Pila Music

Pila Music

Pila Music GmbH war ein christlicher Musikverlag in Dettenhausen. Im Jahr 2003 wurden die Markenrechte aus der Insolvenzmasse herausgelöst und an den Verlag Wort im Bild übertragen.[1]

Geschichte

Die Anfänge des Verlags liegen nach Recherche Daniel Scheuflers beim Verlag Blue Rose, gegründet im Jahr 1977 von dem Schweden Nils Kjellström. Seine Kontakte zum Janz Team, später auch zum Evangeliumsrundfunk, erwiesen sich zunächst als tragfähig genug, um über sein Label Produktionen aus den USA vertreiben zu können. Die Gewinne daraus standen für Aufnahmen mit Künstlern wie zum Beispiel Arno & Andreas (siehe Arno und Andreas) zur Verfügung. Kjellström verkaufte den Verlag im Jahr 1980 an den nur zwei Jahre zuvor von Angelika (geb. Hänssler) und Volker Rittinghaus gegründeten Verlag Pila Music, der sich auf das Ende der 70er Jahre erwachte Interesse an Soul und Gospel Musik spezialisierte. Angelika studierte Germanistik und Musik, Volker Betriebswirtschaft und Theologie.[2]

Pila (lat. für: Wegweiser) übernahm von Kjellström das Importgeschäft und gliederte dessen wenige Eigenproduktionen an den familieneigenen Hänssler-Verlag aus. Während Hänssler überwiegend den Bereich der Gemeindemusik abdeckte (zeitgenössische Lobpreis- und Anbetungsmusik mit Tonträgern, Liederbüchern und Veranstaltungsmanagement), profilierte sich der Pila-Verlag im Bereich der Contemporary Christian Music, ein Segment, das zeitweise bis auf wenige Ausnahmen nahezu exklusiv von Pila im deutschsprachigen Raum bedient werden konnte. Den Vertrieb übernahm Hänssler für den eigenständigen Verlag.[2]

Die erste CD der ‚Collection‘-Reihe aus dem Jahr 1994, damals noch eine Promotion CD, die nicht verkauft wurde. Auf der CD selbst ist links neben den Verlagsdaten das alte Logo, die stilisierten Buchstaben „PM“ übereinander, erkennbar.

Im Jahr 1986 bezog der Verlag sein neues Vertriebszentrum in Dettenhausen bei Tübingen und investierte in seine Vertriebsstruktur und die später kritisierten Kundenbindungsprogramme, zu denen eine Zeitschrift, die mehrmals im Jahr erschienenen CDs „Reinhören Raussuchen“ und die PilaCard gehörten. Die CDs „Reinhören Raussuchen“ enthielten wie im Rundfunk moderierte Hörproben aktueller Titel. Die CDs waren im Abonnement zusammen mit der PilaCard erhältlich. Wer nichts bestellte, erhielt am Ende eines Quartals den Verlagsbestseller automatisch, ähnlich wie in säkularen Buchklubs. 1994 erschien erstmals die CD Collection 1, die zu Promotionzwecke und nicht an Endkunden verteilt wurde. Die CDs Reinhören Raussuchen sind bis etwa 1996 dokumentiert,[3] danach (möglicherweise auch früher parallel) wurden die Collection-CDs käuflich angeboten. Sie waren „voll ausgespielte ‚Reinhören Raussuchen‘-CDs sozusagen“,[4] zu günstigeren Preisen als die regulären Tonträger. Der Pappschuber enthielt neben Titel und Interpret jeweils auch die wichtigsten Informationen zu dem Tonträger, dem der Titel entnommen war.

Nun wurde auch wieder in den Aufbau deutscher Künstler im bereits etablierten CCM-Marktsegment investiert. Künstler wie Normal Generation? oder Ararat verdanken ihren deutschen Erfolg der Vermarktung durch Pila Music. Auch einige Künstler aus dem Bereich der freikirchlichen Gemeinden, von denen man sich offenbar das öffentliche Interesse über den kirchlichen Bereich hinaus erhoffte, wie Arne Kopfermann oder Jürgen Werth (zuerst Gerth Medien, dann Pila, später Hänssler- und ERF-Verlag) konnten für den Verlag gewonnen werden. Dieter Falk produzierte als Hausproduzent des Verlags über Pila seine eigenen Produktionen und nahm fast alle Pila-eigenen Produktionen auf, die er mit den Künstlern des Verlags produzierte. Über viele Jahre übernahm das Ehepaar Rittinghaus von der Büroarbeit bis hin zum Päckchenpacken und Verlagsreisen alle anfallenden Arbeiten selbst. Zwischen 1984 und 1997 wuchs der Mitarbeiterstab des Verlags auf rund 20 Mitarbeiter an. Pila Music gehörte nach Umsatz zu den großen Contemporary-Christian-Music-Verlagen in Europa.[2]

