Fort St Leonardo

Fort St Leonardo
Britische Küstenbefestigugen auf Malta, Nordostteil, Skizze

Das Fort St Leonardo (auch Fort San Leonardo, Fort Leonardo oder Fort San Anard) ist eine Befestigungsanlage auf Malta. Es wurde 1875 zur Zeit der britischen Herrschaft über die Inseln erbaut. Es befindet sich an der Nordostküste der Insel ca. 4,6 km südöstlich von Fort St Elmo und 6,6 km nördlich von Delimara Point. Fort St Leonardo ist ein nahezu vollständig erhaltenes Beispiel für die Küstenbefestigungen gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Schlachtschiff Duilio, Regia Marina Italia

Unmittelbar nach der Übernahme der Inseln durch die Briten im Jahre 1800 wurden die vom Johanniterorden erbauten Befestigungen nahezu unverändert genutzt. Im Einklang mit den damaligen militärtheoretischen Vorstellungen wurde die im Mittelmeer operierende Royal Navy als zuverlässigster Schutz gegen eine Invasion der Inseln angesehen. Die Situation änderte sich jedoch mit der Zusammenfassung der Flotten Sardiniens, der Bourbonen, Siziliens und des Kirchenstaates am 17. November 1860 und der Gründung der Regia Marina Italiana am 17. März 1861. Die einsetzende Aufrüstung der italienischen Flotte wurde von den Briten als Bedrohung ihrer beherrschenden Rolle im Mittelmeerraum empfunden. So legte die Regia Marina 1873 die Schlachtschiffe Caio Duilio und Enrico Dandolo auf Kiel. Ausgerüstet mit je vier 450 mm-Kanonen und stark gepanzert, waren sie 15 Knoten schneller als die britischen Schiffe jener Epoche. Gleichzeitig wurde durch die Einführung Granaten verschießender Kanonen die Artillerie revolutioniert.

Die sich abzeichnende Entwicklung machte deutlich, dass die Befestigungen auf Malta verstärkt werden mussten. Nach der Sicherung der Zugänge zu den Häfen mit der Rinella und Cambridge Battery und der Verstärkung der Befestigungen im Gebiet des Grand Harbour hatte die Sicherung der relativ flachen und damit für Landungen gut geeigneten Nordküste höchste Priorität. Zwischen 1872 und 1878 wurde hier eine Reihe von Forts errichtet. Das Fort San Leonardo ist Teil dieser Befestigungslinie und bildete seine rechte Flanke. In einer Entfernung von ca. 2,5 km in nordwestlicher Richtung befand sich der nächste Punkt der Linie, Fort San Rocco.

Aufbau

Fort St Leonardo, Skizze

Das Fort selbst hat einen annähernd dreieckigen Grundriss, die Schenkel des Dreiecks sind ca. 170 m lang. Das gesamte Fort ist von einem ca. 6-7 m breiten Graben umgeben. Im Graben selbst befanden sich Grabenstreichen. Die Mauern bestanden ursprünglich aus Bruchstein und wurden später durch Beton verstärkt. In der seeseitigen, rund 213 m langen Mauer befanden sich feste Feuerstellungen für insgesamt sechs Geschütze der Küstenartillerie. Während diese Mauer extrem stark war, wurden die anderen Seiten dünner ausgeführt. Der Zugang zum Fort befand sich an dessen Südseite. Innerhalb des äußeren Forts liegt in der südwestlichen Ecke ein weiteres, inneres Fort.

11 inch Geschutz

Zunächst wurden im Fort sechs Kanonen des Typs RML 11 inch gun aufgestellt. Diese Kanonen waren zwar noch Vorderlader, das Rohr wies aber bereits Züge auf. Damit konnten Schussweite und Zielgenauigkeit gegenüber den bisher verwendeten Glattrohrkanonen signifikant gesteigert werden. Da die Kanonen von vorn geladen wurden, konnten sie nur offen, über der Brüstung der umgebenden Wälle aufgestellt werden. Dadurch war die Bedienung der Kanone und das Geschütz selbst gegen feindlichen Beschuss kaum geschützt. Die Elswick mounting genannte Lafettierung ermöglichte zwar ein Nachladen unter Panzerschutz, war aber kompliziert, teuer und ermöglichte nur eine sehr geringe Kadenz, deshalb wurde sie hier nicht verwendet.

