- Florentin (Roman)
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Florentin ist der einzige Roman von Dorothea Schlegel, der im Januar 1801 bei Johann Friedrich Bohn in Lübeck anonym erschien. Friedrich Schlegel, der Ehegatte der Autorin, gab das Buch heraus.[1]
Der Italiener Florentin setzt sich mit seiner Vergangenheit auseinander.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Florentin ist auf dem Wege zum nächsten Hafen. In Amerika will er den englischen Kolonisten seine Dienste anbieten. Unterwegs hilft er Graf Schwarzenberg, General in Diensten des Kaisers, aus einer misslichen Situation während der Jagd. So wird Florentin bei den Schwarzenbergs gastfreundlich aufgenommen. Gräfin Juliane, die Tochter des Hauses, zeigt dem Durchreisenden einige Gemälde im Kabinett des Hausherrn. Florentin interessiert sich für das Bildnis einer Dame. Juliane erläutert, das ist Tante Clementina, die Schwester ihres Vaters. Florentin bleibt wochenlang und freundet sich mit Juliane und deren Bräutigam Eduard von Usingen an. Auf Drängen des Brautpaares erzählt Florentin aus seinem Leben. Vaterlos wurde er vier Jahre lang in einem Benediktinerkloster erzogen. Als Fünfzehnjährigen gelang ihm die Flucht. Mit Unterstützung des Marchese, eines Nachbarn, besuchte er zwei Jahre die Militärakademie. In Venedig hängte er den Soldatenberuf an den Nagel und wurde Maler. Als Kopf einer Bande intriganter Jugendlicher wurde er in einen Mordfall verwickelt und konnte nach Rom fliehen. Florentin schwängerte eine Römerin. Die Treulose trieb ab, verließ Florentin und erlag den Nachstellungen Se. Eminenz, des Kardinals. Den Verfolgungen des Kardinals entzog sich Florentin durch die Flucht nach Frankreich. In Paris schlug er sich als Maler durch. Den Winter verbrachte er in Basel. Dort las Florentin deutsche Dichter im Original. Er kehrte nach Venedig zurück.
Kurz vor der Hochzeit von Juliane mit Eduard überrascht Florentin die Hausherrin Gräfin Eleonore mit seiner überstürzten Abreise zu ihrer Schwägerin, der Gräfin Clementina. Bei der kunstliebenden Gräfin lebt die junge Betty. Sie nennt Clementina ihre Tante. Betty ist dem „eifersüchtigen, brauseköpfigen“ Rittmeister von Walter versprochen. Schließlich trifft Florentin die Gräfin Clementina. Es bleibt bei dem erstaunten gegenseitigen Wiedererkennen. Kein Wort fällt. Florentin weist den Rittmeister in die Schranken, macht sich davon und ist „nirgends zu finden“.
Interpretation
Was sucht der Italiener Florentin in Deutschland beim Grafen Schwarzenberg? Eine Antwort könnte sein: Florentin sucht die Gräfin Clementina. Denn nach längerem Aufenthalt in Basel verbringt Florentin in Venedig eine Nacht mit einer schönen jungen Frau. Sie gesteht ihm ihre Liebe. Die Schöne ist mit einem Mann verheiratet, der gut ihr Großvater sein könnte. Als Juliane, Eduard und Florentin in einer Mühle Schutz vor einem Unwetter finden, erzählt Juliane eine Geschichte, die einer Freundin ihrer Tante Clementina passiert sein soll. Jene Freundin, die am Ende der Geschichte eine Tochter zur Welt bringt, könnte Clementina und das Neugeborene könnte Betty sein. Also wäre Florentin Bettys Vater. Somit wären folgende merkwürdigen Passagen erklärlich: Clementina erkundigt sich - offenbar brieflich - bei Juliane und der Schwägerin Gräfin Eleonore nach Florentin. Der Leser erfährt davon nur durch Antwortbriefe aus der Feder Julianes und Eleonores. Obwohl mehrfach zur Hochzeit von Juliane mit Eduard eingeladen, bleibt die Tante aus gesundheitlichen Gründen fern. Als Florentin unangekündigt, im denkbar unpassendsten Moment das Anwesen der Schwarzenbergs verlässt, errät Gräfin Eleonore das Reiseziel: „Mein Gott! freilich, Sie reisen zu Clementinen.“[2]
Clementina wird ohnmächtig, als Florentin sie aufsucht. Zuvor errötet und erblasst die Gräfin. Florentin erinnert sich beim Anblick Clementinas an die Zeit in Venedig.
