Museion (Bozen)

Museion (Bozen)
Das Museion (Blick von der Talfer-Seite)

Das Museion (griechisch μουσείον, Musen-Tempel, Museum) ist das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen (Südtirol).

Das Gebäude samt Brücke

Das Museion wurde 1985 gegründet und verfügt inzwischen über eine umfangreiche Sammlung. Seit August 2006 wird die Institution von einer Stiftung mit Beteiligung der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol und des Vereins Museion geleitet. Präsident der Stiftung ist Alois Lageder.

Am 24. Mai 2008 bezog das Museion den neuen nach dem Entwurf des Berliner Architektenbüros Krüger, Schuberth, Vandreike (KSV) erbauten Sitz im Stadtzentrum.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1985 wird das Museion von einem privaten Verein mit der Unterstützung der Autonomen Provinz Bozen als Museum für moderne Kunst gegründet. Unter der Führung von Pier Luigi Siena und der Präsidentschaft von Karl Nicolussi-Leck nimmt das Museum 1987 seine Tätigkeit auf.

Der Schwerpunkt der Institution liegt anfangs in seiner regionalen Ausrichtung, man widmet sich vor allem der Förderung und Dokumentation der bildenden Kunst im Raum Ala bis Kufstein (dem historischen Tirol) ab dem Jahr 1900. Zu Beginn der 90er-Jahre werden nicht zuletzt aufgrund der speziellen geographischen Lage Bozens Unterschiede zwischen deutscher und italienischer Kunst thematisiert. Im Laufe der Jahre wendet sich das Museum immer entschiedener der zeitgenössischen Kunst zu. Diese Entwicklung in Richtung kontemporäre Kunst und damit hin zu den sie kennzeichnenden interdisziplinären Tendenzen soll auch der 1991 angenommene Name „Museion“ zum Ausdruck bringen.

Unter der im Jahr 2000 beginnenden Präsidentschaft von Alois Lageder und der Führung von Andreas Hapkemeyer wird das Museion zum Museum für moderne und zeitgenössische Kunst. Ein zentraler Stellenwert wird dem Gegenstand Sprache in der Kunst eingeräumt, einem Themenbereich, der stark an das Territorium als mehrsprachiges Grenzgebiet gebunden ist. Eine wesentliche Zielsetzung ist die Öffnung nach außen. Dieses Ziel wollte das Museum auch unter der Führung von Corinne Diserens verfolgen. Nachdem die Eröffnungsausstellung des neuen Hauses das vorgesehene Budget deutlich überschritten hat, wurde Diserens im November 2008 entlassen.[1]

Das neue Gebäude

Der neue Sitz des Museums wurde nach dem Entwurf des Berliner Architekturbüros KSV Krüger, Schuberth, Vandreike erbaut. Das Projekt von KSV ging im Jahr 2000 als Sieger eines europaweiten Wettbewerbs hervor, an welchem sich 285 Planungsbüros aus 14 verschiedenen Ländern beteiligten.

Das Gebäude ist ein 54 Meter langer Kubus mit einer Höher von 25 Metern und einer Breite von 23 Metern. Die transparenten Stirnseiten sind Schaufenster zur Stadt und in die Landschaft. Symbolisch sollen sie die Altstadt mit der Neustadt verbinden und architektonisch die Integration des Museion als bedeutendes Element in die Stadt zum Ausdruck bringen. Abends dienen die Glasfassaden als Projektionsflächen, die es ermöglichen zeitgenössische Medienkunst in einer außergewöhnlichen Form zu genießen.

Die Ausstellungsebenen, beginnend mit dem Foyer im Erdgeschoss bis hin zur obersten Ebene mit einem Ausblick auf die Stadt, werden durch die Treppenkaskade verbunden, im übertragenen Sinn stellt sie eine Verbindung der Kunstebenen dar. Die geschlossene, metallische Hülle des Museion umgibt ein wandelbares Innenleben. Die Innenräume zeichnen sich durch fließende Übergänge und Öffnungen aus. Die verschiedenen Ausstellungsräume, der Veranstaltungssaal, die didaktischen Labors, die Bibliothek, das Café und der Museum- Shop sind nicht streng voneinander getrennt.

Das Museion soll nicht nur Präsentationsforum für Kunstwerke sein, sondern ein Ort für Künstler, an dem diese auch artistisch tätig sein können. Die Idee vom Museion als Kunstwerkstatt wird mit einem ins Museumsareal integrierte Atelierhaus umgesetzt. Wesentlicher Bestandteil des Bauwerks ist die Brücke über die Talfer auf der Südseite des Museion. Sie setzt sich aus zwei korrelierenden schwingenden Kurven zusammen, Rad- und Fußweg werden getrennt geführt.

