- Schützenpanzer
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Schützenpanzer (kurz SPz) sind leichte bis mittlere Panzerfahrzeuge mit einem maximalen Gefechtsgewicht von 25–40 t. Sie transportieren die Infanterie ins Gefecht und geben ihr im Kampf wirksame Feuerunterstützung. Schützenpanzer haben im Heck Platz für meist bis zu 10 Infanteristen bzw. Panzergrenadiere und besitzen eine stärkere Bewaffnung und Panzerung als Transportpanzer. Schützenpanzer sind gewöhnlich Kettenfahrzeuge; einige Radpanzer fallen allerdings ebenfalls in dieselbe Kategorie (Radschützenpanzer).
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Definition der OSZE
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) definiert den Begriff „Schützenpanzer“ im Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) von November 1990 in Artikel II wie folgt: „Schützenpanzer (SPz)“ bezeichnet ein gepanzertes Kampffahrzeug, das in erster Linie für den Transport einer Infanteriegruppe konstruiert und ausgerüstet ist, es den Soldaten normalerweise ermöglicht, geschützt durch die Panzerung aus dem Fahrzeug heraus zu schießen, und mit einer integrierten oder organischen Kanone von mindestens 20 mm Kaliber sowie gelegentlich mit einem Abschussgerät für Panzerabwehrlenkwaffen bewaffnet ist. Die Schützenpanzer dienen als Hauptwaffensystem von gepanzerten, mechanisierten oder motorisierten Infanterietruppenteilen und Truppenteilen der Landstreitkräfte.[1]
Allgemein
Schützenpanzer sind im Grunde den Transportpanzern ähnlich, diese dienen ebenfalls dazu, fünf bis zehn Infanteristen mit ihrer Ausrüstung ins Gefecht zu transportieren. Sie ermöglichen infanteristischen Kräften, mit der Geschwindigkeit und der Geländegängigkeit hochbeweglicher Panzerverbände Schritt zu halten und diese im Gefecht der verbundenen Waffen zu unterstützen. Schützenpanzer sind im Allgemeinen stärker bewaffnete und gepanzerte Infanterie-Kampffahrzeuge, die auch selbst wirksam angreifen können. Sie sind jedoch bauartbedingt nicht für Gefechte mit Kampfpanzern vorgesehen, da sie ihnen in der Kanonen-Bewaffnung (d. h. artilleristisch) weit unterlegen sind. Wie alle modernen Panzerfahrzeuge haben auch die Schützenpanzer eine ABC-Schutzausstattung.
Die Haupt-Unterschiede der SPz gegenüber den Schützenpanzerwagen bzw. Transportpanzern sind:
- schwerere Bewaffnung (die außer direkter Feuerunterstützung auch wirksame Angriffe ermöglicht)
- stärkere Panzerung (die nicht nur gegen Infanteriewaffen (Kaliber bis 7,62 mm) im Allgemeinen und Artillerie-Splitter bzw. Schrapnells, sondern auch gegen schwere Maschinengewehre (12,7 bis 14,5 mm) oder Maschinenkanonen (größer 20 mm) Schutz bietet)
Schützenpanzer sind für gewöhnlich Kettenfahrzeuge; es gibt aber auch solche mit gummibereiften Rädern. Diese sind meist schneller als Schützenpanzer mit Kettenantrieb, besitzen dafür aber eine etwas schlechtere (wenn auch immer noch gute) Geländegängigkeit.
Zwar sind die SPz im Vergleich zu den modernen Kampfpanzern (engl. Main Battle Tank, MBTs) wesentlich schwächer bewaffnet und gepanzert, sie können jedoch auch schwere Panzerabwehrlenkwaffen mit sich führen, die gegenüber Kampfpanzern eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellen.
Bewaffnung
Die typische Bewaffnung besteht aus einer Maschinenkanone vom Kaliber 20 bis 30 mm - seltener auch größere Kaliber bzw. Kanonen wie die Bofors L70-B, die der CV9040 der schwedischen Streitkräfte verwendet - und zusätzlich leichten, mittleren bis schweren Panzerabwehrraketen. So verfügt z. B. der deutsche Marder über eine 20-mm-Bordmaschinenkanone (BMK) MK 20 Rh 202, ein Turmmaschinengewehr (TMG) MG3 (7,62 mm) und eine Nebelmittelwurfanlage mit sechs Wurfbechern. Optional kann am Turm ein Lenkflugkörper (LFK) Typ MILAN angebracht und verschossen werden. Der amerikanische M2 Bradley besitzt eine 25 mm M242 Bushmaster-MK und Startbehälter für das TOW System.
