block Kunstholzschwellen in Fester Fahrbahn installiert.
Auf der Eisenbahnbrücke über den Miomote Fluss der Uetsu Strecke km61+294 bis km61+316 kamen 18 Stück FFU Brückenhölzer aus Kunstholz zum Einsatz.
1985 nach einer Versuchsdauer von 5 Jahren wurden Kunsthölzer von obigen Projekten ausgebaut und untersucht. Die Untersuchungsergebnisse zeigten keine "Alterung" des Kunstholzes. Die Werte waren sehr gut. FFU Kunstholz wurde bei JNR als Standardschwelle eingeführt.
1991 Railway Technical Research Institute führte weitere Untersuchungen an Schwellen der beiden Versuchsprojekte durch. Der Bericht zeigte auf, dass es keine erkennbare Alterung von FFU Kunstholz gab. Weitere staatliche und private Eisenbahngesellschaften begannen, FFU Kunstholz auf Ihrer Schieneninfrastruktur einzusetzen.
1996 wurden vom Railway Technical Research Institute FFU Kunsthölzer der obigen Versuchsstrecken ausgebaut und ein weiteres Mal untersucht. Im Zuge dieser Untersuchungen wurden an den ausgebauten Schwellen 100 Millionen Lastwechsel durchgeführt. Dies bedeutet theoretisch bei 20 stündigem Bahnbetrieb je Kalendertag, dass je Stunde ca. 275 Achsen über diese Schwelle rollen. In anderen Worten entspricht dies einer praktischen Belastung von einem Zug mit 28 Achsen alle 6 Minuten über einen Zeitraum von 50 Jahren. Die Lebenserwartung der FFU Kunstholzschwelle wurde damit nur angedeutet, da unterschiedliche Bahnbetreiber unterschiedliche Zugfrequenzen haben. Bei diesem Versuch wurde gezeigt, dass der Wert für die Biegebeanspruchung von FFU Kunstholz nach 100 Millionen Lastwechseln ungefähr dem einer neuen und somit ungebrauchten Buchenholzschwelle entspricht.
Einsatz in den Bahnnetzen
Seit 1985, nach einer praktischen Versuchsdauer von 5 Jahren, werden FFU Kunstholzschwellen von der Japanischen Eisenbahn als Standardprodukt im Bereich von Brücken, Weichen, Tunnels sowohl im Schotterbett als auch in der Festen Fahrbahn eingebaut.
- 2002 Einsatz von FFU Kunstholz beim Neubau der Shinkansen Kyushulinie und Tohokulinie.
- 2004 wird die Kunstholzschwelle erstmals in Europa von den Wiener Linien bei der Zollamtsbrücke eingebaut.
- 2005 erfolgt der erste Einsatz am Netz der Österreichische Bundesbahnen (ÖBB) in Wien.
- 2008 Einbau der ersten Weiche mit FFU Kunstholzschwellen im Chempark Leverkusen.
- 2009 Einbau von Brückenhölzern in Folge der Zulassung von FFU Kunstholz an der Eisenbahnbrücke über die Save in Belgrad, Serbien.
- 2010 Im Frühjahr statten die Hamburger Hochbahnen die erste Weiche auf Ihrem Streckennetz mit FFU Kunstholz aus.
Zulassungen in Europa
- 2004 Österreich
- 2008 Serbien
- 2009 EBA Zulassung in Deutschland
Normierung
2007 JIS E 1203 "Synthetic sleepers -Made from fiber reinforced foamed urethane" Definition von FFU Kunstholz durch den Japanischer Industrie Standard (JIS)
Herstellung
FFU Kunstholz besteht aus endlosen Glasfasersträngen und Polyurethan. Es wird nach dem Pultrusions- oder Strangziehverfahren hergestellt. Dabei werden die Glasfaserstränge mit Polyurethan getränkt und der Verbund bei erhöhter Temperatur ausgehärtet. Der Herstellungsprozess wird durch ein Ziehwerkzeug in Gang gehalten, welches das fertige FFU Kunstholz Profil aus dem Härtungswerkzeug zieht. Die so erzeugten porenfreien Rohlinge werden auf Standardlängen von 12m geschnitten. Grundsätzlich erlaubt das Produktionsverfahren die Herstellung von Schwellen in beliebiger Länge.
