- Telegonie (Genetik)
-
Der Begriff der Telegonie (von gr. τηλε (téle) „fern“ und γόνος (gónos) „Nachkommen“) bezeichnet eine heute überholte Theorie der Vererbungslehre, die bis ins 19. Jahrhundert populär war und mit dem Lamarckismus verwandt ist. Sie besagt, dass eine vorhergegangene Trächtigkeit den Phänotyp von Nachkommen aus darauf folgenden Trächtigkeiten beeinflussen kann. Telegonie gilt in der wissenschaftlichen Genetik spätestens seit der Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze um 1900 als obsolet. In der Tierzucht hält sich der Glaube an sie trotzdem zum Teil bis heute.
Geschichte
Die Telegonie geht als Theorie auf Aristoteles zurück und wurde bis weit ins 19. Jahrhundert als Phänomen nicht in Frage gestellt; so ging beispielsweise auch Charles Darwin von ihrer Existenz aus. Er zitierte dabei insbesondere den Fall von Lord Morton's Mare, einer braunen Araberstute, die von einem Quaggahengst gedeckt wurde und die in der Folge auch bei ihren weiteren Trächtigkeiten Fohlen mit Zebrastreifung geboren haben soll. Die Existenz der Telegonie wurde erstmals von August Weismann durch dessen Keimplasmatheorie in Frage gestellt,[1] und eine Serie von Experimenten von James Cossar Ewart konnte das Phänomen bei einer anderen Pferdestute nicht reproduzieren.[2] Aus heutiger Sicht handelte es sich bei der Zebrastreifung des Fohlens von Lord Mortons Stute vermutlich um ein rezessives Merkmal.
Heute ist in der Tierzucht noch gelegentlich die Vorstellung anzutreffen, dass ein rassereines weibliches Tier, das von einem männlichen Tier einer anderen Rasse oder einem Mischling gedeckt würde, als Folge davon nie mehr reinrassigen Nachwuchs produzieren könne. Diese Vorstellung entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage.[3]
Literatur
- Telegony in der Encyclopedia Americana
- R.W. Burkhardt: Closing the door on Lord Morton's mare: the rise and fall of telegony. In: Stud Hist Biol 1979, 3:1-21. PMID 11610983
- H. Räber: La télégonie. In: Bréviaire de l'élevage moderne du chien, Maloine 1978, ASIN B0014LL1M0, Seite 29 f.
Einzelnachweise
- ↑ H.C. Bumpus: Facts and Theories of Telegony. In: The American Naturalist 1899, 33:917-922
- ↑ H. Ritvo: Our Animal Cousins In: differences 2004, 15(1):54 ff
- ↑ Rassekatzen-Lexikon: Telegonie
Wikimedia Foundation.