Sozialdemokratische Partei Niederösterreich (SPÖ NÖ)

Sozialdemokratische Partei Niederösterreich (SPÖ NÖ)

Die Sozialdemokratische Partei Niederösterreich (SPÖ NÖ) ist eine der neun Landesorganisationen der Sozialdemokratischen Partei Österreich (SPÖ).

Die Sozialdemokratische Partei Niederösterreich gilt als die mitgliederstärkste Landesorganisation und bringt bei Wahlauseinandersetzungen auf Bundesebene die meisten Stimmen für die Bundespartei ein. Die Geschichte der Österreichischen Sozialdemokratie ist mit Niederösterreich auf das Engste verbunden. So fand der Einigungsparteitag um die Jahreswende 1888/1889 in Hainfeld statt, der als die eigentliche Geburtsstunde der Partei gilt. Des Weiteren stammen viele bekannte Persönlichkeiten der österreichischen Sozialdemokratie, wie etwa Karl Renner, Oskar Helmer, Bruno Kreisky oder Alfred Gusenbauer aus Niederösterreich.

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Die SPÖ Niederösterreich hat ihren Sitz im so genannten „Niederösterreich-Haus“ in St. Pölten. Neben der SPÖ Landesgeschäftsstelle befinden sich dort auch die Büros einiger Vorfeld- und Nebenorganisationen, wie die der Kinderfreunde, der Sozialistischen Jugend oder der Mietervereinigung.

Die SPÖ Niederösterreich verfügt darüber hinaus über 23 Bezirksgeschäftsstellen, welche wiederum von BezirksgeschäftsführerInnen geleitet werden. Sie unterstützen die politische Arbeit vor Ort und agieren als Bindeglied zwischen den ParteifunktionärInnen in den Gemeinden und Städten und der Landesgeschäftsstelle.

Die Arbeit der Landesgeschäftsstelle erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den BezirksgeschäftsführerInnen, dem sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverband, den Vorfeld- und Nebenorganisationen, dem sozialdemokratischen Landtagsklub und den sozialdemokratisch geführten Regierungsbüros.

Geschichte

1918 bis 1934: Die erste Republik

Mit dem Niedergang der Habsburgmonarchie 1918 wurde aus dem „Erzherzogtum Österreich unter der Enns“ das Bundesland Niederösterreich zudem auch die Stadt Wien gehörte. Am 5. November wurde die provisorische Landesversammlung Niederösterreichs gebildet, in der die Sozialdemokratie, die damals noch sozialdemokratische Arbeiterpartei genannt wurde, drei Landesräte und mit Albert Sever auch über einen Landehauptmannstellvertreter verfügte. Am 4. Mai 1919 kam es zu den ersten freien Wahlen, bei denen die SDAP zur stärksten Kraft wurde und die absolute Mehrheit erringen konnte. Albert Sever wurde daraufhin zum Landeshauptmann gewählt und hatte dieses Amt vom 20. Mai 1919 bis in den November 1920 inne . Nach der Abtrennung Wiens von Niederösterreich, die vor allem auf Druck der Christlich sozialen Partei (CSP) betrieben wurde, wurde die SDAP zur zweitstärksten Kraft in Niederösterreich. Zwischen 1921 und 1927 kam mit Franz Christoph einer der beiden Landehauptmannstellvertreter aus ihren Reihen. Danach bekleidete dieses Amt Oskar Helmer bis in das Jahr 1934. Neben ihm zählten Karl Renner und Anton Ofenböck zu den einflussreichsten Personen der Partei.