Anfertigung und Bearbeitung
Maßanfertigung im Werk
Auf Wunsch des Auftraggebers können bereits im Werk FFU Kunstholzschwellen und FFU Brückenhölzer aus Kunstholz in Millimeter-Genauigkeit vorproduziert werden. Sie werden somit an die vor Ort anzutreffenden und gewünschten Situationen angepasst.
Der Auftraggeber übergibt für die Fertigung die genauen Abmessungen, Formen der FFU Kunstholzschwellen, am besten in Form von Plänen. Die entsprechend dieser Vorgaben im Werk angefertigten Kunstholzschwellen werden eindeutig gekennzeichnet und können hierdurch an der Baustelle an geplanter Stelle eingebaut werden.
Bearbeitung vor Ort
Die Herstellung von Bohrlöchern für die Verankerung der Schienenbefestigung mittels Schwellenschrauben erfolgt mit handelsüblichen Bohrwerkzeugen. Ebenso erfolgt das Einschneiden, das Abschneiden, das Aus-/Abfräsen und das Stemmen analog zum Holzwerkstoff.
Reparaturmethoden
Sollte es im Zuge der Arbeiten vor Ort oder durch Veränderung der tatsächlichen Situation gegenüber der geplanten Situation vorkommen, dass Bohrungen am falschen Platz erstellt wurden oder soll die Kunstholzschwelle später an einem anderen Ort eingesetzt werden, so gibt es zwei unterschiedliche sehr einfache Reparaturmethoden.
Bei der einen Methode wird in das zu verändernde Bohrloch ein wenig Kunstharz eingefüllt, anschließend ein FFU Kunstholzdübel eingeschlagen. Innerhalb von 4 h kann z.B. etwas versetzt die neue Bohrung an der gleichen Stelle gebohrt werden.
Die zweite Methode sieht das Vergießen des gesamten Bohrloches mit Kunstharz vor. Die Bearbeitung wie bei Methode eins beschrieben kann hier nach dem Aushärten des Kunstharzes bereits nach ca. 30 Minuten erfolgen.
Wiederverwendung von FFU Kunstholz
Aufgrund der Langlebigkeit von FFU Kunstholz gibt es bis dato (2010) keinen Rücklauf der eingebauten FFU Kunsthölzer. FFU Kunstholz kann zur Gänze wiederaufbereitet und zur Herstellung von geringerwertigen Glasfaser Produkten mit z.B. orientierungslosen Glasfasern, verwendet werden.
Bahn
Im Bereich der Eisenbahn wird FFU Kunstholz hauptsächlich als Bahnschwelle, Bedielung von z.B.: offenen Brücken und bei untergeordneten Eisenbahnkreuzungen eingesetzt.
Weichen
Die wesentlich höhere Lebenserwartung gegenüber Holzschwellen, ähnliches Verhalten wie Schwellen aus Holz im Falle einer Entgleisung, die einfache Montage durch die Formstabilität von FFU, dies alles auf die gewünschten Längen des Kunden (in Japan wurde eine Weichenschwelle mit einer Länge von 9,6 m eingebaut), der Vorzug der zimmermannsmäßigen Verbindung im Bedarfsfall, eine gegenüber der Betonschwelle wesentlich bessere Verzahnung mit dem Gleisschotter führte vor allem zum Einsatz von FFU Kunstholz bei Weichen in denen hohe Seitenführungskräfte und hohe Erhaltungskosten auftreten. FFU Kunstholz wird bei Weichen im Schotterbett oder im Bereich von Fester Fahrbahn z.B. mit Gummischuh verwendet. Die Längste Weiche des Shinkansen liegt auf FFU Kunstholzschwellen.
Eisenbahnbrücken
Die Ähnlichkeit des Verhaltens der FFU Kunstholzschwelle wie jenes der Holzschwelle auf Stahltragwerken haben als Resultat, das sämtliche Stahlbrücken der Shinkansen Linie mit FFU Kunstholz ausgerüstet wurden. Die die sehr lange Liegedauer von FFU Kunstholz und damit sehr günstigen LCC (Lebenszykluskosten) führten zum Einsatz von FFU an der Zollamtsbrücke in Wien. Dies war 2004 das erste Projekt mit FFU Kunstholz in Europa.
