Schulersatzprojekt

Schulersatzprojekt

Bei einem Schulersatzprojekt (auch schulersetzendes Projekt oder "Ergänzungsschule") handelt es sich in der Regel um eine besondere Einrichtung zur Beschulung besonderer Kinder und Jugendlicher in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Schon immer, seit dem Auf- und Ausbau der allgemeinen Schulbildungstätten, war es nötig und üblich, in Ballungsräumen oder Großstädten das Angebot an schulischen Einrichtungen über die üblichen Arten hinaus zu differenzieren. In einer Population von sagen wir 200.000 Menschen passen einige junge Menschen gar nicht in das Regelschulsystem, so dass es sich neben der inhaltlichen Herausforderung auch quantitativ lohnt, trotz der Maßgabe 'Inklusive Pädagogik' zusätzliche Sonderinstitutionen bereitzustellen. Das deutsche bildungssystem, um das es zu diesem Terminus im Hintergrund geht, ist föderal gegliedert und obliegt rechtlich und konzeptionell dem jeweiligen Länder-Kultusministerium. Im Folgenden wird auf Berliner Rechtsvorgaben und Projekte abgehoben, solange nicht Autoren aus anderen Bundesländern entsprechend ergänzen.

Rechtslage

Solche Schulen werden von Freien Trägern bzw. Freien Trägern der Jugendhilfe betrieben. Die Eltern haben keinen unmittelbaren Rechtsanspruch, ihre Kinder können also nicht ohne Weiteres die Schule besuchen, ohne die Kosten privat zu tragen. Entweder beteiligen sie sich an den Kosten der Ersatzschule oder sie erhalten aufgrund eines Antrags auf Erzieherische Hilfe gem. § 27ff SGB VIII eine Jugendamtsleistung, die die Kosten für die alternative Schule, das Ersatzprojekt übernimmt. Von schulergänzendem Angebot wird hingegen gesprochen, wenn die besondere Schule nicht die allgemeinen Curricula im Regelschulbereich abzudecken versucht, sondern Schulpflichtangebote und klassische Oberstufenangebote ergänzt.

Das Schulgesetz für Berlin (Stand Juni 2010) beschreibt solche Schuleinrichtungen grundsätzlich in seinen §§ 94-104.

Gesundheitswesen

Im Feld der Gesundheitsversorgung, in Kliniken und psychiatrischen Stationen z.B. entstand zwangsläufig die Frage, was in der Zeit der stationären Unterbringung mit schulpflichtigen Minderjährigen zu geschehen habe. So entstanden Klinikschulen als Schulersatzprojekte, eine Kooperation der Schulverwaltung und -Aufsicht mit den Gesundheitsverwaltungen. Die Kinder besuchen diese Einrichtungen für die Zeit ihres Aufenthalts zur körperlich oder psychischen Gesundung; eine Differenzierung der Kinder nach Leistung oder Problematik ist dann innen kaum weiter möglich, ggf. wird Einzelunterricht gewährt. Die Lehrkräfte besitzen die staatlichen Examina.

Justiz

Wird ein Jugendlicher in Jugendstrafe untergebracht - und das ist laut JGG immer mindestens ein halbes Jahr lang - muss die Beschulung in dem geschlossenen Haus in einem Ersatzprojekt stattfinden, für deren Kosten die Justiz mit aufkommt.

Schule

Die Zuständigkeit des Schulwesens für die Einrichtung, inhaltliche und curriculare Führung sowie Personalversorgung ist unbestritten. Deshalb gibt es auch am Rand der Regelschulen besondere und ganz besondere Einrichtungen, die von Schule getragen und finanziert werden. Unter Regelschulen verstehen wir Grundschulen, Gemeinschaftsschulen, Gesamtschulen, Realschulen, Sekundarschulen, Regionalschulen, Förderzentren und Gymnasien bis zum 9. bzw. 10. Schuljahr, je nach Schulpflichtdauer des einzelnen Bundeslandes. Daneben stehen in der Regel auch Sonderschulen (für Lernbehinderte u.a.) Geistig-Behinderten-Schulen (durch die UN-Inklusionsvorgaben aus 2006 infrage gestellt) und (heilpädagogische) Heimschulen, also Internate. Auch Berufsschulen übernehmen noch häufig Aufgaben der Regelschule, wenn die Schulpflicht z.B. 11 Jahre beträgt. Außerhalb dieser Schultypen befinden sich die Ersatzschulen, Ergänzungsschulen und Schulersatzprojekte. Weil "Schule" nach eignem Verständnis schon praktisch alles, was nötig sein könnte, abdeckt, verweist sie bei der Finanzierungsfrage von darüber hinausgehenden Projekten an die Jugendhilfe. Ergänzungsschulen sind in der Regel in der Hand Freier Träger. Fast alle besitzen eine staatliche Anerkennung als Ergänzungsschule.

Jugendhilfe

Seit 1990/91 besitzt Deutschland ein entwickleltes Gesetz zur Förderung von Kindern, Jugendlichen, jungen Volljährigen, Familien und Eltern - das SGB VIII -, das in seinen §§ 27-41 auch Hilfen zur Erziehung verspricht, die kaum genormt sind. Laut § 27 haben Eltern bei Bedarf einen Anspruch. Dabei kann es sich um Heimeinrichtungen oder teilstationäre bzw. -Gruppenangebote handeln, die eine Beschulung überwiegend oder teilweise mit vorsehen. Es kann sich auch um "lerntherapeutische" Einrichtungen handeln, Schwerpunkte liegen nicht selten im Bereich der sozial-emotionalen Auffälligkeiten und Störungen. Eltern, die im Feld der öffentlichen oder privaten Regelschulen nichts für ihr Kind Geeignetes vorfinden, können mithilfe des Jugendamts prüfen, ob örtlich brauchbare Schulersatzprojekte angesiedelt sind und ob über Leistungsvereinbarungen mit der Jugendhilfe der Kommune kostensatzfinanzierte schulische Hilfen bereitstehen. Es ist hilfreich, vor der Beantragung nach gutachterlichen Stellungnahmen Ausschau zu halten, die z.B. von Schulpsychologischen Diensten, Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten oder Erziehungs- und Familienberatungsstellen kostenlos ausgestellt werden.

Konzeptionen

Es gibt etwa so viele Konzeptionen wie Träger und Einrichtungen, da diese Projekte tatsächlich individuell an die örtlichen Bedingungen anknüpfen und an den je eigenen personellen, räumlichen und vom theoretischen Hintergrund her fachlichen Möglichkeiten des in der Regel gemeinnützigen Trägers. Die folgende Liste von Einrichtungen in Deutschland beginnt mit Berlin und ist noch absolut unvollständig.

siehe auch

Karlheinz Thimm

Literatur

Schulersatzprojekte -Beispiele-


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