Müller-Matrix

Müller-Matrix

Die Müller-Matrix ist eine Transformationsmatrix für den Stokes-Vektor, der den Polarisationszustand einer elektromagnetischen Welle (u. a. sichtbares Licht) beschreibt. Sie charakterisiert das optische Element bezüglich der Wechselwirkung der Welle mit diesem, so wird beispielsweise bei der Reflexion an einer Grenzfläche oder bei Transmission durch einen Körper der Polarisationzustand beeinflusst. Analog zum Jones-Formalismus, bestehend aus Jones-Vektor und Jones-Matrix, für vollständig polarisierte Wellen bilden Stokes-Vektor und Müller-Matrix den sogenannten Stokes-Müller-Formalismus.

Erstmalig wurde die Transformationsmatrix 1943 von Hans Müller, einem Physikprofessor am Massachusetts Institute of Technology, eingeführt.[1]

Beschreibung

Die Müller-Matrix ist eine 4×4-Matrix. Sie beschreibt die Änderung der Intensität und des Polarisationszustandes von teilweise und vollständig polarisiertem sowie unpolarisiertem Licht (beschrieben durch den Stokes-Vektor) bei der Reflexion, Brechung oder Transmission durch ein Material.

Um die Änderungen des Polarisationszustandes zu beschreiben, wird die Müller-Matrix M mit dem Stokes-Vektor des einfallenden Lichts \vec S_\mathrm{A} multipliziert. Ergebnis ist wiederum ein Stokes-Vektor \vec S_\mathrm{B}der je nach Wahl der Müller-Matrix das reflektierte oder transmittierte Licht beschreibt.

\vec S_\mathrm{B} = \mathrm M \cdot \vec S_\mathrm{A}

Ein typischer Anwendungsbereich ist die Beschreibung von optischen Bauelementen in der optischen Messtechnik, beispielsweise der Ellipsometrie. Dabei werden in der Regel mehrere optische Bauelemente wie Polarisatoren, Verzögerungsglieder oder Kompensatoren sowie einer Probe verwendet. Dieses optische System kann durch schrittweise Multiplikation des Stokes-Vektors des einfallenden Lichts mit den Müller-Matrizen der jeweiligen Bauelemente erfolgen.

\vec S_\mathrm{B} = \bigg( \mathrm M_{3} \Big( \mathrm M_{2} \big( \mathrm M_{1} \cdot \vec S_\mathrm{A}\big) \Big) \bigg)

Da die Matrizenmultiplikation assoziativ ist, kann das System auch einfach wie folgt beschrieben werden:

\vec S_\mathrm{B} = \mathrm M_{3} \mathrm M_{2} \mathrm M_{1} \vec S_\mathrm{A}
Beispiele für ideale optische Bauelemente
Linear-Polarisator
Für horizontale Transmission Für vertikale Transmission +45°; Transmission) −45°; Transmission)
  
{1 \over 2}
\begin{pmatrix} 
1 & 1 & 0 & 0 \\ 
1 & 1 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0
\end{pmatrix}
\quad 
  
{1 \over 2}
\begin{pmatrix} 
1 & -1 & 0 & 0 \\ 
-1 & 1 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0
\end{pmatrix}
\quad 
  
{1 \over 2}
\begin{pmatrix} 
1 & 0 & 1 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0 \\ 
1 & 0 & 1 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0
\end{pmatrix}
\quad
  
{1 \over 2}
\begin{pmatrix} 
1 & 0 & -1 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0 \\ 
-1 & 0 & 1 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 0
\end{pmatrix}
\quad
Verzögerungsplatte
λ/4 (fast-axis; vertikal) λ/4 (fast-axis; horizontal) λ/2 (fast-axis; vertikal)
  
\begin{pmatrix} 
1 & 0 & 0 & 0 \\ 
0 & 1 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & -1 \\ 
0 & 0 & 1 & 0
\end{pmatrix}
\quad
  
\begin{pmatrix} 
1 & 0 & 0 & 0 \\ 
0 & 1 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 1 \\ 
0 & 0 & -1 & 0
\end{pmatrix}
\quad
  
\begin{pmatrix} 
1 & 0 & 0 & 0 \\ 
0 & 1 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & -1 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & -1
\end{pmatrix}
\quad
Andere
Abschwächungsfilter (25%ige Transmission)
  
{1 \over 4}
\begin{pmatrix} 
1 & 0 & 0 & 0 \\ 
0 & 1 & 0 & 0 \\ 
0 & 0 & 1 & 0 \\ 
0 & 0 & 0 & 1
\end{pmatrix}
\quad

Literatur

  • Bass Michael, Decusatis Casimer, Enoch Jay: Handbook of Optics, Volume I: Geometrical and Physical Optics, Polarized Light, Components and Instruments. 3 Auflage. Mcgraw-Hill Professional, 2009, ISBN 978-0071498890.
  • Edward Collett: Field Guide to Polarization. In: SPIE Field Guides. FG05, SPIE, 2005, ISBN 0-8194-5868-6.
  • Eugene Hecht: Optics. 2nd ed. Addison-Wesley, 1987, ISBN 0-201-11609-X.

Einzelnachweise

  1. Hans Müller: Memorandum on the polarization optics of the photo-elastic Shutter. In: Report Number 2 of the OSRD Project OEMsr-576. 1943.

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