Ritterburg (Eckernförde)

Ritterburg (Eckernförde)
Die „Ritterburg“ von der Fußgängerzone aus gesehen
Erster bekannter Stadtplan Eckernfördes von Braun/Hogenberg, wahrscheinlich um 1620 mit Kenntlichmachung der „Ritterburg“

Die so genannte Ritterburg zu Eckernförde ist keine Ritterburg. Es handelt sich dabei um ein dreigeschossiges unter Denkmalschutz stehendes Geschäfts- und Wohnhaus mit Renaissancegiebel aus dem 15. oder 16. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Der Name Ritterburg

Zur Namensgebung wird in vielen Publikationen – auch von der Stadt Eckernförde[1] - in etwa der folgende Sachverhalt angegeben: Das Gebäude hätte seinen Namen von einem Gastwirt mit dem Namen Ritter erhalten, der in dem Gebäude im 19. Jahrhundert eine Gastwirtschaft führte. Im Gebäude selbst hätten nie Ritter gelebt – wie im 16. Jahrhundert üblich, sei es eines der Stadthäuser von Adligen gewesen, von denen aus sie Handel betrieben.

Diese Darstellung ist zumindest teilweise falsch: Im 16. Jahrhundert bewohnten das Gebäude die Ritter Rantzau – die Familie Rantzau wurde erst 1650 in den Adelsstand erhoben, davor waren die Rantzaus (nur) Ritter. Vom Ehepaar Paul und Beate Rantzau (geborene Sehestedt) ist aus dem 16. Jahrhundert bekannt, dass sie (mindestens) 15 Kinder hatten: neun Söhne und sechs Töchter[2] und dass sie auf Gut Ludwigsburg (damals: Kohøved genannt) in dieser Zeit die ehemalige Wasserburg durch den Neubau eines Herrenhauses ersetzen ließen. Fraglich ist deshalb, ob von der Ritterburg aus zu dieser Zeit überhaupt Handel betrieben werden sollte oder das Gebäude nur als Ausweichquartier diente.

Der These, dass der Gastwirt Claus Heinrich Ritter, der - aus der Maingegend kommend - in dem Gebäude seit 1825 eine Gastwirtschaft betrieb, der Namensgeber für die Bezeichnung als Ritterburg war, mangelt es am Nachweis dafür, dass diese Bezeichnung nicht auch schon zuvor (mal) geführt wurde. Eine andere Deutung des Namens ist die als „Haus der Ritterbürger“[3].

Geschichte

Das Haus entstand als gotisches Bauwerk spätestens in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in unmittelbarer Nähe des damaligen Stadttores und der Stadtmauer[4]. Es steht heute in der Hauptgeschäftsstraße Eckernfördes, der Kieler Straße (Nr. 48; Eckhaus zum Sauersgang). Seit 2004 ist an der Fassade wieder die Jahreszahl 1537 aufgetragen. Nach Karl Friedrich Schinkel sei das Haus aber rund 35 bis rund 50 Jahre früher errichtet worden[5]. Das Stadttor wenige Meter daneben ist in etwa zur selben Zeit entstanden. Die Rantzaus[6] ließen 1590 den ursprünglichen gotischen Staffelgiebel der „Ritterburg“ in einen Renaissancegiebel[7] umgestalten. Schon früh besaß das Gebäude ein angebautes Hinterhaus[8][9], das seit Rantzaus Zeiten bis zur Übernahme durch den Gastwirt Claus Heinrich Ritter 1825, der daraus eine Übernachtungsunterkunft machte, als Stall und Speicher diente. Das Hinterhaus musste Anfang der 1960er Jahre einem neuen Anbau weichen. Im 18. Jahrhundert waren die Bewohner der Ritterburg Branntweinbrenner.

In den letzten sieben Jahrzehnten beherbergte das Gebäude im Erdgeschoss unter anderem eine Schlachterei, ein Kleinkaufhaus, einen Supermarkt und dient heute einer Drogeriemarktkette als Laden. Die letzte Gastwirtschaft „Ritterburg“ bestand bis in die 1960er Jahre und befand sich im 1. Stockwerk [10].

Das Stadttor in unmittelbarer Nähe wurde um 1760 abgebaut; das alte Stadtschreiberhäuschen - zuletzt ein Fischgeschäft - wie ein zweites angrenzendes Gebäude mussten in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre für Straßenausbaumaßnahmen der Kieler Straße (zu diesem Zeitpunkt noch Hauptdurchgangsstraße der Innenstadt) Platz machen; rund 10 Jahre später wurde die Kieler Straße in eine Fußgängerzone umgewandelt.

Literatur

  • Karl Friedrich Schinkel: Eckernförde – ein Spaziergang durch die Stadtgeschichte. Verleger: Manfred Goos, Horn-Bad Meinberg, 2. Auflage 2002, Seiten 466 ff.

Siehe auch

Fußnoten

  1. siehe z.B. http://www.ostseebad-eckernfoerde.de/eckernfoerde-gestern-und-heute.html
  2. Kirchengestühl der Sankt Nicolai-Kirche Eckernförde, 1578: "Pawell Rantsov mit sinen negen Soins, Biate Rantsov mit errenn sos Doihters"
  3. etymologisch hat sich das Wort „Bürger“ aus dem Wort „Burg“ entwickelt, seit dem 12. Jahrhundert ist das Wort nicht nur für Burgbewohner, sondern auch für Stadtbewohner belegt
  4. siehe auch Stadtplan von Braun und Hogenberg um 1620
  5. Seite 466
  6. wahrscheinlich der schon erwähnte Ritter Paul Rantzau
  7. Foto unter http://www.zoonar.de/appgen/?cl=zoonar&cp=resource&cmd=show_picture&res_id=349168
  8. möglicherweise ist es gleichzeitig zum Bau des Vorderhauses entstanden
  9. siehe ebenfalls Stadtplan von Braun und Hogenberg
  10. siehe auch Fotos aus den Jahren 1935 und 1955 auf http://www.bildindex.de/obj20503016.html#%7Chome
54.4701388888899.8370277777778

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