- Dichogamie
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Als Dichogamie bezeichnet man in der Fortpflanzungsbiologie der Botanik und Zoologie das Phänomen unterschiedlicher Reifezeitpunkte von weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen bei zwittrigen Pflanzen oder Tieren. Dabei gibt es zwei verschiedene Formen mit tendenziell unterschiedlichen Zielen, nämlich die Protogynie (weibliche Reife tritt früher ein) und die Proterandrie (männliche Reife tritt früher ein).
Inhaltsverzeichnis
Dichogamie in der Zoologie
Fast alle Plattwürmer sind Zwitter (Hermaphroditen). In der Regel reifen dabei die männlichen Gonaden zuerst (Proterandrie oder Vormännlichkeit). Selten kommt der umgekehrte Fall vor (Proterogynie oder Vorweiblichkeit). Durch diesen Mechanismus wird die Selbstbefruchtung verhindert. Die Befruchtung erfolgt gegenseitig. Die Spermien werden im Receptaculum seminis aufbewahrt, bis die Eizellen gereift sind. Danach erfolgt die Befruchtung im Ootyp.
Unter Proterandrie versteht man die im Tierreich auch gelegentlich vorkommende Sonderform der Zwittrigkeit, bei der das Individuum im Verlauf seines Lebens zunächst männliche Geschlechtsteile entwickelt und andere, „weibliche“ (= ältere) Artgenossen begattet, um dann mit dem Älterwerden allmählich mehr und mehr weibliche Geschlechtsteile aus- und die männlichen Geschlechtsteile zurückzubilden und schließlich als vollwertiges „Weibchen“ für die Entwicklung und das Austragen von Eiern oder Jungen zu sorgen. Beispiele finden sich bei den meisten Schneckenarten, bei Regenwürmern und einigen Meerespolypen und -muscheln. Auch bei einigen Wirbeltieren, darunter fast allen marinen Barschartigen (Perciformes), sowie dem Schwertträger (Xiphophorus helleri), einem ovoviviparen Zahnkärpfling, kommt es zu entwicklungsbedingter Geschlechtsumwandlung. Hier jedoch verläuft die Geschlechtsumwandlung in umgekehrter Reihenfolge - vom Weibchen zum Männchen. Damit handelt es sich nicht um Proterandrie, sondern um Proterogynie.
Dichogamie in der Botanik
Protogynie
Von Protogynie (auch Proterogynie oder Vorweiblichkeit) spricht man, wenn die weiblichen Geschlechtsorgane (Fruchtblätter) vor den männlichen (den Staubbeuteln) reifen. Wenn Selbstfertilität gegeben ist, verhindert ein völlig getrennter Reifezeitpunkt der Geschlechtsorgane eine Selbstbestäubung vollständig (starke Protogynie), ein zeitlich nur teilweise versetzter Reifezeitpunkt begünstigt zwar eine Fremdbestäubung, erlaubt aber die Selbstbestäubung der Blüte, falls diese bisher unbestäubt blieb (schwache Protogynie).
Beispiele für Protogynie
- Alpen-Fettkraut (schwach ausgeprägt)
- Flamingoblume
- Kerguelenkohl
- Pekannuss
Proterandrie
Der Gegensatz zur Protogynie ist die Proterandrie (auch Protandrie, Proteroandrie, Protoandrie oder Vormännlichkeit). Hier reifen die Staubbeutel vor den Fruchtblättern, der Pollen wird also entlassen, bevor der Stempel ausgereift ist. Zwar wird dadurch ebenfalls eine Selbstbestäubung ausgeschlossen, da sich Protoandrie jedoch auch häufig bei selbststerilen Blüten findet, wird auch in Betracht gezogen, dass dadurch eine Blockierung der Narbe durch eigene Pollen ausgeschlossen wird und so die erforderliche Bestäubung durch andere Individuen verstärkt ermöglicht wird.
Beispiele für Proterandrie
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