Die Geburt Christi

Die Geburt Christi

Das Oratorium „Die Geburt Christi“, op. 90 ist ein Werk des Komponisten Heinrich von Herzogenberg, geschrieben und uraufgeführt im Jahr 1894.

Das Werk besteht aus Gemeindechorälen mit Orgelbegleitung, größeren und kleineren Chorsätzen, Solostücken, die zumeist ein Solistenensemble beschäftigen, sowie dem Part des Evangelisten (Tenor), der – wie auch im Bach’schen Weihnachtsoratorium – als Erzähler durch die Handlung führt. Diese schreitet von der „Verheißung“ über die „Erfüllung“ der eigentlichen Geburt zur „Anbetung“ durch Engel und Hirten fort. Textgrundlage bilden Psalmworte und die Weihnachtsgeschichte, im Wesentlichen nach Lukas. In den Choral- und Chorsätzen sind einige damals und heute sehr bekannte Weihnachtslieder aufgenommen und verarbeitet.

Das Werk geht auf die Zusammenarbeit Herzogenbergs mit Friedrich Spitta im Sommer 1894 zurück: Spitta wollte ein Werk, das ohne den großen traditionellen Oratorienapparat auch für kleinere Gemeinden aufzuführen war; er sah nur Orgel und Harmonium als Begleitung vor, Herzogenberg hat dann das Streicherensemble und die Oboe (für die Hirtenmusik) durchgesetzt. Die Uraufführung fand am 3. Advent des Jahres 1894 in der Straßburger Thomaskirche statt, vor rund 2000 Zuhörern/innen, mit Herzogenberg als Dirigenten und Spitta als Tenorsolisten.

Schon im eröffnenden Vorspiel der großen Orgel wird das Thema eines berühmten Weihnachtsliedes fugenartig durchgeführt, bevor die Gemeinde zwei Strophen aus „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ singt. Pianissimo beginnen dann die Psalmworte der Verheißung im Chorsatz: „Ich harre des Herrn, meine Seele harret“; das Männerquartett tritt hinzu. Bei einer Aufführung des Werks in Berlin Neukölln im Dezember 2008 leitet daraufhin „Erklinge Lied und werde Schall“ (Ernst Moritz Arndt), im Wechsel von großem Chor und Solistenensemble, die Weihnachtsgeschichte (Lukas 2, 1-7) ein. Gefeiert wird die Geburt des Heilands mit einer wunderbar komponierten Fassung von „Es ist ein Ros entsprungen“, bei der die Streicher die Innigkeit des Chorsatzes in kunstvoller Modulation fortspinnen. Im folgenden Zwischenspiel werden Melodie und Metrum des anschließenden Duetts (Maria und Joseph) angekündigt, es folgt ein Engelsgruß (angemessenerweise ohne die Chorbässe), schließlich das große „Ehre sei Gott“ und zum Abschluss des Mittelteils der Gemeindekommentar „Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’“. Eine Hirtenmusik leitet über zur „Anbetung“, im Triolenmodus nimmt sie das Thema des folgenden Quempas-Liedes voraus, das wiederum der Chor im Wechsel mit den Solisten vorträgt. In diesem Chorsatz ist das alte Kirchenlied allerdings stark erweitert; Herzogenberg zeigt erneut, wie kreativ er mit dem musikalischen Quellenmaterial umzugehen vermag. Die nächste Hirtenszene „Als ich bei meinen Schafen wacht’“ bestreiten Tenor und Männerquartett im Wechsel. „Gelobet sei der Herr, der Gott Israels“ eröffnet die abschließenden Lukas-Worte, ebenfalls von Tenor- und Basssolisten vorgetragen, der Chor wirft viermal sein „Halleluja“ ein. Der darauf folgende Doppelchor bildet einen Höhepunkt im Oratorium: ein großer und komplexer achtstimmiger Chorsatz in Fis-Dur auf die Johannes-Worte „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“. Johannes’ Fazit der mit Weihnachten verbundenen Heilsgeschichte erscheint hier harmonisch kühn und tonal großartig angelegt, die Tradition der Oratorien von Bach bis ans Ende des 19. Jahrhundert versammelnd. Und noch darüber legt sich der Cantus firmus des Kinder- und Jugendchors: „Er ist auf Erden kommen arm, dass er unser sich erbarm, und in dem Himmel mache reich und seinen lieben Englein gleich. Halleluja!“ – Aber im Sinne des Gesamtwerkes hat die Gemeinde das letzte Wort: mit zwei weiteren Strophen aus „Vom Himmel hoch“. Das Orgelnachspiel weist auf das Vorspiel ganz am Anfang des Oratoriums zurück, was bei aller Vielfalt der eingesetzten Elemente die formale Geschlossenheit des Werks unterstreicht.


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