- Riva Bluhm
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Riva Bluhm (* 27. Dezember 1916 in Newel/Weißrussland[1]; † 17. Juli 2010) war eine lettisch-deutsche Bibliothekarin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Im Sommer 1916 flüchteten Bluhms Eltern vor dem Ersten Weltkrieg aus Riga nach Newel/Weißrussland. Am 27. Dezember 1916 kam Riva Bluhm auf die Welt. Nach Kriegsende kehrte die Familie nach Riga zurück, das bald darauf, am 18. November 1918, die Hauptstadt des souveränen Staates Lettland wurde. Die Erinnerung Bluhms an ihre Kindheit sind wenig erfreulich. Der Vater schwer krank nach wiederholten Gehirnschlägen, die Mutter überfordert mit der Pflege des Kranken. Bluhm durfte nicht laut sein, war sich selbst viel überlassen. Mit acht Jahren kam sie in die Zweite Städtische Deutsche Grundschule. Mit 13 Jahren hat sie ihren ersten Job bekommen- täglich nach der Schule für drei Stunden einen Sechsjährigen geistig behinderten Jungen zu betreuen. Mit dem Jungen verstand sie sich hervorragend, brachte ihm sogar einige Buchstaben bei. Sie trat in die zionistische Schülerorganisation "ATIDA" ein. Nach der Grundschule, 1932, kam sie in das 3. Städtische Lettische Gymnasium. In Riga gab es auch ein deutsches Gymnasium. Jüdische Schüler wurden jedoch nicht aufgenommen. Nach Abschluss des lettischen Gymnasiums mit dem Reifezeugnis bekam Bluhm eine Arbeit als Gouvernante bei einer wohlhabenden jüdischen Familie.
Das wohl bedeutendste Erlebnis Bluhms Jugend war eine Reise nach Amerika, die sie im Frühjahr 1939 antrat, nachdem sie einen Brief von den Geschwistern ihrer Mutter aus den USA, mit einer Einladung und einer Schiffskarte nach New York bekam. Anfang Juni trat sie die Reise an, fuhr mit dem Zug nach Calais und von dort aus brachte sie ein kleines Schiff nach Liverpool. Den Sommer verbrachte sie in New York, bis sie am 26. August 1939 wieder nach Europa zurückkehrte, nachdem sie von der Machtergreifung Hitlers und deren Folgen in Kenntnis gesetzt worden war und so schnell wie möglich, trotz Warnungen ihrer Verwandten wieder nach Riga zu ihrer Mutter zurückkehren wollte.
Zwischen Herbst 1939 und Sommer 1940 arbeitete Bluhm bei der privaten lettischen Schmalspureisenbahn. Im Juni 1940 besetzte die Sowjetunion Lettland und bald wurde das Land als Teil der Sowjetrepublik annektiert. Am 21. Juni 1941 dehnte sich der 2. Weltkrieg auf die Sowjetunion aus. Unter der Sowjetregierung arbeitete Bluhm bei der Eisenbahnverwaltung, bei der man ihr eine Evakuierung nach Osten anbot. Am selben Abend wurde sie, zusammen mit ihrer Mutter, in Viehwaggons untergebracht, in denen sie in der Nacht des 23. Juni 1941 Riga verließ. Sie wurden nach Vjatka (damals Kirov) gebracht. Dort arbeitete Riva Bluhm als Schleiferin. Nach dreieinhalb Jahren wurde Lettland befreit und die Evakuierten kehrten zurück. Bluhm uchte sich eine neue Arbeit und bewarb sich bei der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften. Dort wurde sie angenommen, mit der Auflage ein Studium für Bibliothekswesen zu absolvieren. Diesen Posten versah sie 30 Jahre lang.
Zu Beginn der 1960er Jahre lernte sie ihren Mann, Wilhelm Bluhm, kennen. Sie verliebten sich und heirateten nach einigen Jahren des Zusammenseins.
Ende der 1970er Jahre unternahmen Bluhm und ihr Ehemann den Versuch, nach Deutschland auswandern zu dürfen. Der Grund dafür lag in der extrem biegsamen Auslegung der sowjetischen Gesetze, nach der Wilhelm Bluhm als politischer "Schwerverbrecher" galt und das Ehepaar immer um sein weiteres Schicksal bangen musste. Am 28.April 1979 verließen sie Riga. Ihr Weg führte über Wien nach Ingolstadt und von dort nach Nürnberg.
Dort wandte sie sich gleich an die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg und wurde Mitglied. Sie engagierte sich in starkem Maße für die aus den osteuropäischen Staaten stammenden Kontingentflüchtlinge, für die sie Deutschkurse und Nachhilfeunterricht organisierte. Bis 2002 war sie Stellvertreterin eines beratenden Mitgliedes des Jugendhilfeausschusses der Stadt Nürnberg und nahm bis 2004 an den Sitzungen des Sozialhilfeausschusses teil. Für die Israelitische Kultusgemeinde war sie als beratendes Mitglied bzw. hinzugezogene Sachverständige im Sozialausschuss des Bezirkstages von Mittelfranken vertreten.
Ehrungen
- 28. Dezember 2006: Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland
- Ehrenmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg
Literatur
- Pressemitteilung Nr. 421/06 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, gesichtet 24. Juli 2010
Quellen und Einzelnachweise
- Interview mit Rudi Ceslanski, 2.Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg
- ↑ Nürnberger Nachrichten, 11. Dezember 2004 (gesichtet 24. Juli 2010)
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