Rothesteinhöhle

Rothesteinhöhle
Rothesteinhöhle
Lage: Weserbergland
Höhe: 340 m ü. NN
Geographische Lage: 51° 56′ 47,1″ N, 9° 39′ 40,7″ O51.9464166666679.6613055555555340Koordinaten: 51° 56′ 47,1″ N, 9° 39′ 40,7″ O
Rothesteinhöhle (Niedersachsen)
Rothesteinhöhle

Die Rothesteinhöhle liegt im Ith, einem bis zu 439 m hohen Bergrücken des Weserberglandes. Der Ith erstreckt sich auf einer Länge von etwa 20 km zwischen Holzen und Coppenbrügge in Niedersachsen. Unterhalb seines Kammes ragen stark zerklüftete Dolomitklippen (Korallenoolith der Oberjurazeit) auf. Nahe dem südöstlichen Ende des Iths, nordwestlich von Holzen befinden sich sechs Höhlen, von denen die Rothesteinhöhle archäologisch interessant ist.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung der Höhle

Ein schmaler Felsspalt bildet den Eingang. Dahinter führt ein schmaler etwa 20 m langer Gang in den Fels. Am Ende geht rechts, rechtwinklig abknickend der hohe, relativ enge und 40 m lange so genannte Wollemann-Gang, ab, der tiefer als der Eingang liegt und über einen treppenförmigen Absatz erreichbar ist. An einigen Stellen weist der Gang Verbreiterungen auf. An einer anderen Stelle geht eine nach unten enger werdende Felsspalte etwa 20 m in die Tiefe. In der Nähe des Treppenabsatzes öffnet sich ein schmaler Schlupf (der „von Hase-Gang“), der früher möglicherweise eine Verbindung zu einem zweiten Zugang unterhalb des Höhlenvorplatzes hatte.

Funde

Durch verschiedene Funde wurde der Geschichtsverein in Wolfenbüttel auf die Höhle aufmerksam und beauftragte den Studenten A. Wollemann mit einer systematischen Untersuchung, die dieser im Jahre 1883 vornahm. Er stieß auf eine Kulturschicht, innerhalb derer er vier maßgebliche Fundstellen ausmachte. Hier lagen Gefäßscherben und neben einigen Tierknochen stieß er auf zahlreiche Menschenknochen, die in vielen Fällen versengt zu sein schienen. Lediglich die kleineren Knochen waren intakt. Mark einschließende Röhrenknochen waren jedoch in fast allen Fällen aufgeschlagen. An drei Stellen konnten Geräte aus Bronze und Knochen geborgen werden. Insgesamt fand er eine Knochennadel und einen Knochenpfriem, ein Randleistenbeil mit abgebrochener Schneide, zwei Dolchklingen und eine Drahtspirale, alle aus Bronze.

In den folgenden Jahrzehnten kam es zu Erforschungen und Raubgrabungen, die allem Anschein nach Wollemanns Untersuchungen in der Höhle bestätigten. Darüber liegen allenfalls fragmentarische Berichte vor. Das Material einer Grabung von 1909 umfasst mittelalterliche Keramik, Tier- und Menschenknochen sowie einen Bronzering. 1934 fand man einen Bronzepfriem mit Knochenschäftung. In den Jahren 1951–54 kamen wieder zahlreiche Tier- und Menschenknochen, urgeschichtliche und neuzeitliche Keramikscherben sowie ein Knochenpfriem zutage.

von Hase-Gang

1953 vermeldete der Schüler F. W. v. Hase neue Untersuchungsergebnisse. Von Hase wurde in der Nähe des treppenförmigen Absatzes fündig. Seitlich vom Eingang zum Wollemann-Gang entdeckte er eine kleine, niedrige Höhlenkammer, die mit Steinen gefüllt war. Bei der Ausräumung kamen an einer großen Steinplatte Fundstücke zutage. Zwei Dolchklingen, ein Pfriem mit teilweise erhaltenem Knochengriff, kleine Ringe und ein Blechfragment, alles aus Bronze, sowie ein kleiner Knochenpfriem. Zusammen mit ihnen barg er einige menschliche Fingerknochen. Später zusammengesetzte Knochenstücke gehörten zum Fragment eines Tierschädels. Im Bereich des v. Hase-Ganges barg Klaus Grote in den Jahren 1963/64 eisenzeitliche Keramik und eine eiserne Schwanenhalsnadel.

