Gefängnis von Lüshun

Gefängnis von Lüshun
Eingangstor zum Lüshun Gefängnis
Häftlingskleidung in der Garderobe im Durchsuchungsraum
Appellplatz, umgeben von Zellenblöcken
Gefängniszelle für bis zu zehn Häftlinge
Von einem erhöhten Platz konnten die Wächter mehrere Zellentrakte gleichzeitig überwachen
Folterraum des Lüshun Gefängnisses
Hinrichtungsraum
Ermordete Häftlinge in Fässern

Das Gefängnis von Lüshun ist ein ehemaliges Russisch-Japanisches Gefängnis im heutigen Lüshunkou, Liaoning, China. Von der russischen Kolonialregierung ab 1902 errichtet, wurde es ab 1907 von der japanischen Kolonialverwaltung systematisch zu einem Arbeits- und Vernichtungslager ausgebaut.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am 27. März 1898 erzwangen die Vertreter des zaristischen Russlands die Unterzeichnung des "Luda-Pachtvertrags"[1], der ihnen koloniale Rechte über Lüshun und Dalian für die nächsten 25 Jahre zusicherte.[2][3] Am 7. Mai 1898 musste die Qing-Regierung weitergehende Zugeständnisse hinsichtlich der Rechte Russlands machen.[4] Zur Durchsetzung seiner kolonialen Ziele erlaubte Zar Nikolas II. dem Gouverneur der Präfektur Guandong, ein Gefängnis in Yuanbaofang, Lüshun zu errichten.

1904 brach der Russisch-Japanische Krieg aus. Nach der Übernahme der Stadt am 2. Januar 1905 durch die japanischen Truppen fiel auch das noch nicht fertiggestellte Gefängnis unter japanische Verwaltung. Die japanische Kolonialverwaltung baute das Gefängnis ab 1907 weiter aus und wandelte es zu einem der größten Konzentrationslager des nordöstlichen China um.

Am 22. August 1945 landeten die Truppen der Roten Armee auf dem Tuchengzi Flughafen in Lüshun und dem Zhoushuizi Flughafen in Dalian. Am 27. August 1945 wurden die Häftlinge des Lüshun Gefängnisses befreit.

Einrichtungen

Das Gefängnis erstreckte sich auf eine Fläche von 26.000 m² und war von einer 725 m langen und 4–5 m hohen Mauer umgeben. Von den 275 Zellen waren 253 gewöhnliche Gefängniszellen für bis zu 10 Häftlinge, 18 Zellen waren für kranke Häftlinge vorgesehen und 4 Zellen dienten als Verlies. Außerdem gehörten zum Gefängniskomplex noch Körperdurchsuchungsräume, Verhör- und Folterräume und 15 Werkstätten, in denen die Häftlinge harte Arbeit verrichten mussten. Als Außenanlagen unterhielt das Gefängnis eine Ziegelbrennerei, einen forstwirtschaftlichen Betrieb, Obstplantagen und Gemüseäcker.[5]

Den Durchsuchungsraum mussten die Häftlinge jeden Morgen auf dem Weg von ihrer Zelle zum Arbeitsplatz passieren. Sie mussten dort ihre gesamte Kleidung ablegen und dann über eine hölzerne Schranke steigen. Hinter der Schranke mussten sie mit geöffnetem Mund eine Durchsuchung ihres Körpers nach versteckten Gegenständen über sich ergehen lassen. Dieselbe Prozedur fand abends auf dem Weg zurück in die Zelle statt. Insbesondere während der kalten Winterszeit starben viele alte, kranke oder geschwächte Häftlinge an den Folgen dieser Prozedur.

Als Zwangsarbeiter in den Werkstätten mussten die Häftlinge täglich zehn Stunden harte Arbeit verrichten. Das Gefängnis produzierte militärische Ausrüstungsgegenstände. Der Profit aus dieser Arbeit betrug im Jahr 1936 86.000 japanische Yen, was in dieser Zeit dem Gegenwert von 40.000 Sack Mehl entsprach.

Wer im Verhör kein Geständnis ablegte oder die Gefängnisregeln verletzte, wurde in den Folterraum gebracht. Bäuchlings auf einer Bank in der Form des chinesischen Zeichens 火 (Feuer) fixiert oder an einer Stange unter der Decke gebunden, wurden die Häftlinge erbarmungslos mit dem Rohrstock - einem Bambusrohr, das mit Blei gefüllt war - bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen, in manchen Fällen auch bis zum Tod.

Die Kerker waren Gefängnisse im Gefängnis. Dunkel und feucht, boten sie gerade mal 2,5 Quadratmeter Platz. Zusätzlich zu den Fesseln legte man dem Häftling ein Ledergeschirr an, das die Hände am Bauch fixierte und ihm das Sitzen, Aufstehen oder Liegen erschwerte. Diese Art der Folter konnte innerhalb weniger Tage zum Tode führen.

Die Krankenstation bestand aus einer "Klinik" mit 18 Zellen für Häftlinge, die durch Folter oder Krankheit nicht mehr in der Lage waren, in den Werkstätten zu arbeiten. Tatsächlich war der Zweck der Krankenstation aber der, die eingelieferten Häftlinge entweder schnellstens wieder arbeitsfähig zu machen oder sie durch eine Injektion oder Einzwängen in ein spezielles Lederkorsett vom Leben zum Tod zu befördern.