Am 4. März 1933 kam es zur Ausschaltung des Parlaments durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und der CSP. Der seit den 1920er Jahren schwelende Konflikt zwischen der Sozialdemokraten und den Christlich-Sozialen spitzte sich weiter zu. Die SDAP blieb in Niederösterreich weiterhin konsensbereit und versuchte die Wogen zu glätten und gemeinsam mit den Christlich-Sozialen gegen die stärker werdenden Nationalsozialisten aufzutreten. Im Februar des Jahres 1934 kam es jedoch zur Eskalation und es folgte ein Bürgerkrieg. In Niederösterreich wurde der bewaffnete Aufstand der Arbeiterschaft seitens der Parteiführung gegen das Dollfuß-Regime nicht unterstützt. Letztendlich wurden die Aufstände niedergeschlagen und es entstand

1934 bis 1945: Die faschistischen Diktaturen

Mit dem Verbot der Arbeiterbewegung und der damit verbundenen Auflösung der SDAP erloschen auch die Mandate der sozialdemokratischen Abgeordneten im niederösterreichischen Landtag. Ebenso wurden die sozialdemokratischen Gemeindevertretungen ihres Amtes enthoben und seitens der Landesregierung provisorisch nachbesetzt. Auch in Niederösterreich schlossen sich Funktionäre und Mitglieder der SDAP bzw. Teile ihrer Vorfeld- und Nebenorganisationen zusammen und waren im Untergrund aktiv. Die größte und bedeutendste Gruppierung waren die „Revolutionären Sozialisten“ (RS), die auch in Niederösterreich über Organisationsstrukturen, unter anderem in St. Pölten, Schwechat, Wiender Neustadt, Neunkrichen, Ternitz, Berndorf und Hirtenberg, verfügten. Auch nach dem Anschluss der Republik Österreich an Nazi-Deutschland blieben die RS weiterhin im Untergrund aktiv. Durch die weitaus höhere Intensität des Terrors und der Überwachung in der NS-Zeit wurde die Arbeit für die illegalen revolutionären Sozialisten jedoch schwieriger.

1945 bis heute: Die zweite Republik

1945 bis 1966

Am 14. April 1945 gründeten ehemalige Funktionäre der SDAP und Vertreter der RS in Wien die „Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten)“ (SPÖ). Am 22. Mai 1945 fand die erste Sitzung der SPÖ Niederösterreich statt, zu deren Vorsitz wie zuvor in der ersten Republik Oskar-Helmer gewählt wurde. Helmer blieb deren Vorsitzender bis ins Jahr 1956. Die Landtagswahlen im November des Jahrs 1945 brachten eine absolute Mehrheit für die ÖVP, die mit Josef Reither den Landeshauptmann stellte. Oskar Helmer war bis Dezember 1945 Landeshauptmannstellvertreter, danach folgte ihm Franz Popp in dieser Funktion nach.

Im September 1954 kam es zu Rückgemeindungen von Wien nach Niederösterreich, von der 80 Randgemeinden betroffen waren. Daraufhin wurden die Bezirke Mödling und Wien-Umgebung neu gebildet. Bei der Landtagswahl im darauf folgenden Oktober waren diese Verschiebungen zu spüren. Die ÖVP verlor nach der Wahl 1949 erneut ein Mandat. Die Sitzverteilung im niederösterreichischen Landtag sah nun wie folgt aus: ÖVP 30, SPÖ 23 und KPÖ 3. Im Juni des Jahres 1956 übernahm Popp auch den Landesparteivorsitz der SPÖ NÖ. In seiner Zeit als Landesparteichef war nur eine Landtagswahl zu schlagen und zwar jene im Jahr 1959. Bei dieser konnte die SPÖ den Abstand zur ÖVP wieder um ein Mandat verringern. Zu erwähnen ist auch, dass die KPÖ nicht mehr Teil des Landtages war und sich dadurch mit SPÖ und ÖVP nur noch zwei Parteien im Landesparlament befanden. Ein Jahr darauf beendete Landeshauptmannstellvertreter Popp seine politische Laufbahn und gab sein Landesregierungsmandat und auch den Landeparteivorsitz ab. Bei der Nachbesetzung kam es zu einer personellen Trennung der beiden Ämter. Der Nationalratsabgeordnete Ernst Winkler aus Mistelbach wurde Landesparteivorsitzender und Otto Tschadek bekleidete ab nun das Amt des Landeshauptmannstellvertreters. Tschadek zeichnete in den nächsten Jahren für Verbesserungen im Schulwesen und bei den Gemeinden verantwortlich. Bei der Landtagswahl im Jahr 1964 kam es zu keiner Mandatsverschiebung.