Datierung

Das Gros des Fundmaterials der Grabungen von 1883 und 1953 kann der bronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur zugeordnet werden. Weiteres Fundmaterial zeigt, dass die Höhle auch später gelegentlich von Menschen aufgesucht wurde. Belege dafür sind die eisenzeitlichen Funde der Grabung Grote und die bei verschiedenen Gelegenheiten geborgene mittelalterliche und neuzeitliche Keramik.

Deutung

Bereits Wollemann hatte 1883 die Möglichkeit von Opferhandlungen und Anthropophagie in der Höhle angenommen. Solche Deutungen werden bis heute nur sehr zaudernd aufgenommen. Eine anthropologische Untersuchung der erhaltenen Knochenfunde, durch M. Schultz erbrachten Spuren von Gewalteinwirkung an zwei Schädeln und deutliche Schnittspuren an einer menschlichen Rippe. Eine Interpretation der Rothesteinhöhle als bronzezeitliche Kulthöhle mit Hinweisen auf Menschenopfer und Anthropophagie kann als zutreffend angesehen werden. Ein dauerndes Bewohnen von Höhlen gilt aufgrund der feuchten, beengten Verhältnisse als undenkbar. Man sieht in der Rothesteinhöhle eine Stätte, die in der frühen Bronzezeit für kultische Zwecke aufgesucht wurde. Entsprechende Erkenntnisse liegen auch aus anderen Höhlen vor (Kyffhäuser, Lichtensteinhöhle).

Höhlen in der Nähe

Auch die südöstlich der Rothesteinhöhle gelegene Gruppe von vier Höhlen wurde in der Vorzeit von Menschen aufgesucht, wie durch die Grabungen des Hildesheimer Apothekers Jolsting im Jahre 1911 offenbar wurde. Eine kultische Funktion, vergleichbar der Rothesteinhöhle, hatte die Nasensteinhöhle, wo menschliches Knochenmaterial geborgen wurde, das sich in die ausgehende Jungsteinzeit und die beginnende Bronzezeit datieren lässt. Zur selben Zeit scheinen auch die Kinderhöhle, die Soldatenhöhle und die Töpferhöhle, die mit der Nasensteinhöhle durch einen Kriechgang verbunden ist, aufgesucht worden zu sein. Die Töpferhöhle diente aber allem Anschein nach in der vorrömischen Eisenzeit einem Töpfer als Werkstatt. Nur aus der nordwestlich der Rothesteinhöhle gelegenen Bärenhöhle gibt es bisher keine Hinweise auf eine Nutzung durch den urgeschichtlichen Menschen.

Literatur

  • Michael Geschwinde: Höhlen im Ith. Urgeschichtliche Opferstätten im südniedersächsischen Bergland. Lax, Hildesheim 1988, ISBN 3-7848-1233-3 (Veröffentlichungen der urgeschichtlichen Sammlungen des Landesmuseums zu Hannover 33).
  • Friedrich Laux: Die „Rothesteinhöhle“ bei Holzen, Ldkr. Holzminden. Ralf Busch (Hrsg.): Opferplatz und Heiligtum, Kult der Vorzeit in Norddeutschland. Wachholtz, Neumünster 2000, ISBN 3-529-02010-9, S. 50–53 (Veröffentlichungen des Hamburger Museums für Archäologie und die Geschichte Harburgs – Helms-Museum 86).

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