Psychologisches Immunsystem

Psychologisches Immunsystem

Das Psychologische Immunsystem bezeichnet eine Reihe von verzerrenden kognitiven Mechanismen, die einen Schutz vor der Erfahrung stark negativer Emotionen bewirken.[1][2] Die Funktion des Immunsystems basiert auf dem Ignorieren, Transformieren und Konstruieren von Informationen, die die Erträglichkeit des Status quo erhöhen und die Alternativen unattraktiver erscheinen lassen, als sie es tatsächlich sind.[3] Das Immunsystem arbeitet nahezu vollständig unbewusst. Der Begriff wurde von den Psychologen Daniel Gilbert und Timothy Wilson geprägt, indem sie das biologische Immunsystem als Metapher verwenden.[4]

Inhaltsverzeichnis

Mechanismen

Zu den Mechanismen des psychologischen Immunsystems gehören:[1][5]

  • Abwehrmechanismus
  • Rationalisierung
  • Reduktion der Kognitiven Dissonanz
  • Verstärkte emotionale Reaktion auf Stimuli (Hot cognition)
  • Selbstwertdienliche Verzerrung
  • Streben, die eigene Integrität zu erhalten (Self-affirmation)
  • Reduktion der Relevanz, Signifikanz, oder Wichtigkeit entgegengesetzter Fakten und Argumente (Self-deception)
  • Kultur als Schutzschild vor dem Tod (Terror Management)
  • Erinnerungen an unangenehme Ereignisse werden schneller vergessen (Fading affect bias)[6]

Affective forecasting

Das psychologische Immunsystem führt zu einer Schmälerung der Präzision von Vorhersagen über eigene Gefühlszustände. So überschätzen Menschen meist den Effekt eines zukünftigen negativen Ereignisses, zum Beispiel Tod einer nahestehenden Person oder Arbeitslosigkeit.[1][4]

Weblinks

Literatur

  • Susan T. Fiske: Social Beings: A Core Motives Approach to Social Psychology. Wiley 2004, ISBN 978-0-471-45151-8
  • Daniel T. Gilbert: Stumbling on happiness. Alfred A. Knopf 2006, ISBN 978-1-4000-7742-7
  • Timothy D. Wilson: Strangers to Ourselves: Discovering the Adaptive Unconscious. Belknap Press of Harvard University Press 2002, ISBN 0-674-01382-4

Einzelnachweise

  1. a b c Gilbert, D.T., Blumberg, S.J., Pinel, E.C., Wilson, T.D., and Wheatley, T.P, (1998) "Immune Neglect: A Source of Durability Bias in Affective Forecasting" Journal of Personality and Social Psychology, Vol 17, No. 3 pp. 617-638
  2. Daniel T. Gilbert, Jane E. J. Ebert: Decisions and Revisions: The Affective Forecasting of Changeable Outcomes. In: American Psychological Association (Hrsg.): Journal of Personality and Social Psychology. 82, Nr. 4, 2002, S. 503–514. doi:10.1037//0022-3514.82.4.503.
  3. Aaron C. Kay, Maria C. Jimenez, Joim T. Jost: Sour Grapes, Sweet Lemons, and the Anticipatory Rationalization of the Status Quo. In: Society for Personality and Social Psychology (Hrsg.): Personality and Social Psychology Bulletin. 28, Nr. 9, 2002, S. 1300-13 12.
  4. a b Jon Gertner: The Futile Pursuit of Happiness. In: New York Times, September 7, 2003. Abgerufen am 29. August 2009.  „Gilbert says. "We've used the metaphor of the 'psychological immune system' -- it's just a metaphor, but not a bad one for that system of defenses that helps you feel better when bad things happen."“ 
  5. Timothy D. Wilson, Daniel T. Gilbert: Affective Forecasting. In: Mark P. Zanna (Hrsg.): Advances in Experimental Social Psychology, 35, S. 380, Academic Press 2003, ISBN 978-0-12-015235-3
  6. W. Richard Walker, John J. Skowronski, Charles P. Thompson: Life Is Pleasant—and Memory Helps to Keep It That Way!. In: Educational Publishing Foundation (Hrsg.): Review of General Psychology. 7, Nr. 2, 2003, S. 203–210. Abgerufen am 27. August 2009.

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