Radium Girls

Radium Girls
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Die Radium Girls waren eine Gruppe von weiblichen Fabrikarbeitern, die sich durch ihre Arbeit eine Strahlenvergiftung zugezogen haben. Ihre Aufgabe war das Bemalen von Ziffernblättern von Uhren mit Leuchtfarbe für die United States Radium Corporation in Orange (New Jersey) ab dem Jahre 1917.

Die Frauen nahmen eine gefährliche Dosis Radium auf, weil sie ihre Pinsel anleckten, damit sie feine Linien ziehen konnten. Zudem bemalten sie ihre Fingernägel mit der Farbe. Viele erkrankten deswegen über die Jahre schwer. Zwar war die Schädlichkeit von Radium ursprünglich nicht bekannt, aber die auffällige Häufung von Erkrankungen wurde über Jahre hinweg ignoriert und sogar vertuscht.

Fünf dieser Frauen verklagten ihren Arbeitgeber. Der Prozess ist der Präzedenzfall für Arbeiter, die durch ihre Arbeit erkranken und ihren Arbeitgeber verklagen.

Inhaltsverzeichnis

U.S. Radium Corporation

Von 1917 bis 1926 betrieb die Firma eine Anlage zur Extraktion und Konzentration von Radium aus Carnotit. Damit wurde dann Leuchtfarbe produziert, die unter dem Namen Undark verkauft wurde. Zudem war die Firma ein wichtiger Produzent von Uhren mit Leuchtziffern für das Militär. Die Fabrik in New Jersey beschäftigte über Hundert Arbeiter, hauptsächlich Frauen, um Uhren und Instrumente zu bemalen.

Exposition

Frauen beim Bemalen von Uhren

Die Geschichte der Radium Girls ist ein wichtiger Punkt in der Entwicklung der Radiologie – insbesondere des Strahlenschutzes (health physics) – und der Arbeiterrechte. Die U.S. Radium Corporation heuerte zunächst etwa 70 Frauen an, um verschiedene Arbeiten zu verrichten, die den Kontakt mit dem Radium bedeuteten. Währenddessen vermieden die Besitzer und zuständigen Wissenschaftler – im Bewusstsein der Gefährlichkeit – jeden Kontakt zu den Substanzen. So benutzten die Chemiker Bleiabschirmungen und Masken zum Schutz.[1] Es wird geschätzt, dass etwa 4000 Arbeiter in Firmen in den USA und Kanada Uhren mit Leuchtfarbe bemalten.

Die Farbe war eine Mischung von Kleber, Wasser und Radiumpulver. Feine Kamelhaarpinsel wurden dann benutzt um die Ziffern auf die Uhren zu malen. Der Lohn betrug etwa 1,5 Penny pro Uhr, ein Arbeiter schaffte um die 250 Uhren am Tag. Die Pinsel verloren nach wenigen Strichen an Form, daher empfahlen die Vorarbeiter den Arbeitern, die Pinsel mit der Zunge wieder zu spitzen. Daneben spielten die Arbeiter mit der Farbe und bemalten sich Fingernägel, Zähne und Gesichter, zur Überraschung ihrer Lebensgefährten bei Nacht.

Strahlenkrankheit

Viele der Frauen erkrankten an Anämie, Knochenbrüchen und Nekrose des Kiefers, was später als Radiumkiefer bezeichnet wurde. Es wird angenommen, dass die Röntgengeräte der untersuchenden Ärzte zur weiteren Verschlimmerung beigetragen haben. Es stellte sich auch heraus, dass wenigstens eine der Untersuchungen ein Betrug war, der von den Verteidigern der Firma gestartet wurde.[1] U.S. Radium und andere Firmen verneinten jeden Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Arbeiter und dem Radium. Eine Zeit lang hielten die beteiligten Zahnärzte, Ärzte und andere Wissenschaftler auf Druck der Firmen ihre Daten zurück. Pathologen wurden unter Druck gesetzt, den Tod der Arbeiter auf andere Ursachen zurückzuführen; Syphilis war ein gern benutzter Versuch, gleich auch die Reputation der Frauen zu unterminieren.

Bedeutung

Die Geschichte unterscheidet sich von anderen derartigen Vorfällen durch eine intensive Beobachtung durch die Medien, die auch eine Verurteilung der Verantwortlichen bewirkte.

