Přibram (Meteorit)

Přibram (Meteorit)

Der Fall des Meteoriten Přibram ereignete sich am 7. April 1959 um 20:30:21 MEZ in der Nähe der Stadt Přibram in der damaligen Tschechoslowakei.

Vom ursprünglichen Meteoriten konnten vier Fragmente mit einer Gesamtmasse von ca. 5,5 Kilogramm geborgen werden. Přibram wurde als Gewöhnlicher Chondrit (Typ H5) klassifiziert, eine Gruppe von Steinmeteoriten. Er gilt als der erste Meteorit weltweit, der aufgrund simultaner fotografischer Aufzeichnungen aufgefunden werden konnte.

Inhaltsverzeichnis

Meteoritenfall und Aufzeichnung

Die Leuchtspur des Meteors innerhalb der Atmosphäre begann in einer Höhe von rund 98 Kilometern. Im unteren Bereich der Flugbahn (in ca. 44-13 Kilometer Höhe) lösten sich von dem Boliden eine Reihe von Bruchstücken (insg. etwa 17 Stück).[1]

Dem tschechoslowakischen Observatorium Ondřejov gelangen Aufzeichnungen des Falls mit mehreren, weiträumig auseinandergelegenen Kameras. Mit Hilfe dieser Stereoaufzeichnung (durch Triangulation) konnte die Flugbahn von Přibram recht exakt rekonstruiert werden. Mit der selben Technik sucht auch das Europäische Feuerkugelnetz u.a. in Deutschland seit den siebziger Jahren den Nachthimmel nach hellen Meteoren (sog. Feuerkugeln) ab.[2]

Analyse der heliozentrischen Umlaufbahn

Aus den Datenaufzeichnungen konnte die Umlaufbahn des Meteoroiden Přibram (European Network-Bezeichnung: EN070459) um die Sonne zurückberechnet werden. Erst 43 Jahre später sollte sich herausstellen, dass diese nahezu exakt mit der Bahn des Meteoroiden Neuschwanstein (EN060402) übereinstimmte, dessen Fall am 6. April 2002 in Bayern aufgezeichnet wurde. Es liegt daher nahe, dass beide Meteoriten vom gleichen Mutterkörper stammen könnten. Neuschwanstein ist jedoch ein sog. Enstatit-Chondrit (Typ EL6), eine äußerst seltene Gruppe von Steinmeteoriten. Přibram ist den Gewöhnlichen Chondriten (Typ H5) zuzuordnen. Ein Vergleich der kosmogenen Isotope der beiden Steine ergibt für Neuschwanstein ein Alter von 48 Millionen Jahre, für Přibram dagegen 12 Millionen Jahre.[3][4] Ein gemeinsamer Mutterkörper müsste also heterogener Natur sein. Es könnte sich dann allenfalls um einen nur von der Gravitation zusammengehaltenen „Schutthaufen“ (engl. Rubble pile) handeln, welcher durch eine Kollision mit einem weiteren Himmelskörper zersprengt wurde.[5][6]

Funde und Namensgebung

Nach dem Fall konnten insgesamt vier Fragmente geborgen werden. Sie erhielten jeweils die Namen der Ortschaften, nahe denen sie gefunden wurden: Luhy (4250 Gramm), Velká (772 Gramm), Hojšín (428 Gramm) und Dražkov (105 Gramm). Jedoch entschied man sich dafür, dem Meteoritenfall den Namen „Příbram“ zu geben, benannt nach dem berechneten Fallort der hypothetischen Hauptmasse des Meteoriten.[7]

Siehe auch

Liste der Meteoriten Deutschlands und weltweit

Literatur

  • Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Herausgeber: Dieter Heinlein, Augsburg 2004

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Z. Ceplecha: Multiple fall of Přibram meteorites photographed. 1. Double-station photographs of the fireball and their relations to the found meteorites in Bulletin of the Astronomical Institute of Czechoslovakia, vol. 12. S. 21–47 [1]
  2. Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Herausgeber: Dieter Heinlein, Augsburg 2004. S. 30 ff.
  3. Hans Zekl: Neuschwanstein und Příbram: zwei ungleiche Brüder, für astronews.com, 13. Mai 2003 Neuschwanstein und Příbram: zwei ungleiche Brüder
  4. Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Herausgeber: Dieter Heinlein, Augsburg 2004. S. 29 ff.
  5. P Spurný, J. Oberst, D. Heinlein: Photographic observations of Neuschwanstein, a second meteorite from the orbit of the Příbram chondrite in Nature, Vol. 423, No. 6936, Ausgabe 05/2003. S. 151–153 [2]
  6. Scheinverwandtschaft in der Asteroidenfamilie in MaxPlanckForschung, Ausgabe 4/2002 [3]
  7. Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Herausgeber: Dieter Heinlein, Augsburg 2004. S. 29 

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