- Sozialökologie (Sozialforschung)
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Sozialökologie bezeichnet die wissenschaftliche Untersuchung der geographischen Verteilung von Faktorkonstellationen und wie diese das Auftreten unterschiedlicher sozialer Verhaltensweisen bedingen.
Inhaltsverzeichnis
Stadtforschung
Die Sozialökologie wurde von der Chicago-Schule als stadtsoziologische Theorie der innerstädtischen Strukturforschung entwickelt. Sie betont die Phänomene der sozialen Segregation und ist für die sozialräumliche Strukturanalyse von Städten relevant. Dabei werden Relationen zwischen Stadtraum, Nachbarschaften und den dort lebenden Menschen hergestellt.
Diese Sozialökologie ist von Robert Ezra Park und seinen Schülern in den 1920er Jahren in den USA entwickelt und in der Form einer raumbezogenen Soziologie ausgearbeitet worden. Charakteristisch für die Feldforschung in dieser Tradition ist die Überlegung, dass eine Gesellschaft nichts Einheitliches ist, sondern ihre unterschiedlichen Orte wie ökologische Nischen jeweils spezifisch besetzt werden. Sie spielt auch heute noch in der Stadtforschung und in der Humanökologie eine Rolle.
Political Ecology
Der Soziologe Rudolf Heberle hat die sozialökologische Methode auf die Erforschung des Wahlverhaltens von Parteien und Bewegungen angewendet.[1] Dabei bezieht er sich auf die erste bedeutende Studie dieser Art, das „wahlgeographische“[2] Tableau politique de la France de l’Ouest sous la Troisième République[3] von André Siegfried.
Heberle ist dabei an „ökologischen Untersuchungen des politischen Verhaltens“ (ecological studies of political behavior) interessiert und setzt dies in Beziehung zur Sozialökologie, die „the entire range of social phenomena in a given area“ ebenso untersuche wie „their interdependence and conflicts“.[4] Er unterscheidet von einer rein statistischen Wahlforschung „das Verfahren der Wahlgeographie (als Géographie électoral oder Géographie de l'opinion politique von André Siegfried benannt)“[5], das er selbst teilweise „Politische Ökologie“ nennt[6], in seinem Artikel für René Königs Handbuch der empirischen Sozialforschung aber „Wahlökologie“[7]. Er sieht ein wesentliches Verdienst dieser Forschungsrichtung darin, „die Faktoren der politischen Willensbildung in ihrem räumlichen Mit- und Beieinander zu sehen ... es wird sozusagen das gesamte politische ›Klima‹ einer Landschaft untersucht.“ Heberle verwendet den - heute allerdings anders belegten - Ausdruck ›political ecology‹, „um anzudeuten, daß es sich um Beschreibung ›koexistierender‹ Phänomene und um Aufdeckung von Beziehungen zwischen denselben handelt.“[8]
Literatur
- Robert Ezra Park, R. D. McKenzie & Ernest Burgess, The City: Suggestions for the Study of Human Nature in the Urban Environment. Chicago: University of Chicago Press, 1925
- Bernd Hamm (Hg.), Lebensraum Stadt : Beitrag zur Sozialökologie deutscher Städte. Frankfurt a.M.:Campus, 1979. ISBN 3-593-32474-1
- Rudolf Heberle, Hauptprobleme der politischen Soziologie Stuttgart: Ferdinand Enke, 1967
- Rudolf Heberle, Social Movements. An Introduction to Political Sociology New York: Appleton-Century-Crofts, 1951
- Peter Wehling, Ökologische Orientierung in der Soziologie. Sozial-ökologische Arbeitspapiere 26 (1987)
Anmerkungen
- ↑ Rudolf Heberle: Social Movements. An Introduction to Political Sociology. Appleton-Century-Crofts, Inc. : 1951. Part IV: Ecology, and Methods of Quantitative Analysis.
- ↑ vgl. auch Thomas Kupferschmitt: Die Wahlgeographie André Siegfrieds
- ↑ Reprint of the ed. published by Librairie A. Colin, Paris. 1975.
- ↑ Heberle Social Movements. An Introduction to Political Sociology, S. 212
- ↑ Heberle, Hauptprobleme der politischen Soziologie, dt. 1967, S. 214
- ↑ ausführlich ebendort, S. 224-250)
- ↑ Handb. d. emp. Sozialforschung Bd. 12 (2. Aufl.), S. 73-88; dieser Begriff taucht aber auch in seinen Hauptproblemen der politischen Soziologie nebenbei auf, vgl. dort S. 247, 250
- ↑ Heberle, Hauptprobleme der politischen Soziologie, S. 228
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