Der Hinrichtungsraum lag in der nordöstlichen Ecke des Lagers. Aus Furcht vor Rebellionen hatte die japanische Gefängnisverwaltung den ursprünglich in der Mitte des Gefängnisses gelegenen Hinrichtungsplatz im Jahr 1934 hierher verlegen lassen. In dem zweigeschossigen Gebäude wurden zwischen 1942 und August 1945 über 700 Menschen heimlich exekutiert und mit gebrochenen Knochen in Holzfässer gepresst. Diese Holzfässer wurden am Hang eines nahegelegenen Hügels verscharrt.[6]

Tago Jinroo, ein japanischer Kriegsverbrecher, war der letzte Direktor des Gefängnisses. Noch zwei Tage nach der bedingungslosen Kapitulation der Japaner befahl er die Exekution von sechs Kommunisten und vernichtete einen großen Teil belastender Lagerdokumente. Er wurde im Oktober von der Roten Armee gefangengenommen, aber später von der chinesischen Regierung begnadigt.[6]

Behandlung der Häftlinge

Um die Persönlichkeit der jeweiligen Häftlinge zu brechen, führten die Japaner ein hierarchisches, auf Denunziation ausgerichtetes System ein. Wer kooperierte, stieg im Lagersystem auf und bekam Vergünstigungen oder Hafterleichterungen.

Identitätsverlust

Bei der Aufnahme ins Gefängnis wurde den Häftlingen eine Nummer zugeteilt. Sie waren fortan keine Persönlichkeit mehr mit einem eigenen Namen, sondern nur noch eine Nummer.

Essensrationen

Die Essensrationen waren in sieben Stufen eingeteilt. Der 7. Grad - die kleinste Ration - betrug nur noch 50 Gramm.

Kleidungsfarbe

Entsprechend der "Kooperationsbereitschaft" der Häftlinge bekamen diese unterschiedlich gefärbte Häftlingskleidung (rot oder blau) zugeteilt.

Bekannte Häftlinge

Deng Hegao

Deng He Gao (1902–1979) war ein Funktionär der frühen Kommunistischen Partei Chinas (CPC) im Bezirk Dalian. Er wurde 1927 an die Japaner verraten und ins Lüshung Gefängnis gesteckt. Nach seiner Freilassung im Jahr 1934 setzte er seine revolutionären Aktivitäten fort.

Shin Chae-Ho

Shin Chae-Ho (1880–1936), Autor des Korean Revolutionary Manifesto, wurde 1928 in seinem chinesischen Exil verhaftet und 1920 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er starb 1936 im Lüshun Gefängnis.

An Zoong Kun

An Zoong Kun[7] (1879–1910) war ein koreanischer Freiheitskämpfer. Am 26. Oktober 1909 erschoss er Hirobumi Ito, den Vorsitzenden des Japanischen Kabinetts und ersten Gouverneur von Korea. Er wurde am 3. November 1909 in Lushun inhaftiert und am 26. März 1910 in seiner Gefängniszelle[8] exekutiert.[9]

Ji Shouxian

Ji Shouxian[10] (1910–1942) war der Generaldirektor einer militanten anti-japanischen Organisation, die sich gegen die koloniale Besatzung mit Brandanschlägen zur Wehr setzte. Er wurde 1940 in Shanghai festgenommen und 1942 nach Lüshun überstellt, wo er noch im gleichen Jahr ermordet wurde.[11]

Wei Changkui

Wei Changjui (1906–1938) war ein Funktionär der frühen Kommunistischen Jugendliga im Bezirk Dalian. Er wurde 1927 verhaftet und nach Lüshun transferiert. Nach seiner Entlassung im Jahr 1933 wurde er Direktor der politischen Sektion der 9. Division der Anti-Japanischen Vereinten Streitkräfte.

Das Gefängnis heute

Nach einer Renovierung im Jahr 1971 wurde das Gefängnis der Öffentlichlichkeit zugänglich gemacht. 1988 stellte es die chinesische Regierung als Nationales Kulturelles Denkmal unter staatlichen Schutz.[12]

siehe auch

Denkmäler der Volksrepublik China (Liaoning)

Einzelnachweise

  1. Hinweis: Luda setzt sich zusammen aus den ersten Buchstaben der Städte Lushun und Dalian.
  2. Vertrag über die Pacht der Liaodong-Halbinsel, unterzeichnet am 27. März 1898 von den Vertreten des Russischen Kaisers und des Kaisers von China
  3. (englisch)
  4. (englisch)
  5. Hong Wencheng An Unforgettable Scene - The Former Lushun Prison, Kapitel 1
  6. a b Hong Wencheng An Unforgettable Scene - The Former Lushun Prison, Kapitel 2
  7. andere Schreibweisen: Ahn Chung-kun, Ahn Chung-gun
  8. Korea Times (Seoul, Korea): Execution Chamber of Freedom Fighter Ahn Found in Lushun, veröffentlicht am 8. Juli 2000
  9. Korea Times: Trial and Execution of Ahn vom 14. August 2009
  10. auch bekannt unter dem Namen Ji Xingzhou
  11. http://www.lsprison.com/english1/page/kangzheng.htm
  12. Hong Wencheng An Unforgettable Scene - The Former Lushun Prison, Kapitel 4

Literatur

  • Hong Wencheng: An Unforgettable Scene - The Former Lushun Prison. 1 Auflage. People's Fine Arts Publishing House, Beijing 2002, ISBN 7-102-02421-5.

Weblinks


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