Majolikahäuschen

Majolikahäuschen
Majolikahäuschen (grafische Darstellung)

Das Majolikahäuschen war ein populärer Ausstellungs- bzw. Gastronomie-Pavillon im Düsseldorfer Hofgarten. Das nach dem Wiener Majolikahaus benannte Gebäude zählte zu den baulichen Hauptwerken des Jugendstils in Düsseldorf. Der im Jahre 1902 errichtete Bau wurde 1926 abgebrochen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Pavillon wurde für die Düsseldorfer Industrie- und Gewerbeausstellung 1902 als Ausstellungspavillon der Firma Villeroy & Boch im westlichen Hofgarten erbaut. Nach dem Ende der Ausstellung ging der Pavillon in das Eigentum der Stadt Düsseldorf über. Der Bau wurde zuerst als „Milchhäuschen“ (zum Ausschank von Milch oder anderen nicht-alkoholischen Erfrischungsgetränken), dann als Café verwendet. Als 1925 die Ausstellung GeSoLei konzipiert wurde, empfanden die Planer das auf dem Gelände der Ausstellung stehende Majolikahäuschen als störend – nicht zuletzt, weil der Jugendstil zu dieser Zeit geringgeschätzt wurde und das Konzept der GeSoLei eine zeitgenössisch-moderne Architektur der Ausstellungsbauten einschloss. In der Bevölkerung war das Majolikahäuschen in seiner Funktion als Café jedoch sehr beliebt, wobei künstlerische Aspekte allerdings keine Rolle spielten. Der Überlieferung nach wurde der Pavillon schließlich über Nacht vollständig abgebrochen, um vollendete Tatsachen zu schaffen. Wer die konkrete Verantwortung für den Abbruch trug, blieb damals unklar und konnte offenbar bis heute nicht eindeutig festgestellt werden.[1]

Beschreibung

Das Gebäude war ein „Majolikagesamtkunstwerk“[2], bei dem verschiedenste keramische Techniken, insbesondere der farbig glasierten Keramik, nach Entwürfen von Anton Joseph Pleyer, zusammengeführt wurden. So war das Gebäude innen und außen mit farbenprächtigen Fliesen, Mosaiken und Reliefs bedeckt.[3]

Äußeres

Hauptfassade
Südliche Rückseite

Die Hauptfassade zeigte verschiedenste Formen von Baukeramik der Firma Villeroy & Boch, so geflieste und mosaizierte Flächen, Reliefs und freiplastisch gearbeitete Skulpturen:[4] „Die Hauptflächen der Aussenfacaden sind dann mit weißen und farbigen, jedoch vorwiegend gelb glasierten Schuppenplättchen bekleidet. Es wird hierdurch ein eigenartiges Fischschuppenmuster erzielt, welches in dieser Art zum ersten Mal in Anwendung gebracht worden ist“.[5]

Die südliche Rückseite zeigte drei unterschiedliche Fassadenstile – Glasmosaik, Majolikaplatten und Bauplastik. In der Mitte der Rückseite befand sich ein Kaminerker, ein risalitartig hervortretender, fensterloser Anbau. Der Erker fand seinen Abschluss in einem Segmentbogengiebel und einen den Bau überragenden Schornstein, der an die Rückseite gesetzt wurde. Der Kaminerker war mit bemerkenswerten Lünettenbildern in farbigem Glasmosaik nach Entwürfen von Bruno Panitz geschmückt. Diese zeigten bildliche Marinedarstellungen: Das linke Bild stellte eine Hafenszene dar. Das rechte Bild zeigte mehrere Schiffe, die auf dem bewegten Meer schlingern.[6] Den Erker flankierte im Westen eine Wand mit hellen Tonschuppenplättchen und Ornamentfries mit plastisch gerahmtem Fenster und eine mit Majolikaplatten verkleidete Wand mit zwei Fensterachsen, wovon eines ein Blendfenster war, im Osten.