BL 9.2 inch gun Mk X, hier in Rottnest Island, Australien
Geschoss und Verschluss, hier in Rottnest Island, Australien

Ab den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden die Vorderladerkanonen durch Hinterladergeschütze ersetzt. Im Fort San Leonardo wurden zwei Kanonen des Typs BL 9.2 inch gun Mk X aufgestellt. Sie sollten zur Abwehr von Angriffen größerer Überwassereinheiten dienen. Bei einem Geschossgewicht von 170 kg (380 pounds) konnte eine Reichweite von 26.700 m erreicht werden.

Die Küstenbefestigungen im nordöstlichen Teil der Insel wurden 1882 durch Zonqor Battery und 1889 durch die Delle Grazie Battery verstärkt.

Nutzung im Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkrieges war die 23. Batterie des 4. schweren Regimentes der Royal Artillery mit zwei Geschützen Typs BL 9.2 inch gun Mk X im Fort stationiert. Zusammen mit der 6" BL Mk VII Kanone war dies der am weitesten verbreitete Geschütztyp der britischen Küstenartillerie zwischen 1900 und 1950.

Zwischen dem Fort und der Küste wurden mehrere MG-Bunker errichtet. Diese MG-Bunker weisen einen quadratischen Grundriss auf und sind im inneren zweistöckig. Die Decke aus Stahlbeton war 381 mm dick, die Seitenwände aus dem gleichen Material 254 mm. Der Zugang erfolgte durch eine Stahltür im Erdgeschoss. Die Hauptbewaffnung, im Regelfall zwei wassergekühlte Maschinengewehre vom Typ Vickers, feuerte durch diagonal gegenüberliegende Schlitze im ersten Stockwerk. Beide Stockwerke waren zusätzlich mit Schießscharten versehen, diese konnte ebenso wie die Schlitze für die MG’s mit Stahlblechblenden verschlossen werden. Das Feuer wurde von einem Beobachter geleitet, der seinen Platz in einem mit Sehschlitzen versehenen Türmchen auf dem Dach des Gebäudes fand. Die Besatzung bestand aus eben diesem Beobachter und je einem Richt- und Ladeschützen für jedes MG. Diese Bunker konnten eine enorme Feuerkraft gegen abgesessene Feinde entwickeln, waren jedoch gegen gepanzerte Fahrzeuge wirkungslos. Gegen direkte Treffer schwerer Artillerie waren sie ungeschützt. Der Schutz gegen Einsatz von Kampfstoffen konnte nur durch die Gasmasken der Besatzung gesichert werden. Die Besatzung dieser Türme war in der Lage, schwachen Feind abzuweisen und stärkere Feindkräfte aufzuhalten, bedurfte dazu aber der Unterstützung durch die Küstenartillerie.

Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg

Aufgrund der geänderten geostrategischen Lage Maltas und der Weiterentwicklung von Bewaffnung und Ausrüstung verlor Fort St Leonardo wie auch die anderen Küstenbefestigungen Maltas schnell an Wert und wurde aufgegeben. Gegenwärtig befindet sich im Fort ein landwirtschaftlicher Betrieb. Größtenteils ist das Fort jedoch im Originalzustand erhalten. Die ursprünglich verwendeten 11 inch Kanonen sind derzeit im Fort Mosta ausgestellt.

Siehe auch

Literatur

  • Ernle Bradford: Der Schild Europas. Ullstein Buchverlag, ISBN 3-548-34912-9 (aus dem Englischen, Titel der Originalausgabe The Great Siege, Malta 1565)
  • Charles Stephenson: „The Fortifications of Malta 1530 – 1945“, Osprey Publishing Limited, 2004, ISBN 1-84176-836-7
  • Denis Castillo: „The Maltese Cross, a Strategic History of Malta“

Weblinks

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