Inanga

Inanga

Inanga, auch Ikivuvu, Indimbagazo; ist eine griffbrettlose Zither, deren Saiten über einen bootsförmigen Holzkorpus gespannt werden. Sie ist das bekannteste Musikinstrument von Burundi und ist auch in Ruanda und in der Kivu-Region im Osten Kongos verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

Bauform

Bei einer Zither verlaufen die Saiten parallel zum Resonanzkörper und über ein Griffbrett, bei einer Harfe gehen sie meist senkrecht davon ab. Eine Vorform von beiden Instrumenten, die vom Bauprinzip der Inanga am nächsten kommt, ist das mittelalterliche europäische Psalterium. Die Inanga kann als Trogzither oder Schalenzither bezeichnet werden; ein Instrumententyp, der nur in Ostafrika vorkommt. Sie wird aus einem langrechteckigen Holzblock geschnitzt und in eine dünnwandige Bootsform gebracht. Die äußere Abmessung beträgt in der Länge 75 bis 115 cm und in der Breite 25 bis 30 cm. Die Öffnung dieser Schale ist durch breite, sich nach innen wölbende Ränder an den beiden Schmalseiten etwas geringer. Durch diese Schmalseiten sind in gleichen Abständen bis zu jeweils zwölf Löcher gebohrt. Eine einzelne Saite, die aus Darm oder Pflanzenfasern besteht, wird längs über das Instrument durch die Löcher gezogen und an den Enden an hölzernen Wirbeln verknotet, sodass sich mehrere parallel gespannte Saiten ergeben, die durch Einstellen der Spannung gestimmt werden können. Es gibt Trogzithern mit sechs und zwölf Saiten, am gebräuchlichsten sind acht Saiten. Inangas sind durch eingebrannte geometrische Motive an den Seiten und durch kreuzförmige Einschnitte in der Mitte des Bodens verziert. Traditionell werden Inangas und andere Musikinstrumente von den Twa hergestellt.

Im Westen des Victoriasees sind im Gebiet der früheren Reiche Ankole und Buhaya mehrere ähnliche Schalenzithern bekannt, die nach der jeweiligen Ethnie Enanga mpima (bei den Hima) oder Enanga ziba (bei den Haya) genannt werden.[1]

Spielweise

Beim Spielen ruht das Instrument mit einer Längskante am Boden und wird vom Musiker gehalten, der dahinter sitzt, oder es wird über das Knie gelegt. Die Saiten werden mit den Fingerspitzen beider Hände gezupft. Eine Verkürzung der Saiten ist nicht üblich, somit wird nur ein Ton je Saite erzielt. Durch leichtes Berühren mit einem Finger der anderen Hand an entsprechenden Stellen lassen sich Obertöne erzeugen. Zusätzlich kann durch Trommeln mit den Fingernägeln auf den Korpus ein Rhythmus hinzugefügt werden.

Inangas werden fast ausschließlich von Männern als Begleitung von Liedern gespielt, die sie für sich allein oder zur Unterhaltung vor einem Publikum zum Vergnügen vortragen. Nur zusammen mit der Inanga gibt es die besondere musikalische Form der Flüsterlieder, bei der die Texte als eine akustische Angleichung an das Instrument sehr leise gesungen oder tatsächlich geflüstert werden. Die Musik wurde ursprünglich am Königshof gepflegt. Das Instrument kann von allen Bevölkerungsgruppen und Klassen gespielt werden, nur von Twa wird es selten verwendet. Im Orchester mit anderen Instrumenten wird die Inanga nicht gespielt.

Die vorgetragenen Geschichten handeln von historischen Ereignissen, loben einen früheren Helden oder einen lebenden Wohltäter und sind häufig moralisierend. Ein gewisser König Yuhi III. Mazimpaka (regierte 1642–1675) wird als bedeutender Dichter und Komponist von Inanga-Liedern beschrieben, die das Entstehen des Tutsi-Reiches und seine eigenen Heldentaten zum Inhalt haben.[2] Dieselben Themen tauchen auch in Liedern auf, die in Ruanda und Burundi von dem Lamellophon Ikembe oder einem Musikbogen mit einer Kalebasse als Resonator (Umuduri) begleitet, gesungen (nicht geflüstert) werden. Das zweite nationale Musikinstrument in Burundi ist neben der Inanga die Trommel Ngoma.

Rituelle Bedeutung

Ebenso charakteristisch für die Region wie einige der Musikinstrumente ist der Glaube an machtvolle, in ihrer Eigenart nur hier vorkommende Geister, die in einem Ahnenkult verehrt werden. Die Geister verfügen über magische Fähigkeiten, mit denen die ungewöhnlichen Taten erklärt werden, die sie zu Lebzeiten begangen haben. Zu ihnen gehören Biheko, eine Prinzessin, die wundersamerweise die Ermordung ihrer gesamten Familie überlebte,[3] ferner die legendäre Königin Nyabingi und Ryangombe. Letzterer ist ein Ahnengeist der Hutu, ein Krieger, der unter besonderen Umständen starb. Ein Büffel tötete ihn, indem er ihn mit seinem Horn gegen einen speziellen Baum warf. Durch einen traditionellen Vermittler (Mugirwa), der in Trance gerät und vom Geist besessen wird, können Bürger Fragen an den Geist stellen. Die Inanga gilt dabei als ideales Instrument, um durch ihre Musik die Aufmerksamkeit des Geistes zu gewinnen.[4]

Literatur

  • Curt Sachs: Inanga, Ikivuvu. In: Real-Lexikon der Musikinstrumente. Zugleich ein Polyglossar für das gesamte Instrumentengebiet. Bard, Berlin 1913, S. 195 f (2. unveränderter reprografischer Nachdruck: Georg Olms Verlag, Hildesheim u. a. 1972, ISBN 3-487-00205-1)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jos Gansemans: Enanga. music.africamuseum.be
  2. Julius O. Adekunle: Culture and Customs of Rwanda. Greenwood Publishing Group, Westport (Connecticut) 2007, S. 136
  3. Inanga. The Grinell College Music Instrument Collection
  4. Jos Gansemans: Les Instruments de Musique Du Rwanda. Leuven University Press, Leuven 1988, S. 164

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