Der Niedergang des Unternehmens etwa um die Jahrtausendwende ist nach Auffassung von Scheufler wesentlich von einer zunehmenden Unzufriedenheit des Publikums bestimmt. In einigen veröffentlichten Rezensionen wurde die Musik kaum noch besprochen, sondern nur noch die Geschäftspraktiken des Pila-Verlags moniert, wie im folgenden Beispiel:

„Herbe Enttäuschung: Da wird einem als erstes weiß gemacht, dass ‚Ralph‘ genauso wie Brian Adams klingen würde. … Und ich dachte immer, die wollen christliche Musik fördern. … Ralph van Manen ist bereits seit über fünf Jahren hierzulande bekannt und hat auch schon viele Auftritte hier gehabt. Wozu dieser irreführende Namenswechsel durch Pila Music? Aber die dickste Überraschung kommt erst noch. Die Pila-Leute drehen uns hier das (komplett identische) 1998er Konzeptalbum ‚vessel of weakness‘ unter anderem Titel an und haben dazu noch zwei thematisch unpassende Songs draufgedrückt. … Das Original-Album erschien eben schon 1998 bei dem deutschen Vertrieb Asaph Musik … Und dann auch noch das zweitklassige Cover von Pila, nein, nein… (Im Werbeblättchen sogar noch … ein falsches abgedruckt!) Es ist für mich total frustrierend, zu sehen, wie hier einem bereits in den Markt eingeführten Künstler Steine in den Weg gelegt und wie Musikfans übers Ohr gehauen werden.“

David Decker für CCM-Rezis, August 2000. (Wiedergabe auch in der Diplomarbeit von Scheufler): ccmrezis.de/cds/v/rvm-ttl-pm.htm

Die letzten Tonträger des Verlags erschienen in eigener Verantwortung im Jahr 2001.[5] Im September 2002 stellte Hänssler den exklusiven Vertrieb von Pila-Tonträgern endgültig ein, das Unternehmen war bereits insolvent. Zunächst gab es einen Rettungsversuch: Asaph übernahm die komplette Logistik, Auslieferung und den Vertrieb für Pila Music, Kir Music und Jona.[2] Volker und Angelika Rittinghaus, inzwischen geschieden, nahmen keinen Einfluss mehr auf das Unternehmen.

Die Marke Pila heute

Das aktuelle Logo der Marke, wie sie der Verlag Wort im Bild verwendet

Im Jahr 2003 wurde das Markenrecht am Verlag aus der Insolvenzmasse herausgelöst und an den Verlag Wort im Bild veräußert. Dessen Geschäftsführer Christian Trebing erklärte, man habe „die Möglichkeiten im Printbereich … fast vollständig ausgeschöpft“ und wolle das Verlagsangebot mit einer Tonträgersparte ergänzen. Man beabsichtige die Fortführung der Marke im Non-Profit-Marketing mit missionarischem Hintergrund.[1] Wort im Bild vertreibt überwiegend die von Pila übernommenen Künstler wie z.B. Normal Generation? oder W4C. Probleme bei der Übernahme der Markenrechte gab es um 2003 mit Vertragskünstlern, deren Urheberrechte von der GEMA nicht anerkannt worden sind; belegt zumindest anhand der Band BAFF, die ihren Vertrag mit Pila kündigte.[6]

Durch einen Vertrag mit der Stiftung Christliche Medien (SCM) kann Wort im Bild dessen Vertriebswege nutzen, sowohl für die Tonträger ehemaliger als auch aktueller Künstler.[7]

Ende 2006 wurde die verlagseigene Zeitschrift eXact! eingestellt und Redakteur Volker Gruch, der von Pila Music übernommen wurde, entlassen. Nach Angabe von Scheufler habe es seitdem nur wenige hauseigene Produktionen gegeben, die zudem ein hausbackenenes Design aufweisen.

Einzelnachweise

  1. a b Christian Trebing von Wort im Bild. Interview beim christlichen Soundportal Sound 7. 17. September 2003
  2. a b c d Daniel Scheufler: Zur Entwicklung der populären geistlichen Musik in Deutschland zwischen 1980 und 2000. Diplomarbeit eingereicht und verteidigt an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden, eingereicht am 30. September 2007, Seiten 210 bis 214 (Online, PDF-Datei, 10,8 MB)
  3. Am 13. November 2011 trug die letzte hier gelistete CD den Titel 2/96.
  4. Sampler / Various „XXL Christmas“ (1996 Pila Music), David Decker für CCM-Rezis, Dezember 2001
  5. Verlagsdaten und Tonträgerverzeichnis bei rateyourmusic.com
  6. David Brunner: »Baff« und »Pila Music«. Bei Sound 7, 16. November 2003
  7. Suchergebnis nach „Pila“ beim SCM-Verlag

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