Kaufhaus Gerson

Kaufhaus Gerson
Das Konfektionshaus Hermann Gerson. Lithographie von Wilhelm Loeillot de Mars, um 1850.

Das Kaufhaus Gerson gilt als das erste Berliner Kaufhaus. Das Konfektionshaus befand sich seit 1848/1849 im Stadtteil Friedrichswerder am Werderschen Markt 5 und bot in einem prächtigen Gebäude vorgefertigte (konfektionierte) Kleidung an. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kaufhaus zerstört. Heute befindet sich an dieser Stelle zwischen Auswärtigem Amt und der Telekom-Zentrale in Berlin ein Hotelkomplex.

Inhaltsverzeichnis

Hermann Gerson

Der Gründer und Besitzer des Kaufhauses Gerson war Herrmann Gerson (1813–1861), ein jüdischer Kaufmann, der 1835 nach Berlin kam und dort zunächst im Altkleiderhandel tätig war. 1839 eröffnete er eine Leinen- und Seidenhandlung im Gebäude der Königlichen Bauakademie am Werderschen Markt Nr. 3. Seit 1842 belieferte Gerson auch den preußischen Hof. Gemeinsam mit den Gebrüdern Mannheimer, Rudolf Hertzog und David Leib Levin gilt Hermann Gerson als einer der Begründer der Berliner Bekleidungsindustrie, die später zu einer der Hauptsäulen des Gewerbes in Berlin wurde. Das von Hermann Gerson begründete Unternehmen war 1894 mit 30 Millionen Reichsmark Jahresumsatz in Berlin das größte seiner Branche und galt noch in den 1920er Jahren als führend.

Das erste Kaufhausgebäude am Werderschen Markt 5

Das Kaufhaus Gerson verfügte über einen glasbedachten Innenhof mit Tageslicht. Bild von Theodor August Stein, 1851.
Kaufhaus Gerson am Werderschen Markt in Berlin, 1849.

Der geschäftliche Erfolg erlaubte es Hermann Gerson, ein der Bauakademie schräg gegenüber liegendes Gebäude (das ehemalige Haus des Bankiers Schulz) anzukaufen und 1848 durch den Aachener Regierungs- und Baurat Theodor August Stein umbauen zu lassen. Durch die Revolutionsereignisse von 1848 in Berlin zog sich der Bau länger hin als geplant. Erst 1849 konnte Hermann Gerson das erneuerte Gebäude beziehen. Der gesamte Bau kostete 130.000 Taler.

Das neue Kaufhaus befand sich in einem noblen Viertel: Außer der bereits erwähnten Bauakademie lag nördlich die Friedrichswerdersche Kirche, östlich die von Johann Heinrich Gentz erbaute Berliner Münze und das sogenannte "Fürstenhaus", ein ehemaliges Gästehaus der preußischen Regierung, sowie südlich die Königliche Bank (die spätere Reichsbank).

Das prachtvoll dekorierte ausgestattete und dekorierte Kaufhaus mit einer Nutzfläche von über 800 Quadratmetern verfügte über einen inneren mit einem Glasdach versehenen Lichthof und hatte zwei offene Verkaufsetagen sowie zwei Ebenen mit Wohnräumen, Ateliers und Lagerflächen. Der Bau gilt architektonisch als Vorläufer der späteren Berliner Kaufhäuser. Verkauft wurden u. a. konfektionierte Kleidung, Stickereien, Gardinen, Seiden- und Möbelstoffe sowie Teppiche. In dem Gebäude waren gesonderte Verkaufsbereiche für die einzelnen Artikel eingerichtet. In den Ateliers arbeiteten etwa 60 Näherinnen. Im zweiten Obergeschoss befand sich außerdem die Privatwohnung des Inhabers.

Im „Modebazar Gerson & Comp.“, wie das Unternehmen hieß, konnte die Wirkung der angebotenen Stoffe sowohl im tagesbelichteten Innenhof als auch in einem geschlossenen Spiegelkabinett bei Kerzenschein durch die kritischen Käufer geprüft werden. Hermann Gerson gab 1856 und 1857 zur Information seiner Kundinnen und Kunden auch eine Mode-Zeitschrift heraus: „H. Gerson´s Modezeitung. Zeitschrift für Mode und Industrie, Kunst und Literatur.“

Neubau von Carl Bauer und Erweiterung durch H. Derneburg

Der Neubau des Kaufhauses Gerson am Werderschen Markt in Berlin, auch „Kaiser-Bazar“ genannt.
Blick in den Vorführsalon des Kaufhauses Gerson, um 1890.

Das beschriebene erste Kaufhausgebäude am Werderschen Markt 5 wurde 1890 abgetragen, um durch einen noch größeren Nachfolgebau des Architekten Carl Bauer ersetzt zu werden. Ein Besuch in dem prachtvollen Kaufhaus, das auch „Kaiser-Bazar“ genannt wurde, gehörte im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhundert zu den „Pflichten“ des interessierten Berlinbesuchers.

Der Architekt H. Derneburg erweiterte den Neubau 1919 noch einmal durch einen Anbau.

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

1936 wurde das Kaufhaus Gerson, das nach dem Tode seines Gründers durch seine Kinder weiterbetrieben worden war, durch die nationalsozialistische Regierung „arisiert“ und zwangskollektiviert. Das Kaufhausgebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Neubebauung durch einen Hotelkomplex

Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 erwarb die Gesellschaft „Züblin Projektentwicklung“ das Grundstück des ehemaligen Kaufhauses Gerson, das nun zwischen dem Auswärtigen Amt und der Telekom-Zentrale in Berlin liegt, und bebaute es mit einem Vier-Sterne-Hotel, Apartments und Wohnungen sowie einem Bürohaus.

Literatur

  • Theodor August Stein: Das Gerson'sche Modewaaren-Lager zu Berlin, Werderschen Markt No. 5. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jg. 1851, Sp. 131–137.
  • Nora Fiege: Berliner Mode und Konfektion in den 1920er Jahren. Grin-Verlag, Norderstedt 2008. ISBN 978-3-640-46948-2
  • kla (Pseudonym): 1860 war der Hausvogteiplatz der Nabel der Damenmodenwelt. In: Die Welt. Online-Artikel
  • Uwe Aulich: Vier-Sterne-Hotel am Auswärtigen Amt. In: Berliner Zeitung. Online-Artikel
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