Die Bewaffnung mit Raketen hat aus SPz teilweise auch gefährliche Panzerjäger gemacht, so zerstörte beispielsweise der US-amerikanische M2 Bradley im dritten Golfkrieg im Frühjahr 2003 mehr irakische Panzerfahrzeuge als der Kampfpanzer M1 Abrams.
Panzerung
SPz verfügen über eine wirksame Panzerung, die sie vor Schrapnells, Splittern und dem Feuer von mittleren bis schweren Maschinengewehren schützt. Oft verstärken Zusatzpanzerungen an der Front und den Seiten (Seitenschürzen) diese noch weiter, zum Teil auch durch zusätzliche in Elementen angebrachte Reaktivpanzerung zum Schutz gegen tragbare Panzerabwehrhandwaffen bzw. Panzerabwehrlenkwaffen mit Hohlladungs-Gefechtskopf, die vor allem in Straßenkämpfen – aber auch auf offenem Feld – eingesetzt werden.
Einsatzweise
Der Kampf kann dabei entweder vom Fahrzeug aus (über die Bordwand, aus Luken oder speziellen Feuerblenden heraus) oder abgesessen im rein infanteristischen Kampf stattfinden. Die Infanteristen können in der Regel sowohl vom Inneren des Schützenpanzers als auch von außerhalb kämpfen. Diese Kampfweisen werden als auf- bzw. abgesessener Kampf bezeichnet. Die Anzahl der Soldaten, die den Panzer verlassen können, um den abgesessenen Kampf zu führen, wird als Absitzstärke bezeichnet.
Mobilität
SPz haben im allgemeinen hohe Fahrleistungen und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 85 km/h bei einer Reichweite von ca. 200 – 450 km. Sie gehören zu den schnellsten Kettenfahrzeugen überhaupt.
Geschichte
Das Konzept des Schützenpanzers geht ursprünglich auf die deutsche Wehrmacht zurück, die Ende der 1930er Jahre leichte, gepanzerte Schützenpanzerwagen wie das Sd.Kfz. 251 und das Sd.Kfz. 250 entwickelte, um ihre Panzergrenadiere vor dem Absitzen vor feindlichem Gewehrfeuer und Splittergranaten zu schützen und diese im Kampf mit ihren Bordmaschinengewehren zu unterstützen. Diese frühen Schützenpanzer wurden sehr bald mit einer stärkeren Panzerung (die auch Schutz vor Maschinengewehrfeuer gewährleistete) und zu einem kleinen Teil auch mit leichten Panzerabwehrkanonen ausgerüstet. Dies sollte den Panzergrenadieren die Möglichkeit geben, auch ohne Unterstützung von schweren Panzern feindliche Panzerangriffe abzuwehren und schwer befestigte Stellungen anzugreifen. Auch nach dem Krieg wurde dieses Konzept weiterverfolgt. So unterschied die NVA der DDR nach Schützenpanzern (SPz wie der BMP-1 und BMP-2) und Schützenpanzerwagen (SPW wie der SPW-60 und SPW-70). Schützenpanzer besaßen danach die Fähigkeit, Panzer mit ihrer Bewaffnung zu bekämpfen (Kanone bzw. Panzerabwehrlenkwaffen). Schützenpanzerwagen dienten in erster Linie zum Transport infanteristischer Kräfte und zur Feuerunterstützung mit Maschinengewehren. Heute werden die Schützenpanzerwagen aufgrund ihrer gewöhnlich weniger starken Bewaffnung als Transportpanzer bezeichnet - sie können aber je nach Modell mit entsprechender Bewaffnung und Ausstattung oftmals auch als Schützenpanzer eingesetzt werden.
