Rom Houben

Rom Houben

Rom Houben ist ein Belgier, der seit einem Autounfall im Jahr 1983 körperlich gelähmt ist. Sein Fall sorgte im November 2009 für Aufsehen, als publik wurde, dass Houben entgegen der ursprünglichen Diagnosen nicht im Wachkoma liegt, sondern allem Anschein nach in den 23 Jahren seit seinem Unfall bei vollem Bewusstsein war. 2006 diagnostizierte der belgische Neurologe Steven Laureys das Locked-In-Syndrom bei Houben. Houben sei nicht nur wahrnehmungsfähig, sondern auch in der Lage zu kommunizieren. Zahlreiche Medien zeigten Filmaufnahmen[1], in denen gezeigt wird, wie Houben mit Hilfe einer Assistentin ein Keyboard bedient.

Houbens Falls fand (noch ohne explizite Namensnennung) Eingang in eine Studie, über die Laureys erstmals im Juli 2009 in einer medizinischen Fachzeitschrift berichtete.[2] In dieser Studie stellte Laureys u.a. die Behauptung auf, dass über 40 Prozent aller Wachkomapatienten falsch diagnostiziert seien. Der belgische Arzt wurde daraufhin nach eigenen Angaben vom deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel kontaktiert, das über die Studie berichten, das Thema aber mit einem „menschlichen Fall“ illustrieren wollte.[3] Er habe daraufhin den Kontakt zu Houben und seiner Familie vermittelt. Die Berichterstattung des Spiegel[4] stieß auf große Echo bei internationalen Medien: Houbens Schicksal löste heftige Diskussionen über die Zuverlässigkeit neurologischer Diagnosemethoden, über angemesse Therapie- und Betreuungsformen und über Sterbehilfe aus.

Kontroverse

Schon rasch nach den ersten Berichten fanden sich zahlreiche Kritiker, die Zweifel an der Geschichte bzw. einzelnen Details anmeldeten.[5] Der Skeptiker James Randi unterstellt auf Basis der Filmaufnahmen, dass das Verfahren, mit dem Houben kommunizieren soll, ein Beispiel für die umstrittene Gestützte Kommunikation ist. Dieses Verfahren vermittle nur den Anschein, dass die kommunikationsbeeinträchtige Person kommuniziere, in Wahrheit kämen die Aussagen von der Hilfsperson. Randi nennt die Geschichte eine „grausame Farce“ und fordert einen eindeutigen Nachweis, dass es wirklich Houben sei, der kommuniziere, und nicht seine Assistentin.[6].

Der US-amerikanische Bioethiker Jacob Appel interpretiert den Fall als „Wunschdenken“ oder einen „grausamen und manipulativen Schwindel“, der von konservativen Kräften in PR-Kampagnen gegen das Recht auf Sterbehilfe eingesetzt werde.[7]

Der Bioethiker Arthur Caplan hält die Zitate, die Houben zugeschrieben werden, für unglaubwürdig: Die Klarheit der Aussagen sei schwer nachvollziehbar bei einem Menschen, der 23 Jahre lang nicht in der Lage gewesen sei, zu kommunizieren.[8]

Für Stephan Brandt, Neurologe an der Charité, ist der Fall „mehr als ungewöhnlich“; er hält es für „wahrscheinlich, dass er konstruiert ist“.[9]

Laureys hielt anfangs an der Richtigkeit seiner Diagnose fest. Der Times zufolge habe er außerdem das Kommunikationsverfahren überprüft, in dem er Houbens in Abwesenheit seiner Hilfsperson Dinge zeigte, an die dieser sich später habe erinnern können.[10] In einem Interview mit dem belgischen Standaard hat er dies jedoch inzwischen revidiert und betont, nichts mit der Wahl des Kommunikationsverfahrens zu tun zu haben. Er stehe der gestützten Kommunikation selbst skeptisch gegenüber, die zum Teil „zu Recht einen schlechten Ruf“ habe. Allerdings rügt er auch diejenigen Skeptiker, die das Verfahren „allein auf Basis einiger Videobilder“ kritisierten: „Wir wollen uns zu gegebener Zeit auf wissenschaftliche Weise mit den verschiedenen Kommunikationsformen auseinandersetzen. Das scheint uns der richtige Weg zu sein.“[11] Diese Überprüfung ist inzwischen erfolgt und ergab, dass die Hilfsperson die Mitteilungen tippte, nicht Houben. Daher muss nun, so Laureys, eine Kommunikation mit Houben mit anderen Verfahren gefunden werden.[12]

Einzelnachweise

  1. Beispiel für Filmaufnahmen vom Sender MSNBC
  2. Caroline Schnakers, Audrey Vanhaudenhuyse, Joseph Giacino, Manfredi Ventura, Melanie Boly, Steve Majerus, Gustave Moonen, Steven Laureys: Diagnostic accuracy of the vegetative and minimally conscious state: Clinical consensus versus standardized neurobehavioral assessment. In: BMC Neurology. 9, 2009, S. 35. doi:10.1186/1471-2377-9-35.
  3. De Standaard: 'Rom is geen circusnummer'
  4. Manfred Dworschak: "Meine zweite Geburt" in: Der Spiegel 48/2009 (23. November 2009), pp. 134-137
  5. Scienceblogs: Stimmt was nicht an Rom Houbens Komageschichte?
  6. James Randi: This Cruel Farce has to stop
  7. Huffington Post: The Rom Houben Tragedy and the Case for Active Euthanasia
  8. Wired: Reborn Coma Man’s Words May Be Bogus
  9. Die Welt: Mediziner bezweifeln, dass Rom Houben kommuniziert
  10. The Times: Mystery as coma survivor Rom Houben finds voice at his fingertips
  11. De Standaard, a.a.O.
  12. "Kritische Betrachtung: "Rettung für die Verschütteten", Spiegel Online 13.Februar 2010

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