Ausstellungen

  • „Peripherer Blick und kollektiver Körper“ (24. Mai bis 21. September 2008)
In der Ausstellung wurde die Frage nach dem kollektiven Körper in der zeitgenössischen visuellen Kunst thematisiert. Gezeigt wurden zahlreiche Kunstwerke aus der Sammlung, darunter Neuerwerbungen und wichtige Dauerleihgaben von privaten Sammlern sowie nationalen und internationalen Leihgaben. Besonderes Aufsehen erregte die umstrittene Skulptur "Zuerst die Füße" von Martin Kippenberger, welche einen gekreuzigten Frosch mit einem Bierglas und einem Ei in den Händen zeigt. Angestoßen von der Sonntagszeitung Zett kam es zu Interventionen von zahlreichen politischen Kreisen und Teilen der katholischen Kirche sowie einer hitzig geführten Diskussion unter anderem auf den Leserbriefseiten der Tageszeitung Dolomiten. Der Regionalratspräsident Franz Pahl trat in einen Hungerstreik, welcher mit seinem Rücktritt als Politiker endete.[2]
  • Sonic Youth etc.: „SENSATIONAL FIX“ (11. Oktober 2008 bis 4. Jänner 2009)
Gegenstand dieser Wanderausstellung sind Arbeiten der vielseitigen Musikband Sonic Youth, die in Zusammenarbeit mit Künstlern, Filmemachern, Designern und Musikern entstanden, sowie von der Band ausgewählte Kunstwerke. Alternative Gegenwartskultur soll beleuchtet werden.
  • Matti Braun: „Özurfa“ (4. Oktober bis 7. Dezember 2008)
Diese Ausstellung widmet sich der sagenumwobenen Stadt Sanliurfa, bzw. Urfa (Südostanatolien). Einige Archäologen halten Sanliurfa für die Wiege der Zivilisation. Für Muslime und Juden ist es die heilige Stadt, in der Abraham auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
  • Mike Kelley: „EDUCATIONAL COMPLEX ONWARDS, 1995-2008“ (17. Januar bis 19. April 2009)
Herzstück dieser anthologischen Ausstellung, konzipiert vom Zentrum für zeitgenössische Kunst Wiels in Brüssel, ist die Installation „Educational Complex“, aus dem Jahr 1995. Es handelt sich dabei um eine Rekonstruktion in Miniatur der Bildungsinstitutionen, die der Künstler in seinem Leben durchlaufen ist.
  • Valie Export: Zeit und Gegenzeit, (19.Februar bis 1. Mai 2011)

Bibliothek

Museion verfügt über eine für alle frei zugängliche Fachbibliothek, die auf moderne und zeitgenössische Kunst spezialisiert ist. Sie sammelt und bewahrt dokumentarisches Material aus dem nationalen wie internationalen Bereich, wobei dem deutschsprachigen Raum besondere Aufmerksamkeit zukommt. Durch die externe Ausleihe der Medien soll eine maximale Nutzung des Bestandes erreicht werden. Als Freihandbibliothek angelegt, ermöglicht sie einen direkten Zugang zu den Beständen. Um die Spezialsammlung einem größeren Publikum zugänglich zu machen wurde im Januar 2011 der gesamte Bestand in die Bibliothek der Freien Universität umgesiedelt.

Direktion

  • 1987-2000 Pier Luigi Siena
  • 2000-2007 Andreas Hapkemeyer
  • 2007-2008 Corinne Diserens

Die in Genf geborene Schweizerin hat ihre Studien an der Sorbonne und am „Whitney Museum of American Art“ in New York mit einem „Independent Study Program“ absolviert. Sie arbeitete in Paris und Berlin. Corinne Diserens hat bereits das „Musée des beaux-arts“ in Nantes und die 13 Museen der Stadt Marseille geleitet. Als unabhängige Kuratorin in New York und Kuratorin des IVAM - Institut Valencia d’Art Modern (Museum für Moderne Kunst Valencia) hat sie sich auf dem Gebiet der modernen Kunst bereits auf internationaler Ebene einen Namen gemacht. Ende Oktober 2008 wurde Corinne Diserens vom Stiftungsrat des Museions fristlos entlassen, da sie ihr Budget weit überschritt, ohne sich mit dem Stiftungsrat abzusprechen.

  • ab 2008 Letizia Ragaglia (Direktion)

Die Stiftung

Die Stiftung Museion wurde im August 2006 gegründet. Ihr gehören Vertreter der Autonomen Provinz Bozen und des Vereins Museion an. Der Stiftungsrat besteht aus neun Mitgliedern. Zweckbestimmung der Stiftung sind Förderung und Aufwertung der zeitgenössischen Kunst ab den 1950er-Jahren. Die Stiftung versteht sich als Treffpunkt für die internationale Kunst und als Fördereinrichtung für die Kunst in Südtirol. Präsidentin des Rates ist die Kunsthistorikerin und Kuratorin Marion Piffer Damiani (* 1963 in Brixen).

Künstlerischer Beirat

Der Künstlerische Beirat ist ein Organ des Museion, das ausschließlich beratende Funktion hat. Er besteht aus fünf Mitgliedern, die Kompetenzen im kulturellen Bereich mit Schwerpunkt in der zeitgenössischen Kunst vorweisen müssen. Der Beirat tritt einmal im Jahr mit dem Stifterrat zusammen, um gemeinsam die künstlerische Entwicklung des Museion zu besprechen. Die Mitglieder des Beirates sind:

Freunde des Museion

„Freunde des Museion“ ist ein unabhängiger Verein, der all jene anspricht, die an zeitgenössischer Kunst interessiert sind. Die Organisation bietet verschiedene Veranstaltungen, Studienreisen und Begegnungen mit Künstlern an.

Vermittlung

Der Besucherservice des Museion bietet neben Führungen auch gezielte Bildungsprojekte an. Im Programm sind:

  • Workshops/Museion Mobil
  • Spezifische Angebote für Jugendliche, Familien mit Kindern, Schulen und Kindergärten
  • Summerlab/Artcamp

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.dolomiten.it/nachrichten/artikel.asp?KatId=da&p=3&ArtId=127769
  2. http://www.kunstmarkt.de/pagesmag/kunst/_id161032-/news_detail.html?_q=%20

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