In den späten 1950er Jahren kam der Gedanke auf, neben den Transportpanzern und Schützenpanzerwagen ein spezielles Panzerfahrzeug zu konstruieren, das als Bindeglied zwischen den bisherigen Transport- und Schützenpanzern dienen sollte. Dieses neue Panzerfahrzeug sollte eine schwerere Bewaffnung und Panzerung als bisherige Schützenpanzer besitzen, um so der Infanterie weit mehr Schlagkraft zu verleihen. Schon die Entwicklung des Kampfpanzers im 2. Weltkrieg hatte gezeigt, dass es sich im Gefecht zumeist als vorteilhaft erweist, wenn ein Panzerfahrzeug mehrere Aufgaben zugleich übernehmen und so flexibel auf verschiedene Situationen im Gefecht reagieren kann. Diese Erkenntnisse wurden nun auch auf die Entwicklung des Schützenpanzers übertragen. Ein solcher Schützenpanzer neueren Typs sollte neben dem Transport der Infanterie ebenfalls in der Lage sein, feindliche Kampfpanzer zu zerstören und den Bedarf der eigenen Infanterie an schwerem Unterstützungsfeuer zu decken.
Das erste Fahrzeug dieses neuen Konzeptes war der sowjetische BMP, der ab Anfang der 1960er Jahre erstmals gebaut und erprobt wurde. Die westlichen Mächte waren unangenehm überrascht, als dieser Schützenpanzer bei einer Militärparade im November 1967 auf dem Roten Platz in Moskau zum ersten Mal in der Öffentlichkeit erschien. Der BMP war als amphibisches Kettenfahrzeug mit einem sehr niedrig gehaltenen Profil ausgelegt. Die Bewaffnung bestand aus einer 73-mm-Glattrohrkanone und einer darüberliegenden Abschussvorrichtung für eine Panzerabwehrlenkwaffe (PAL) vom Typ 9M14 Maljutka. Seine sehr stark abgeschrägte Frontpanzerung bot Schutz gegen die schweren 12,7 mm MGs (Kaliber .50) der NATO, während seine Kanone für die Transportpanzer und die Rakete für die Kampfpanzer der NATO eine Bedrohung darstellte. Aufgrund dieser nicht eben leichten Bewaffnung hielten westliche Beobachter den BMP für ein weit stärker gepanzertes Kampffahrzeug, was sich jedoch schnell als Irrtum herausstellte, und der tatsächliche Einsatzzweck offensichtlich wurde. Der BMP vollzog damit eine Wende vom Schützenpanzerwagen zu einem speziellen gepanzerten Kampffahrzeug der Infanterie.
Ein weiteres dem BMP konzeptionell wie auch optisch ähnliches Fahrzeug dieser Art ist der ebenfalls sowjetische BMD, ein wesentlich kleinerer speziell für die Luftlandetruppen entwickelter amphibischer Schützenpanzer. Dieses Fahrzeug erschien im Jahre 1970 mit der gleichen 73-mm-Glattrohrkanone und konnte ebenfalls eine Panzerabwehrlenkwaffe vom Typ 9M14 Maljutka verschießen.
Seit der Einführung des bis heute immer wieder weiterentwickelten BMP (der in der ersten Ausführung als BMP-1 noch nicht voll überzeugen konnte) haben alle größeren und sogar einige der kleineren Armeen Schützenpanzer modernen Typs eingeführt bzw. teilweise selbst entwickelt und gebaut. Die Schützenpanzer haben sich ebenfalls als sehr vielseitig erwiesen. Nicht zuletzt wegen ihrer guten Mobilität entstanden (und entstehen) auf ihrer Basis zahlreiche Abarten, wie z.B. Flakpanzer, Jagdpanzer (mit Raketen), Beobachtungspanzer, Brückenlegepanzer, Sanitätspanzer und andere Spezial-Panzer.
Typen
Volksrepublik China
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Italien
- VCC-1 „Camillino“ (Weiterentwicklung des US-amerikanischen M113)
- Dardo
- Freccia (Radschützenpanzervariante des Centauro, Projektbez. Centauro VBC)
Österreich
Schweden
Schweiz
- CV90 „Schützenpanzer 2000“
- MOWAG Piranha „Schützenpanzer 93“ (8×8 Radpanzer – auch Transportpanzer) Achtli-acht
- M113 „Schützenpanzer 63/73“
Singapur
Südafrika
- Ratel (6x6 Radpanzer – auch Transportpanzer)
Südkorea
Sowjetunion/Russland
Spanien
- Pizarro („Ulan“ in Österreich)
USA
- M113 (eigentlich ein Transportpanzer)
- M2 Bradley
- Piranha (8×8 Radpanzer – auch Transportpanzer)
- Stryker (8×8 Radfahrzeug – auch Transportpanzer)
Siehe auch
Commons: Schützenpanzer – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
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