1966 bis 1980

1966 übergab Winkler das Amt des Landesparteivorsitzenden an Bruno Kreisky. In seiner kurzen Amtszeit, die nur bis 1967 dauerte, wurde die „Erste Niederösterreichische Raumordnungskonferenz“ in Krems durchgeführt. Ausgehend davon wurde das Thema Raumplanung und Entwicklung zu einem Hauptthema der Sozialdemokratie in Niederösterreich. Bereits wenige Monate nach dem Kreisky zum Landesparteivorsitzenden in Niederösterreich gewählt wurde, wurde er auch zum Bundesparteivorsitzenden berufen, was zur Folge hatte, dass er sich ausschließlich auf dieses Amt zu konzentrieren begann. Dies bedeutete, dass Landeshauptmannstellvertreter Tschadek für sieben Monate interimistisch von Kreisky das Amt des Landesparteivorsitzenden übernahm. 1968 folgte ihm mit Hans Czettel eine weitere prominente Persönlichkeit der niederösterreichischen Sozialdemokratie in dieser Funktion nach. Als Tschadek 1969 im Amt verstarb, übernahm Czettel auch das Amt des Landeshauptmannstellvertreters und zeichnete für das Gemeindereferat und die Naturschutzagenden verantwortlich. Czettel konnte mit den beiden sozialdemokratischen Landesräten Anna Körner und Leopold Grünzweig beachtliche Akzente in der Landespolitik setzen. Czettel selbst galt als Vater der Gemeindereform, Körner zeigte mit Innovationen bei der Sozialhilfe auf und Grünzweig war für die Entwicklung der Landesausstellung mitverantwortlich. Unter anderem gelang es Hans Czettel den so genannten „Gemeindeinvestitionsfonds“ zu schaffen über den günstige Darlehen für die Errichtung von Infrastrukturprojekten vergeben wurden. Bei den Landtagswahlen 1974 erreichte die ÖVP 31 Mandate und die SPÖ 25. Das Regierungsteam Czettel, Körner und Grünzweig blieb weiterhin im Amt und setze seine Arbeit fort. Mitte der 1970er Jahre widmete sich die SPÖ in Niederösterreich auch verstärkt der Jugend. Zu diesem Zwecke wurde der Verein „Jung sein in Niederösterreich“ gegründet, über den Jugendkultur- und Sportveranstaltungen im ganzen Land abgewickelt wurden. Die Arbeit der Sozialdemokraten wurde mit einem sensationellen Wahlergebnis im Jahr 1979 belohnt. Die SPÖ konnte 45,4% auf sich verbuchen und kam bis auf 1,5% an die ÖVP heran. Knapp ein Jahr später erlag Hans Czettl seinem zweiten Herzinfarkt.

1980 bis 2008

Czettels Nachfolger im Amt des Landeshauptmannstellvertreters und als Landesparteivorsitzender wurde Landesrat Leopold Grünzweig, der für zahlreiche Innovationen in der Bildung und Kultur in seiner Zeit als Landesrat verantwortlich war. Grünzweig erreichte in den Jahren zwischen 1969 und 1980, dass rund 700 Schulen in Niederösterreich neuerrichtet oder neugestaltet wurden. In Grünwzweigs Amtszeit fiel auch die Debatte um die Ernennung einer eigenen Landeshauptstadt für Niederösterreich. In einer Volksabstimmung wurde dafür St. Pölten auserkoren.