Grace Fryer war die erste Arbeiterin, die sich entschloss zu klagen, aber sie benötigte zwei Jahre, einen Anwalt zu finden, der bereit war, den Fall zu übernehmen. Letztlich waren fünf Arbeiter bereit zu klagen. Die Anschuldigungen und der Presserummel um diesen Fall führten zu dem Präzedenzfall und Verordnungen über Arbeitsplatzsicherheit, inklusive dem Terminus Nachgewiesenes Leiden (org.: provable suffering).

Auswirkungen

Mit diesem Fall wurde das Recht des einzelnen Arbeiters etabliert, die Firma zu verklagen, wenn die Arbeit einen krank macht. In Folge des Prozesses wurden die Sicherheitsstandards der Industrie erheblich verbessert.

Der Prozess endete im Frühjahr 1928 mit einem Vergleich. Jede der Radium Girls erhielt 10.000 US-$ (unter Berücksichtigung der Inflation entspricht dies heute 129.268 US-$[2], was nach aktuellem Wechselkurs 95.218 € entspricht) dazu kamen 600 $ pro Jahr, sowie alle Ausgaben für Ärzte und Anwälte.[3][4]

Wissenschaft

Im Jahre 1933 machte Robley D. Evans die ersten Messungen von Radon und Radium in den Ausscheidungen der Arbeiter. Am MIT sammelte er Daten von 27 Arbeitern. Diese Informationen waren 1941 die Grundlage für das National Bureau of Standards, die Grenzwerte für Radium festzulegen: 0.1 Mikrocurie (etwa: 3,7 Kilobecquerel).

1968 wurde das Center for Human Radiobiology am Argonne National Laboratory gegründet. Seine Aufgabe war in erster Linie die weitere medizinische Untersuchung der noch lebenden Arbeiter. Das Projekt sammelte alle verfügbaren Informationen und in einigen Fällen Gewebeproben der Arbeiter. Als das Projekt 1993 beendet wurde, hatte man detaillierte Informationen von 2403 Personen gesammelt. Die Proben werden im National Human Radiobiological Tissue Repository aufbewahrt.[5]

Ein Ergebnis war, dass man keine Symptome bei Arbeitern fand, die bis zur 1000-fachen Konzentration von Radium im Vergleich zu nicht exponierten Arbeitern haben. Das deutet auf einen Grenzwert für Radiumvergiftung hin.[6]

In Film und Literatur

Die Geschichte der Arbeiter wurde in dem Gedicht Radium Girls von Eleanor Swanson verarbeitet. Es ist auch in ihrer Sammlung A Thousand Bonds: Marie Curie and the Discovery of Radium von 2003 enthalten.

Der Autor D. W. Gregory erzählte die Geschichte der Radium Girls in seinem preisgekröntem Theaterstück Radium Girls. Es hatte im Jahr 2000 Premiere im Playwrights Theatre of New Jersey in Madison (New Jersey).

Es gibt eine ausführliche Beschreibung von Kurt Vonnegut in seinem Roman Jailbird.[7]

Die Dichterin Lavinia Greenlaw bearbeitete das Thema in ihrem Gedicht The Innocence of Radium (Night Photograph, 1994).

In dem Buch von Ross Mullner Deadly Glow: The Radium Dial Worker Tragedy werden viele Ereignisse um die Radium Girls aufgearbeitet.

Siehe auch

Literatur

Quellen

  1. a b A. Bellows: Undark and the Radium Girls. vom 26. November 2007
  2. Diese Zahl wurde mit der Vorlage:Inflation ermittelt und bezieht sich maximal auf das vergangene Kalenderjahr
  3. Bill Kovarik,The Radium Girls (Ursprünglich Kapitel 8 in Mass Media and Environmental Conflict) Digitalisat
  4. http://data.bls.gov/cgi-bin/cpicalc.pl
  5. National Human Radiobiological Tissue Repository
  6. Zur ausführlichen Darstellung der Gefährlichkeit von Radium für Menschen vgl. die Darstellung von Rowland, R. E.: Radium in Humans - A Review of U. S. Studies, Argonne (Illinois): Argonne National Laboratory, September 1994, S. 23 f.
  7. Amazon Online Reader

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