Germanische Seherin

Germanische Seherin

Seherinnen als Deuterinnen des Schicksals oder der nahen Zukunft. Sie sind in den antiken Quellen überliefert, in frühmittelalterlichen Quellen erwähnt und in hochmittelalterlichen nordischen Literaturen thematisiert. Sie nahmen mitunter einen hohen Rang in den germanischen Gesellschaften ein.

Meist werden sie als „Seherinnen“ oder „kluge, weise Frauen“ angesprochen, die unter anderen in der Lage waren, mit den Seelen und Schutzgeistern (Fylgja) in Kontakt zu treten, Vorzeichen zu deuten und Ratschläge zu geben.

In den Quellen tauchen sie unter verschiedenen Bezeichnungen auf, wobei das Einhergehen alter Glaubensvorstellungen, jüngerer Adaptionen (aus griechischer und römischer Religion wie auch Mythologie) und literarisch Züge (nicht zuletzt in den nordischen Sagas) die Rezeption der Texte und Begrifflichkeiten erschwert.

Inhaltsverzeichnis

Bekannte Seherinnen

Albruna,aus dem handschriftlichen (Tacitus, Germ. 8,2) Aurinia(m) so verbessert (Konjektur), ist „die mit dem Geheimwissen der Alben versehene“. Augenscheinlich hatte sie während der Feldzüge des Drusus und Tiberius einiges Ansehen und erscheint deshalb in den Berichten des Tacitus.[1][2]

Ganna, eine Seherin, die nach Cassius Dio (67.5) während der Zeit Domitians bei den Semnonen in hohen Ehren stand.

Veleda, aus dem Stamme der Brukterer stammend, taucht sie in der Quellen mehrfach auf und erlangt Berühmtheit, als sie in der Zeit des Bataveraufstandes (69/70 u.Z.) den Untergang der römischen Truppen vorhersagt. Ihr Name könnte auch nur eine Standesbezeichnung (Seher, weise Frau) sein, entsprechend Urkeltisch „velet“ Seher, Dichter.[3]

Waluburg, eine vermuntlich suebische Seherin die in Ägypten in Dienst der Militärverwaltung stand.[4]

Andere Seherinnen sind die in der Ursprungssage der Langobarden genannte Gambara und die in den fuldischen Annalen (MG.1 365) für das Jahr 847 bezeugte Thiota aus Alamannien.[5]

Seherinen in der nordischen Sagaliteratur

Literatur

  • Ånders Hultgard: Seherinnen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 28. Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.). De Gruyter, Berlin – New York 2005. ISBN 3-11-018207-6. S. 113–121
  • Rudolf Much: Die Germania des Tacius, 3. Auflage (Hrsg.) Wolfgang Lange unter Mitarbeit durch Herbert Jankuhn und Hans Fromm. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 1967.
  • Franz Rolf Schröder: Quellenbuch zur Germanischen Religionsgeschichte. De Gruyter, Berlin und Leipzig 1933.
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. Kröner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36802-1. S. 367–369
  • Sabine Tausend: Germanische Seherinnen In: Klaus Tausend: Im Inneren Germaniens – Beziehungen zwischen den germanischen Stämmen vom 1. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr.. Geographica Historica, Band 25. Verlag Franz Steiner, Stuttgart 2009. ISBN 978-3-515-09416-0. S. 155–174

Anmerkungen

  1. Much: S. 169f.
  2. Simek:S. 11
  3. Simek: S. 463
  4. Simek: S. 485
  5. Much: S. 170

Einzelnachweise


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