Selbstzeugnisse
- Um 1802 an Schleiermacher: „Sie haben mir ja recht viel ergötzliches geschrieben über meinen guten Sohn Florentin. Der arme Mann muß sich doch auch wieder viel gefallen lassen, von dem ihm nichts träumte, so lange er noch als Idee spukte.“[3]
- An Brentano: „Es ist ein recht freundliches, erfreuliches, ergötzliches Buch, das mit aller Macht dem Weinerlichen entgegen strebt.“[4]
Rezeption
- Während Jean Paul den Roman begrüßte, lehnten ihn Schiller, Goethe und Brentano ab.[5]
- Johann Michael Raich hielt das Buch für gelungener als die „Lucinde“ des Ehegatten.[6]
- Florentin, beständig auf der Suche, wolle nach Amerika, weil er in Europa seinen Platz nicht fände.[7] Florentins Suche sei rückwärts gerichtet.[8]
- Dorothea Schlegel habe Eichendorffs Romanmanuskript „Ahnung und Gegenwart“ durchgesehen. Eichendorff habe darin Friedrichs Bruder Rudolph nach dem Florentin gestaltet.[9]
- Weissberg[10] nennt das Werk einen Entwicklungsroman[11] und gibt weiter führende Arbeiten an: Franz Deibel (1905), Marie Joachimi (1907), Ludwig Geiger (1914), Heinrich Finke (1918, 1923), Hans Eichner (1965) und Karin Stuebben Thornton (1966).
Literatur
- Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 1. Das Zeitalter der Französischen Revolution: 1789 - 1806. 763 Seiten. München 1983, ISBN 3-406-00727-9
Erstdruck
- Florentin. Ein Roman herausgegeben von Friedrich Schlegel. Erster Band. Lübeck und Leipzig, bey Friedrich Bohn. 1801. 388 Seiten. Halbleder mit goldgeprägtem Rückentitel
Ausgaben
- Paul Kluckhohn (Hrsg.): Frühromantische Erzählungen. Zweiter Band. S. 89-237 (Kommentar S. 305-307) Verlag von Philipp Reclam jun. Leipzig 1933. 309 Seiten[12]
- Wolfgang Nehring (Hrsg.): Dorothea Schlegel: Florentin. Ein Roman. 325 Seiten. Reclams Universal-Bibliothek 8707, anno 1993, ISBN 978-3-15-008707-7
- Heike Brandstädter (Hrsg.), Katharina Jeorgakopulos (Hrsg.): Dorothea Schlegel: Florentin. Lektüre eines vergessenen Textes. 110 Seiten. Verlag Argument, Hamburg 2001. Argument Sonderband 284, ISBN 978-3-88619-284-7
- Dorothea Schlegel: Florentin. 144 Seiten. Zenodot Verlagsgesellschaft 2007. Sammlung Zenodot, ISBN 978-3-86640-265-2
Zitierte Textausgabe
- Dorothea Schlegel: Florentin. Roman. Fragmente. Varianten. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Liliane Weissberg. 244 Seiten. Ullstein Berlin 1987, ISBN 3-548-37053-5
Weblinks
Einzelnachweise
Quelle meint die zitierte Textausgabe
- ↑ Quelle, S. 239 oben
- ↑ Quelle, S. 125, 11. Z.v.o.
- ↑ zitiert bei Weissberg im Nachwort der Quelle, S. 235, 16. Z.v.u.
- ↑ zitiert bei Weissberg im Nachwort der Quelle, S. 228, 22. Z.v.o.
- ↑ Weissberg im Nachwort der Quelle, S. 227, 3. Z.v.u.
- ↑ Weissberg im Nachwort der Quelle, S. 228, 10. Z.v.u.
- ↑ Schulz, S. 400-401
- ↑ Weissberg im Nachwort der Quelle, S. 235, 16. Z.v.o.
- ↑ Weissberg im Nachwort der Quelle, S. 236, 6. Z.v.u.
- ↑ Quelle, S. 242-244
- ↑ Quelle, S. 235, 13. Z.v.o.
- ↑ Weissberg in der Quelle, S. 239 oben
Kategorien:- Literarisches Werk
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