- Charismatische Herrschaft
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Der Begriff der Charismatischen Herrschaft geht auf Max Weber zurück und beschreibt die soziale Beziehung zwischen einem Charismaträger (Herrscher) und einem Charismagläubigen (Volk) in einer Herrschaftsbeziehung. Charismatische Herrscher sind beispielsweise Napoleon, Bismarck, Hitler, Fidel Castro u. a. In der Charismatischen Herrschaft hat der Charismaträger eine Führungsposition, die ihm Autorität und Befehlsgewalt verleiht. Diese bleiben nur so lange bestehen, wie der Charismagläubige bereit ist, Gehorsam und Folge zu leisten. Der Glaube an den Charismatiker bleibt an die Wahrnehmung seiner Bewährung gebunden.
Inhaltsverzeichnis
Rainer Lepsius
Das Modell der Charismatischen Herrschaft ist weiterentwickelt worden von Rainer Lepsius. Er ergänzte das Modell um die
- latente charismatische Situation,
- die manifeste charismatische Situation,
- die Struktur der charismatischen Herrschaft.
Die latente charismatische Situation
Die latente charismatische Situation ist die Voraussetzung dafür, dass ein charismatischer Herrscher durch das Volk akzeptiert wird. Sie ist beispielsweise gegeben, wenn vom Volk eine Krise wahrgenommen wird und die verantwortlichen Akteure diese Krise nicht bewältigen können. Die Delegitimierung der Verantwortlichen schafft ein Machtvakuum, in welchem das Volk auf die Führung eines „starken Mannes“ hofft.
Latente charismatische Situationen:
- 1925: Orientierungslosigkeit nach der Niederlage im 1. Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Monarchie. Charismatiker: Hindenburg, „Ersatzkaiser“;
- 1932/1933: Orientierungslosigkeit durch Notverordnungen und gesellschaftliche Spannungen, die durch die Wirtschaftskrisen 1923 und 1929 hervorgerufen wurden (6 Mio. Arbeitslose). Charismatiker: Hitler.
Die manifeste charismatische Situation
Die manifeste charismatische Situation tritt ein, wenn ein Charismatiker Vertrauen und Glauben der Bevölkerung gewinnen konnte. Der Charismatiker bezieht sich in der Regel auf:
- letzte Werte wie „Rettung vor dem Untergang“, „Überleben“, nicht aber auf die Implementation konkreter Lösungsmaßnahmen;
- die Hoffnung auf etwas Neues: Beispiel „Deutschland Erwache!“. Die euphematische Entschlossenheit dominiert dabei zumeist die inhaltliche Aussage;
- das Weltbild des Dualismus. Beispiel: „Bürgerkrieg oder NSDAP“.
Die Struktur charismatischer Herrschaft
Der Charismatiker lässt keine Kontrolle seines Handelns zu, beachtet keine Verfahren, entspricht keinen Rollenerwartungen und verdrängt alle Akteure, die seine Position durch Regeln oder Mitspracherechte eingrenzen wollen. Nach Max Weber ist die charismatische Herrschaft dennoch legitim, solange seine Gefolgschaft an die Werte und Tugenden des Charismatikers glaubt und dessen Handeln sich bewährt.
Parallel mit dem Aufstieg des charismatischen Herrschers erfolgt ein Rückgang der Institutionalisierung und der gesellschaftlichen Entscheidungsfindungsprozesse. Der Charismatiker wird zur alleinigen Entscheidungs- und Führungsinstanz, die sich keiner Koalition oder Handlungsbindung unterwirft. Er hat das alleinige Interpretationsmonopol.
Rainer Lepsius wirft dabei folgendes Problem auf: Das genuine Charisma, die unmittelbare Beziehung zwischen Charismaträger und Charismagläubigem, kann in einem pluralistischen Flächenstaat nicht mehr hergestellt werden.
Lösungsansatz: Durch die Auflösung formaler Koordinationsverfahren (z. B. in der Bürokratie) fällt dem Charismatiker die zentrale Rolle als Koordinationsinstanz zu. Der Charismatiker wird somit ebenfalls zur zentralen Legitimationsinstanz des gesamten politischen Systems (Beispiel Hitler – Drittes Reich).
Literatur
- Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, Verlag Mohr Siebeck, 1980, ISBN 3-16-147749-9
- Frank Möller (Hrsg.): Charismatische Führer der deutschen Nation, R. Oldenbourg Verlag, 2004, ISBN 3-486-56717-9
- Ludolf Herbst: Hitlers Charisma . Die Erfindung eines deutschen Messias, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010 ISBN 978-3-10-033186-1
Kategorien:- Herrschaftsform
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