Mortarium

Mortarium

Als Mortarium (lateinisch, „Reibschüssel“ oder „-schale“) wurden im Römischen Reich Keramikgefäße bezeichnet, die zum Zerreiben und Mischen von Milchprodukten, Kräutern und Gewürzen verwendet wurden. Heute verwendet man in der Küche für diese Tätigkeit meist einen Mörser aus härterem Material zusammen mit einem pistillum.

Mortarium mit Herstellerstempel im British Museum.
Innenseite mit Quarzkörnung.
Terra Sigillata-mortarium Form Drag. 43 im Museum Rheinzabern.
Moretum in Reibschalen-Replik mit nachgebildetem Holzpistillum.

Inhaltsverzeichnis

Ware

Die am häufigsten verwendeten grobkeramischen mortaria besitzen einen flachen Standboden, seltener einen Standring. Die Höhe ist meist geringer als der halbe Durchmesser der Öffnung. Sie benötigten einen breiten Steil- oder Kragenrand, damit man sie mit der Hand festhalten konnte. Beide Randformen besaßen an der Innenseite eine raue Reibefläche, die aus feinem Quarz- oder Kalksteingrus bestand. Bei Stücken des ersten Jahrhunderts können sich dort auch feine Rillen befinden. Ein seitlicher Ausguss erleichterte die Entleerung des Gefäßes. Die Form der Gefäße änderte sich während mehrerer Jahrhunderte bis in die Spätantike kaum, weshalb sie als Mittel zur Datierung wenig geeignet sind.[1] Frühe Mortaria aus den Nordwestprovinzen besitzen auf dem Rand gelegentlich Herstellerstempel.

Die meisten Abnutzungsspuren weisen Funde stets im unteren Bereich der Schüssel auf, was auf einen rührenden Reibevorgang schließen lässt. Gelegentlich sind die Böden aufgrund unsachgemäßer Behandlung durchstoßen. Zum Gebrauch der Schalen gehört ein Stößel (pistillum). Ein solcher ist aber nie in Verbindung mit einer Reibschale gefunden worden. Es liegt nahe, dass diese aus vergänglichem Material, wahrscheinlich Holz, bestanden.[2]

Reibschalen der Raetischen Ware besaßen häufig einen Glanztonüberzug und einen bemalten Gefäßrand. Gegen Ende des 2. Jahrhundert n. Chr. kommen Reibschalen aus Terra Sigillata auf (Formen Drag. 43 und 45), die auf eine Änderung der Tischkultur hinweisen. Offensichtlich wurden die Saucen nun direkt am Tisch zubereitet.

Verbreitung

Reibschüsseln stammen ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Sie sind in Kleinasien seit dem 11. Jahrhundert v. Chr. bekannt, stammen möglicherweise aus orientalischen Einflüssen. Vereinzelt sind sie in Griechenland seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. , ab dem 5. Jahrhundert allgemein gebräuchlich. In Italien sind sie vor dem 2. Jahrhundert v. Chr. kaum nachzuweisen. Der Gebrauch tönerner Reibschalen verbreitete sich schnell, sie sind schon im selben Jahrhundert im Fundmaterial der römischen Lager von Numantia nachweisbar.

Mortaria wurden wie der Großteil der groben Küchenkeramik in lokalen Werkstätten hergestellt und regional vertrieben. In Gallien gab es wenige Töpfereien, die ihre Produkte über eine weitere Entfernung exportierten.

Verwendung

Tönerne Reibschalen wurden in erster Linie verwendet zum Anreiben oder Anrühren verschiedener Würzsaucen, die in der römischen Küche weit verbreitet waren. Im Kochbuch des Apicius werden einige dieser Saucen erwähnt. Um diese zu servieren, gehörten kleine Näpfe und Schälchen zum üblichen Tischgeschirr. Besonders häufig werden mortaria zur Herstellung von Moretum verwendet worden sein. In dieser Verwendung werden sie in dem Gedicht moretum[3] erwähnt. Das häufige Vorkommen von mortaria in Mitteleuropa seit der Zeit der römischen Besetzung kann als Übernahme mediterraner Tischsitten gedeutet werden und somit als Indiz für die Romanisierung gelten.[4]

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Reibschale und Romanisierung. In: Acta RCRF 17/18, 1977, S. 147–158.
  • Erich Gose: Gefäßtypen der römischen Keramik im Rheinland. Köln 1976, ISBN 3-7927-0293-2, S. 39f.
  • Constanze Höpken: Sonstige Keramik. In: Thomas Fischer (Hrsg.): Die römischen Provinzen. Eine Einführung in ihre Archäologie. Theiss-Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1591-X, S. 293–300.

Weblinks

 Commons: Mortaria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dietwulf Baatz: Reibschale und Romanisierung. In: Acta RCRF 17/18, 1977, S. 147.
  2. Dietwulf Baatz: Kastell Hesselbach und andere Forschungen am Odenwaldlimes. Gebr. Mann, Berlin 1973, ISBN 3-7861-1059-X, S. 106.
  3. Parodie auf die Dichtung Vergils aus der Appendix Vergiliana (1. Jahrhundert n. Chr.).
  4. Dietwulf Baatz: Reibschale und Romanisierung. In: Acta RCRF 17/18, 1977, S. 155.

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