Inneres

Die Wände der Haupthalle zeichneten sich durch einen Schmuck mit Majolikaplatten aus:[7] „Die Wände der Haupthalle sind in einer Höhe von ungefähr 50 cm mit licht blaubrauen Platten begleitet. Dann folgen Platten mit einem etwas unruhigen Druckmuster in Gelb, Grau und Grün mit einer gelb-elfenbeinfarbenen Borde als Abschluss, auf welchen sich dann das Tonnengewölbe der Decke aufbaut“.[5]

Das gesamte Tonnengewölbe war mit einer Fliesenmalerei geschmückt. Diese zeigte sechs riesige Rosenbüsche, die sich zu baumartigen Gebilden formierten:[8] „dieselbe [Decke] ist in Felder eingeteilt und zeigt als Decor ein stylisiertes Baummotiv auf graugrünem Hintergrund mit blau-violetten Zweigen, während die Zwischenräume zwischen den Blättern golden ausgefüllt sind. Den Scheitel bilden Blumenornamente in rothen, resp. pinkfarbenen Tönen“.[5]

Kunstgeschichtliche Bedeutung

Das Gebäude zählte zu den baulichen Hauptwerken des Jugendstils in Düsseldorf, das nach dem Vorbild des Wiener Majolikahauses gestaltet wurde:

„Im architekturgeschichtlichen Kontext der Jahrhundertwende betrachtet würde das Majolikahäuschen, wenn es noch stünde, heute ohne Zweifel zu den baulichen Hauptwerken des Jugendstils zählen, was den Verlust umso schmerzlicher erscheinen läßt. Namentlich orientiert sich das Majolikahäuschen am berühmten Wiener Majolikahaus am Naschmarkt, das 1898/99 nach Plänen von Otto Wagner erbaut wurde. […] Neben diesen Fliesen, die vor allem um die Jahrhundertwende mit Jugendstildekoren ihre Blütezeit erlebten, behauptete sich weiterhin die klassische Majolikafliese mit Bemalung und Zinnglasur, der das Wiener Majolikahaus seinen Namen verdankt. Das nur wenig später entstandene Düsseldorfer Majolikahäuschen knüpft an den Typus der vollständig mit Fliesen verkleideten Fassade an, vereint darüber hinaus aber auch andere keramische Techniken wie Hochrelief und Terrakottaskulptur am Bau miteinander.“

Melanie Florin[9]

„Daneben schlug sich der Jugendstil in Düsseldorf hauptsächlich an Wohnhausneubauten der Jahrhundertwende nieder, wobei reine Ausprägungen slten sind – oft sind es Bauten des Historismus, deren konventionelle Architektur mit moderner Jugendstilornamentik kombiniert wurde. Das Majolikahäuschen […] wäre heute das mit Abstand aufwendigste, ornamentreichste Jugendstilexponat Düsseldorfs.“

Melanie Florin[10]

Literatur

  • Michael Weisser: Kacheln und Fliesen im Jugendstil. Münster 1980.
  • Michael Weisser: Jugendstilfliesen. Frankfurt am Main 1983.
  • Melanie Florin: Das Majolikahäuschen von Villeroy & Boch im Düsseldorfer Hofgarten. Grupello, Düsseldorf 2006, ISBN 3-89978-057-4.

Weblinks

 Commons: Majolikahäuschen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Michael Brockerhof: Düsseldorf wie es war. #. Auflage, Droste, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-7700-1277-0, S. 96f.
  2. Florin, S. 90.
  3. Florin, S. 34f.
  4. Florin, S. 38
  5. a b c Die Gewerbe- und Industrie-Ausstellung in Düsseldorf. In: Sprechsaal, Zeitschrift für die keramischen, Glas- und verwandten Industrien, Jahrgang 35, Band 34, Coburg 1902, S. 1291.
  6. Florin, S. 45f.
  7. Florin, S. 57
  8. Florin, S. 58
  9. Florin, S. 11f.
  10. Florin, S. 100.
51.2328626.773275

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