Sacramentorum sanctitatis tutela

Sacramentorum sanctitatis tutela

Sacramentorum sanctitatis tutela ist der Titel eines Motu Proprio, das Papst Johannes Paul II. am 30. April 2001 unterzeichnete. Es löste definitiv die Bestimmungen von Crimen sollicitationis aus dem Jahre 1922 bzw. 1962 ab und gilt als Anweisung an alle Bischöfe und ihnen gleichgestellten Hierarchen der Katholischen Kirche, eine weitergehende kirchenstrafrechtliche Klärung von Fällen sexuellen Missbrauchs in der römisch-katholischen Kirche und von anderen genau definierten schwerwiegenderen Straftaten gegen den Glauben oder die Feier der Sakramente dem Vatikan und dort dem päpstlichen Dikasterium der Glaubenskongregation als einem eigenen Apostolischen Gerichtshof zu überlassen. Die zentrale Meldung dient der Verhinderung von Vertuschung an einem bestimmten Ort, und gleichzeitig wurde in den angefügten Normen die kirchenstrafrechtliche Verjährung auf 10 Jahre erhöht (seit 21. Mai 2010 gelten 20 Jahre), wobei diese bei Minderjährigen erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu laufen beginnt. Jeder Ordinarius kann die Glaubenskongregation auch um Dispens der Verjährung bitten, damit Täter noch länger eine Kirchenstrafe erhalten können.

Die Initiative Kirche von unten kritisierte 2003, der Vatikan „hintergeht durch seine Verschwiegenheitsklausel die Regulierungen zur Anzeige nach Artikel 44 der Konvention, er verletzt gesetzesmäßige Anstrengungen zur Einhaltung der Konvention anderer Unterzeichnerstaaten wie Deutschland, er veranlasst zu Gunsten seiner eigenen neuen geheimen Vorgehensweise die Umgehung ihrer Gesetze“.[1] Darauf antwortete im Zuge der allgemeinen Missbrauchsdiskussion in Deutschland der Kirchenrechtler Alexander Pytlik 2010, dass die Initiative eine schwere Ebenenverwechslung begehe und einen direkten Einfluss des katholischen Kirchenrechtes auf staatliche und überstaatliche Gesetzeswerke behaupte: „Auch wenn die von der Kongregation für die Glaubenslehre geregelten einzelnen Strafverfahren der traditionellen päpstlichen Geheimhaltung unterliegen, sind Medien und Interessierte in keiner Weise gehindert, öffentlich aufliegenden Informationen und Spuren nachzugehen und diese auch zu kommentieren. Zudem kann die Geheimhaltung unter Umständen auch ein gewünschter Schutz einzelner Opfer sexuellen Mißbrauchs sein“.[2] Das Geheimnis verpflichtet daher in erster Linie das Gerichtspersonal.

Am 18. Mai 2001 folgte dann das Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre Ad exsequendam bzw. De delictis gravioribus zur Information aller regierenden Bischöfe und Ordinarien sämtlicher Riten innerhalb der Katholischen Kirche über die neuen Normen zum Schutz der Sakramente. Es handelt sich bei dieser innerkatholischen Gesetzesverschärfung somit um kein "Geheimschreiben" oder "Geheimdokument". Streng zu unterscheiden von dieser kirchenrechtlichen Weisung ist somit die jeweilige Meldung an die Staatsanwaltschaft, die weder von den alten Normen gemäß Crimen sollicitationis noch von den neuen Normen auf Basis des Motu proprio "Sacramentorum sanctitatis tutela" betroffen oder behindert war und ist, ausgenommen alles, was unter das Beichtgeheimnis fiele. Der vatikanische Leitfaden sieht vor, dass die nationalen Gesetze zur Anzeigepflicht befolgt werden, und zwar nicht erst nach einem kirchenrechtlichen Strafverfahren. Fällt auf Bischöfe selbst ein begründeter Verdacht, liegt die Entscheidung über eine Anzeige bei staatlichen Behörden einzig und allein beim Papst bzw. bei der römischen Kongregation für die Bischöfe. Bei innerkirchlichen Anzeigen gegen Priester betreffend den Missbrauch des Beichtsakramentes darf den angezeigten Priestern der Name des Anzeigenden nur mit dessen Einverständnis mitgeteilt werden.

Am 15. Juli 2010 gab der Heilige Stuhl eine Aktualisierung der von "Sacramentroum sanctitatis tutela" 2001 angeordneten universalkirchenrechtlichen Normen bei schwerwiegenderen Straftaten bekannt, die Papst Benedikt XVI. am 21. Mai 2010 angeordnet hatte, um aus der Erfahrung der letzten Jahre, der jüngsten Diskussion und zur Bestätigung verschiedener gegen Missbrauch in der Zwischenzeit gewährter päpstlicher Vollmachten eine systematische Zusammenschau und durch die erstmals vollständige Publikation derselben ergänzten Normen eine höhere Rechtssicherheit zu erreichen.

Einzelnachweise

  1. Verena Mosen: Römisch-katholische Kirche und Kinderrechtskonvention in der Bundesrepublik Deutschland. Ein NRO-Bericht über die Behinderung der Konvention durch das katholische Kirchenrecht am Beispiel sexuellen Missbrauchs. September 2003 (online)
  2. Alexander Pytlik: Unsachgemäße Vorwürfe 10. Februar 2010 (kath.net)

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