Die Erhebung wurde von der SPÖ NÖ und der ÖVP NÖ im Jahr 1986 beschlossen. In diesem Jahr kam es zum nächsten Obmannwechsel an der Spitze der niederösterreichischen Sozialdemokratie. Ernst Höger aus Berndorf, der sich in der Diskussion um die Landeshauptstadt profilieren konnte, übernahm die Führung der Partei und das Amt des Landeshauptmannstellvertreters. Der Beschluss der Erhebung St. Pöltens zur Landeshauptstadt fiel bereits in seine Amtszeit. Allgemein lässt sich sagen, dass die Sozialdemokratie unter Höger einen kompromissbereiten und konsensualen Weg einschlug. Ernst Högers Politik war vor allem durch die intensive Auseinandersetzung mit der Regionalisierung der Entwicklung gekennzeichnet. Höger hat sich daneben auch für die Erhaltung von Betrieben und bessere Ausbildung für Jugendliche eingesetzt. Die Landtagswahlen unter Höger in den Jahren 1988, 1993 und 1998 brachten der Sozialdemokratie Verluste ein. 1998 folgte Höger der damalige Innenminister Karl Schlögl als Vorsitzender der SPÖ Niederösterreich nach. 1999 übergab Höger auch das Amt des Landeshauptmannstellvertreters, das Hannes Bauer kurzfristig übernahm, bis Karl Schlögl beide Funktionen im Jahr 2000 wieder in einer Person vereinte. Allerdings stellte Schlögl bereits im Frühjahr des darauffolgenden Jahres beide Ämter wieder zur Verfügung, welche von der St. Pöltnerin Heidemaria Onodi übernommen wurden. Ihr gelang es bei den Landtagswahlen 2003 einen Stimmenzugewinn von über drei Prozent einzufahren . Onodi vertrat landespolitisch einen sehr konsensorientierten Kurs und setzte auf Zusammenarbeit mit der ÖVP Niederösterreich in der Landesregierung sowie im Landtag. 2008 kam es zu einer Wahlniederlage, bei der die SPÖ ein Minus von acht Prozent einbüßen musste .

Heute

Onodis Nachfolge trat schließlich der ehemalige Landesgeschäftsführer der SPÖ NÖ Dr. Josef Leitner als Landesparteivorsitzender und auch als Landeshauptmannstellvertreter an. Unter Leitner setzt die SPÖ verstärkt auf einen kritischen und kantigen Kurs in der Landespolitik. Unter anderem verweigerte man die Zustimmung zum Landesbudget 2008. Infolgedessen entzog die mit absoluter Mehrheit regierende ÖVP dem sozialdemokratischen Landeshauptmannstellvertreter Leitner die gemeinsamen Kompetenzen bei den Gemeindefinanzen und der Wohnbauförderung . Die SPÖ in Niederösterreich sieht sich gegenwärtig vor allem als Kontrollpartei und politische Kraft, die für soziale Gerechtigkeit eintritt. Des Weiteren forciert man die Diskussion rund um eine Verwaltungsreform im Bundesland Niederösterreich.

Landesparteivorsitzende

Quellen

 Vgl. Müller, Martin Die niederösterreichische Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert. In: Eminger, Stefan/Langthaler, Ernst (Hg.):  
 Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 1 Politik. Wien/Köln/Weimar 2008, S. 473ff. 
 <http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01855 /> 
 Vgl. Müller: Sozialdemokratie, S. 478ff. 
 Vgl. Müller: Sozialdemokratie, S. 483ff.
 Vgl. Ebda., S. 495ff. 
 <http://www.noel.gv.at/Politik-Verwaltung/Wahlen/NOe-Landtagswahlen/Landtagswahl2003.wai.html />
 <http://www.noel.gv.at/Politik-Verwaltung/Wahlen/Landtagswahl-2008.wai.html />
 <http://noe.orf.at/stories/284487 />

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