Das Finanzkapital

Das Finanzkapital

Das Finanzkapital ist ein Werk von Rudolf Hilferding (1877-1941) und wurde 1910 veröffentlicht: Rudolf Hilferding. Das Finanzkapital. Eine Studie zur jüngsten Entwicklung des Kapitalismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand & Co.; 1910.

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Inhalt

„Das Finanzkapital“ ist eine „Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus“. Für Hilferding war die Entwicklung der Aktiengesellschaften und schließlich der Monopole ein wichtiger Schritt über den Kapitalismus der freien Konkurrenz hinaus hin zu einem monopolistischen Kapitalismus. Durch die Monopolisierung und Konzentration werden kleine Unternehmer und kleine Kapitalanleger verdrängt. Durch die zunehmende Verschmelzung von Wirtschaft und Staat komme es zu einem staatsmonopolistischen Kapitalismus.

Für die weite Verbreitung der Hilferdingschen Vorstellungen vom Finanzkapital lassen sich etliche Gründe anführen. Hilferdings Theorie rückt die auffälligen, spektakulären Geschehnisse der Börse und die Macht der Banken in den Vordergrund, sie greift damit den populären Hass gegen Spekulanten sowie gegen Formen des Zinsgeschäfts auf, sie formuliert das gemeinsame Interesse des „realen Wirtschaftssektors“ kritisch gegen das Finanzkapital. Hilferding analysiert die Konflikte der verschiedenen Kapitalisten, das Industriekapital gegen das Handelskapital,das Börsen- und Bankkapital gegenüber dem Industriekapital. Er analysiert eine neuartige kapitalistischen Phase, die Herrschaft des Finanzkapitals. Hilferdings werturteilsfreie Analyse macht sie der orthodoxen Ökonomie gleichwertig. Diese „Integrationsleistung“ hat z.B. der Hilferding-Interpret Pietranera herausgestellt, wenn er die Theorie des Finanzkapitals als einen „genuinen und genialen Beitrag“, als eine „notwendige Brücke für die Marxsche und Nichtmarxsche Theorie“ bewertet.

Wirkung

Als Rudolf Hilferding 1910 sein Buch „Das Finanzkapital“ der Öffentlichkeit übergab, fand es sofort großen Beifall. Lenin nannte es eine „höchst wertvolle theoretische Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus“, Otto Bauer sah darin „das Werk, auf das wir seit langem gewartet haben“ und Karl Kautsky sprach würdevoll vom „vierten Band des Kapitals“. Spätere Interpreten stimmten diesem Urteil weitgehend zu und deuteten, wie etwa Fred Oelßner, Hilferdings Finanzkapital als eine „bedeutsame Weiterentwicklung der Marxschen ökonomischen Theorie“.

Zitate

"Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital. Den Eigentümern gegenüber behält es stets Geldform, ist von ihnen in Form von Geldkapital, zinstragendem Kapital, angelegt und kann von ihnen stets in Geldform zurückgezogen werden. In Wirklichkeit aber ist der grösste Teil des so bei den Banken angelegten Kapitals in industrielles, produktives Kapital (Produktionsmittel und Arbeitskraft) verwandelt und im Produktionsprozess fixiert. Ein immer grösserer Teil des in der Industrie verwendeten Kapitals ist Finanzkapital, Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen." (S. 283)


„Tempora mutantur! In der Börsenenquete des Jahres 1893 ist die Spekulation die höchste Blüte und tiefste Wurzel des Kapitalismus. Alles ist Spekulation: Fabrikation, Handel, Differenzgeschäfte; jeder Kapitalist ist Spekulant, ja der Proletarier, der überlegt, wo er seine Arbeitskraft am besten verkaufen soll – ein Spekulant. In der Kartellenquete ist die Heiligkeit der Spekulation vergessen. Sie ist das Böse schlechtweg, aus dem Krisen, Ueberproduktion, kurz alle Schäden der kapitalistischen Gesellschaft folgen. Beseitigung der Spekulation ist die Parole. An die Stelle des Ideals der Spekulation tritt die Spekulation auf das Ideal des „stabilen Preises“, des Todes der Spekulation. Börse und Handel sind jetzt spekulativ, verwerflich, werden beseitigt zugunsten des industriellen Monopols. Der industrielle Profit aggregiert sich den Handelsprofit, wird selbst kapitalisiert zum Gründergewinn, zur Beute der als Finanzkapital zur höchsten Kapitalform gelangten Dreieinigkeit. Denn das industrielle Kapital ist der Gott Vater, das des Handels- und Bankkapital als Gott Sohn entlassen hat, das Geldkapital ist der heilige Geist; sie sind drei, aber doch eins im Finanzkapital.“ (S. 277)

Literatur

  • Guenther Sandleben: Nationalökonomie und Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003
  • Wilhelm Smaldone: Rudolf Hilferding. Dietz, Bonn 2000

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