Nordtrak

Nordtrak
Nordtrak Stier 25 (1953)

Das Unternehmen Nordtrak, auch Norddeutsche Traktorenfabrik Franz Westermann, baute zwischen 1947 und 1957 Traktoren. Die Traktoren setzten schon ein Jahrzehnt vor dem Allradboom bei Traktoren auf diese Antriebsvariante, die bei Nordtrak auf dem Antriebsprinzip des amerikanischen Jeeps beruhte. Dafür benutzen sie ungewöhnlicherweise vier gleichgroße Räder.[1] Aufgrund des vergleichsweise hohen Preises und der Fähigkeit, in schwierigem Gelände zu arbeiten, wurden die wenigsten Nordtrak-Traktoren in der Landwirtschaft eingesetzt, sondern landeten oft umfangreich modifiziert in der Forstwirtschaft, in Steinbrüchen, im Baugewerbe oder in anderen Spezialeinsatzgebieten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nordtrak Stier 30

Die Vorgeschichte des Unternehmens begann 1946, als der Ingenieur Georg R. Wille in der Nachkriegszeit erste Landmaschinen herstellte. Seine erste Maschine war der Motorpflug „Stier“, der zum Teil aus Jeep-Bauteilen bestand und mit einem 12-PS-Motor ausgestattet war. Einen mit Dieselmotor ausgerüsteten Stier benannte Wille in Gerwi-Diesel-Stier um.[2]

1950 kaufte sich der Kaufmann Franz Westermann in das Unternehmen ein und übernahm nach dem Ausscheiden Willes die Geschäftsführung.[2] Konstrukteur war Gerhard Kullik, den Westermann von Deuliewag abwerben konnte.[1] Die mittlerweile sehr gefragten Traktoren benannte er in Nordtrak Stier um.[2]

Nordtrak Stiere wurden von 1951 bis 1957 in Hamburg-Bergedorf gebaut.[3] Das Unternehmen spezialisierte sich auf Traktoren mit Vierradantrieb in Halbrahmenbauweise.[4] Erstes Modell unter neuer Führung war der Stier 30 mit 28 PS, der im April 1951 termingerecht einsatzbereit war. Als Allrad-Pionier wurde der Schlepper der Öffentlichkeit vorgestellt – ausgestattet mit permanentem Vierradantrieb, gleich großen Rädern (20 Zoll AS bis 28 Zoll AS) sowie einer Vorderrad-Bremsanlage über Kardanwelle. Verwendet wurden luft- und wassergekühlte 2-Takt- und 4-Takt-Dieselmotoren. Als „Paradepferd“ profilierte sich der Stier 480 mit 48 PS. Es war der leistungsstärkste Traktor seiner Klasse und erreichte eine damals beeindruckende Geschwindigkeit von 27 km/h. Die Traktoren waren Pioniere des Allradantriebs, der sich erst später auf breiter Ebene durchsetzte.[2]

Die Antriebseigenschaften und die vergleichsweise gleichmäßige Gewichtsverteilung verbesserten vor allem das Traktionsverhalten. So warb Nordtrak 1952 damit, dass ihre Traktoren in Hanglagen, an denen anderen Traktoren scheitern, arbeiten können. Da diese Vorteile unter einfachen Bodenbedingungen jedoch nur eine geringe Rolle spielten, litt der Absatz der Nordtraks darunter, dass die doppelte Antriebsachse und die vier großen Räder die Produktion im Vergleich zu anderen Traktoren unverhältnismäßig verteuerte. Zudem erreichte Nordtrak nie die Größenordnungen einer Massenproduktion, so dass auch hier die Produktionskosten höher lagen als bei Konkurrenten. Eigenkonstruktionen wie der 1-Mann-Schützenpanzer Puck für die Bundeswehr gerieten zu Flops.[1]

Nordtrak spezialisierte sich vor allem auf den Export nach Südamerika und Skandinavien, wo der Traktor oft in der Forstwirtschaft in schwierigem Gelände eingesetzt wurde.[1] Allerdings konnten sie im Preiswettbewerb mit den dortigen Konkurrenten auf Dauer nicht bestehen.[4] Ab 1955 brach der Absatz ein.[2] Das Unternehmen ging 1956 in Konkurs, ein Jahr später wurde die Produktion endgültig eingestellt.[3]

Modelle

Modell Motor Maximale Geschwindigkeit Bereifung Vorne/Hinten Zylinder/Kühlung Leergewicht Anmerkungen
Stier 18 16-PS-Hatz-Motor 23,8 km/h 8-20 AS 1 Zylinder 1600 kg[5]
Stier 20 12/15-PS-Hatz/Zanker-Motor 1 Zylinder[4]
Stier 201 MWM KDW 615 E 23,8 km/h 8-24 AS 1 Zylinder / Wasser 1550kg Es wurden nur 2 Stück gebaut
Stier 240[5] 20-PS-MWM 20 km/h 8-24 AS 2 Zylinder[4] Luft
Stier 241
Stier 25 22/25-PS-Hatz-Motor 23,8 km/h 8-24 AS 2 Zylinder[4] Wasser
Stier 30 28/30-PS-MWM-Motor 23,8 km/h 7-30 AS 2 Zylinder[4] Wasser
Stier 45 40-PS-MWM-Motor 29,3 km/h 10-28 AS 3 Zylinder[4] Wasser 2500 kg
Stier 360 36-PS-MWM-Motor 27,6 km/h 10-28 AS 3 Zylinder[4]Luft
Stier 480 48-PS-MWM-Motor 27,6 km/h 12-28 AS 4 Zylinder[4] Luft 2900 kg 8 Vor- und 4 Rückwärtsgänge plus Kriechgang. Allradantrieb.[2]

Ab Werk konnten die Schlepper mit Seilwinden (50 kN) aus eigener Produktion ausgestattet werden.

Insgesamt produzierte Nordtrak nach Schätzungen etwa 1300 Traktoren, von denen sich heute noch ca. 130 in Sammlerhänden befinden.[1]

Literatur

Weblinks

 Commons: Nordtrak – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Traktor Classic: Im Reich der wilden Stiere. Traktor Classic 04/08, S. 22
  2. a b c d e f Wolfgang Wagner: Schlepper-Raritäten. DLG-Verlag 2. Aufl. 2009, ISBN 978-3-7690-0715-2, S. 15
  3. a b Klaus Herrmann: Traktoren in Deutschland 1907 bis heute: Firmen und Fabrikate, DLG Verlag, 1987, S. 147–148
  4. a b c d e f g h i Traktorwerk: Norddeutsche Traktorenfabrik
  5. a b Traktoren Schlepper Jahrbuch 2009: Das Standardwerk für die Oldtimer-Traktor-Szene. Der unabhängige Preiskatalog, W K & F Kommunikation, 2008, ISBN 978-3933451088, S. 240

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