Bi-Blockschwellen
In Japan wird die Bi-Blockschwelle im Bereich von Fester Fahrbahn im Tunnel und im Stationsbereich eingesetzt.
Sonderprofile-Bahnschwellen
Bei den Wiener Linien werden im Bereich der Infrastruktur Unter- als auch Obertage FFU Kunstholzschwellen mit einer Höhe von nur 10cm eingebaut.
Tiefbau
FFU Kunstholz findet außerhalb des Einsatzes bei den Bahnen Verwendung im Bereich von Kläranlagen, Ankerwänden, Anfahrschächten, Schiffsbau, Wasserbau, Brückenbau, Kabeltrassen, Hausbau und Schiffsbau. Im weiterem soll ein Einblick in die Verwendung von FFU Kunstholz im Bauwesen erfolgen.
Tunnelbau
FFU Kunstholz kommt in Japan unter der Produktbezeichnung SEW im Bereich von Anfahrschächten im Stollen/Tunnelbau als auch im Bereich von Abzweigungen innerhalb des Stollen/Tunnelsystems zum Einsatz. Durch die Verwendung von FFU im Bereich des Anfahrprofiles Stollen/Tunnel werden die Bohrwerkzeuge der Tunnelbohrmaschine wesentlich geschont. Die Erschütterung in der örtlichen Umgebung von Start- bzw. Zielschacht wird hierdurch spürbar reduziert. Das Durchdringen der Baugrubensicherung mittels Tunnelbohrmaschine erfolgt frei von Verzahnungen, Erschütterungen und sämtlichen Nebenerscheinungen, die normalerweise bei der Durchdringung von schwerbewehrten Baugrubensicherungen (z.B. Schlitzwänden) auftreten. Im Bereich von Verbindungsstollen kann z.B. bei der Verwendung von Tübbingen temporär FFU Kunstholz die Lastableitung übernehmen. Bei der Herstellung des Verbindungsstollens wird die FFU Kunstholzschicht durchbohrt und der Verbindungsstollen hergestellt.
Ankerwände
Die sehr guten technischen Kennwerte führten zur Verwendung von FFU Kunstholz als Ankerplatten im Bereich von Böschungssicherung mit Ankerwänden. Die Ankerplatten aus FFU Kunstholz verteilen die Ankerkraft an das anstehende Gelände und bietet den Ankerköpfen Sicherheit für die Einleitung der Ankerkräfte in den tragfähigen Bodenformationen.
Bei einem Raumgewicht von 740 kg/m³ FFU Kunstholz liegt gegenüber Ankerplatten aus Stahlbeton ein sehr hoher Gewichtsvorteil für sämtliche Transportaktivitäten bis zur Einbaustelle vor. Die langfristige Witterungsbeständigkeit, die porenfreie FFU Struktur, damit einhergehend die Schadenfreiheit durch Wasser jedweder Art, bietet einen weiteren Vorteil für die Verantwortlichen von Böschungssicherungen in Hinblick auf langfristig sichere Funktion und Unterhaltskosten der Ankerwand. Auf Wunsch können die Ankerplatten in Form und Farbgebung an die Bedürfnisse der Auftraggeber optimal angepasst werden.
Kläranlagen
FFU Kunstholz wird im Kläranlagenbau als Abdeckung für Desodorierungsbecken, Klärbecken, im Bereich von Inspektionsgängen, als Schaufeln im Bereich des Flockulator, als Türen und Belüftungsgitter, im Bereich der Wehranlage und an weiteren Bereichen, wo die verwendeten Materialien einen hohen Angriff durch die Abwässer ausgesetzt sind, verwendet.
Quellen
- Kunstholz für den Gleisbau, Günther Koller. EI-Eisenbahningenieur April 2008
- Forschungsbericht Nr. 2466 vom 19. September 2008, Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau Univ. Prof. Dr.-Ing. S. Freudenstein
- Ein Werkstoff, der Weichen stellt, Clemens Bretschneider, Bodo Blume, Heinz Holschke, Thorsten Eschmeier, Alp Sarici. EI-Eisenbahningenieur März 2009
- Schwellen aus FFU -Kunstholz in Europa, Günther Koller. EI-Eisenbahningenieur Juli 2009
- Prospekt Eslon Neo Lumber FFU, SEKISUI
- Verarbeitungrichtlinien SEKISUI
Weblinks
Commons: FFU Kunstholz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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