- Der Prinz und der Bettelknabe
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Der Prinz und der Bettelknabe (engl. The Prince and the Pauper) ist ein historischer Roman von Mark Twain, den dieser 1881 schrieb. 1956 erschien die deutsche Erstausgabe. Die Geschichte spielt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und handelt von zwei Jungen, die einander so ähnlich sehen wie eineiige Zwillinge, aber unter völlig unterschiedlichen Bedingungen aufwachsen: Der Bettelknabe Tom Canty und der Sohn Heinrichs VIII., Prinz Edward. Das Buch ist Twains erster historischer Roman, auf den später unter anderem Ein Yankee am Hofe des König Artus folgte. In diesem Roman benutzt Twain einen für ihn ungewöhnlichen Stil, der an Charles Dickens erinnert.
Handlung
Tom Canty und Edward Tudor (Edward VI.) werden am gleichen Herbsttag im Jahr 1537 geboren. Über die Geburt des Prinzen freut sich das gesamte Königreich, doch Tom bedeutet nur eine zusätzliche Belastung für seine Familie.
Neun Jahre später leidet Tom unter seinem brutalen, kriminellen Vater und träumt davon, ein Prinz zu sein, während Edward sich nichts mehr wünscht, als ein gewöhnliches Kind zu sein. Als die beiden sich durch Zufall begegnen und die Kleider tauschen, wird der Prinz für den armen Tom gehalten und aus dem Schloss gejagt. Der Bettelknabe wird für den Thronfolger gehalten, obwohl er immer wieder beteuert, ein Bettler zu sein. Doch diese Behauptungen bringen nur die Meinung im Umlauf, dass der Prinz nicht bei klarem Verstand sei. Als der Vater von Edward, der König, nach langer Krankheit stirbt, wird Tom auf seine Krönung vorbereitet.
Der Prinz, der für einen Bettlerjungen gehalten wird, lernt draußen den ehemaligen Soldaten Miles Hendon kennen, der ihm behilflich ist und ihn mitnimmt. Ihm gegenüber äußert Edward, dass er eigentlich der König ist, was ihm dieser zwar nicht glaubt, aber mitspielt und ihn im Scherz wie einen König behandelt. Auf seinen Wegen durch sein Reich lernt Edward zum ersten Mal die harsche Realität des Lebens des gewöhnlichen Volkes kennen, die unter schwersten Bedingungen ihr Leben führen müssen. Miles will nach Hendon Hall, dem Ort, in dem er einst mit seinem Vater, seinem Bruder Hugh und seiner Geliebten Edith lebte, bis er in den Krieg ziehen musste. Zum großen Bedauern Miles' wird ihm in seinem ehemaligen Haus berichtet, dass sein Vater bereits sechs Jahre zuvor gestorben sei, was jedoch sein Bruder zu verantworten hat, da dieser seinem Vater erzählt hatte, dass Miles im Krieg gestorben sei um, als zweitältester, den Grund zu erben, und Miles' Liebste Edith zu heiraten. Nachdem Miles in Rage seinen Bruder angreift, lässt ihn dieser als Betrüger festnehmen. Zusammen mit Edward wird er ins Gefängnis gesperrt. Hier sieht der Prinz erneut, welches Leid einem Menschen hier angetan wird und dass dies sein Vater zu verantworten hat. Nach einiger Zeit und Bestrafung Miles' kommen sie wieder frei, worauf sie zurück nach London ziehen.
In London ist der Tag der Krönung gekommen. Mitten in die Zeremonie platzt Edward hinein, gibt sich zu erkennen und erhebt Anspruch auf die Krone, was von Tom sogleich bestätigt wird. Mit Hilfe von Tom kann Edward schließlich beweisen, dass er der wahre König ist, und wird gekrönt. Tom Canty erhält einen privilegierten Titel bis an sein Lebensende, der ihn sowie seine Mutter und Schwestern komfortabel leben lässt. Toms Vater bleibt verschwunden. Hugh Hendon verlässt das Land; nach der Nachricht von seinem Tod sind Miles Hendon, nun Earl of Kent, und seine Liebste frei zu heiraten. Edwards milde Herrschaft ist durch seine Erfahrungen mit den Problemen des Volkes geprägt, währt jedoch nur kurz, da er in jungen Jahren verstirbt.
Deutung
Der Roman spielt mit dem klassischen Verwechslungsmotiv: Aus der Verwechslung des Prinzen mit dem Bettelknaben folgt hier der Aufstieg bzw. Abstieg in eine andere soziale Schicht, verbunden mit den damit einhergehenden Verwirrungen, aber auch der Verwunderung über die Lebensweise des jeweils anderen. Beide Charaktere gelangen zu einem besseren Verständnis der anderen Person und ihres Umfelds.
Das Verwechslungsmotiv findet sich ebenfalls in:
- Kleider machen Leute von Gottfried Keller (Schneider - Graf)
- Der Revisor von Nikolai Wassiljewitsch Gogol (Beamter - Revisor)
- Der falsche Nero von Lion Feuchtwanger (Töpfer - Kaiser)
Filme
Der Stoff wurde mehrfach verfilmt, beispielsweise mit Errol Flynn und Billy und Bobby Mauch 1937, der anlässlich der Krönung Georgs VI. in die britischen Kinos kommen sollte. Es existieren auch Versionen mit Mickey Mouse (1990), Garfield (2006) oder Barbie (2004) als Prinz / Prinzessin und Bettler / Bettlerin.
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