Die Stahlhöhlen

Die Stahlhöhlen

Die Stahlhöhlen (Originaltitel: The Caves of Steel, Titel der ersten dt. Übersetzung: Der Mann von drüben) ist ein Science Fiction/Detektivroman des amerikanischen Autors Isaac Asimov. Das Buch wurde 1954 veröffentlicht und handelt von einem Mordfall an einem prominenten Robotiker, den der Polizist Elijah Baley gemeinsam mit seinem Roboterpartner R. Daneel Olivaw zu lösen hat. Obwohl die Handlung des Romans ein klassisches Whodunit ist, benutzt Asimov Science-Fiction-Elemente, um die Dystopie einer übervölkerten Erde und die Chancen und Gefahren intelligenter Roboter darin zu beleuchten. Der Roman gilt im Lebenswerk von Asimov als Brückenbuch zwischen seinen Roboter-Kurzgeschichten, welche in der nahen Zukunft spielen, und dem in ferner Zukunft spielenden Foundation-Zyklus.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Im 30. Jahrhundert hat sich die Menschheit in zwei Teile aufgeteilt. Die Mehrheit der 8 Milliarden Menschen lebt in den Citys, total übervölkerten, hermetisch abgeriegelten Kuppelstädten (den "Stahlhöhlen"), die so groß sind wie heutige US-Bundesstaaten. Die Erdbewohner leiden alle unter Agoraphobie und können es nicht ertragen, den freien Himmel zu sehen. Im Weltraum hingegen leben die sog. "Spacer", die mit Hilfe von Hyperraumflug und intelligenter Roboter ca. 50 fremde Planeten besiedelt und eine klinisch perfekte, hochtechnologisierte, aber auch sterile Gegenkultur erschaffen haben. Erdbewohner und Spacer können sich nicht ausstehen und haben gegensätzliche Ansichten in der Frage, ob Roboter eher Freunde oder Feinde der Menschen sind.

Als eines Tages ein prominenter Spacer-Roboterexperte in Spacetown, der Enklave der Spacer auf der Erde nahe der Kuppelstadt New York, ermordet wird, übergibt Polizeichef Julius Enderby die Ermittlungen an seinen besten Mann, Polizist Elijah Baley. Die Spacer um Robotiker Han Fastolfe bestehen darauf, ihm einen ihrer humanoiden Roboter als Partner zu geben, R. Daneel Olivaw, was Baley, der eine Abneigung gegen Roboter hat, überhaupt nicht passt. Doch nach einiger Zeit ändert er seine Meinung über den Robotpartner Daneel und gemeinsam kommen sie den Medievalisten auf die Spur, einer Sekte, die sich der Rückkehr der Menschheit zur Natur und dem Verzicht auf Roboter verschrieben hat. Außerdem stellen sie fest, dass sowohl Enderby als auch Fastolfe nicht mit offenen Karten spielen und Baleys Ehefrau Jessie ein Geheimnis hütet. Es kommt zu immer größeren politischen Spannungen zwischen Spacern und Erdbewohnern, und Baley und Olivaw dämmert, dass es zu einem Krieg kommen wird, wenn sie den Fall nicht lösen.

Theorien

Obwohl das Buch laut Asimov wie ein Whodunit geschrieben ist, benutzt er das Buch, um mehrere Annahmen über die zukünftige Gesellschaft zu machen. Wegen der Übervölkerung wird auf irdischer Seite menschliche Arbeitskraft zunehmend von Robotern ersetzt, was zu sozialen Spannungen führt. Anstelle von (ressoucenverschwendenden) Automobilen gibt es ein Netz von Förderbändern, die die Bürger von A nach B bringen, und Asimov stellt Hefe als künftiges Grundnahrungsmittel vor, aus dem mit Hilfe von Geschmacks- und Konsistenzänderungsstoffen Fleisch-, Obst- und Gemüseersatz hergestellt wird. Arbeitsplätze, Wohnlichkeiten, Nahrungsmittel und Luxusgüter wie Tabak oder Alkohol sind streng rationiert. Die Siedler sind in einem Kastenwesen organisiert, das mehr Privilegien zulässt, je höher man steht.

Für die Spacer stellt sich Asimov vor, dass sie aufgrund technologischer und medizinischer Fortschritte sowie sterilen Bedingungen auf den von ihnen terraformten Planeten rund 200 Jahre alt werden, doch völlig ihre Immunität gegen irdische Keime und Viren verlieren, weswegen sie auf der Erde selbst nur unter Lebensgefahr verkehren können. Außerdem haben die Spacer ein Lebensmodell entwickelt, das sehr einzelgängerisch ist.

Asimov stellt im Buch heraus, dass so keines der beiden Lebensmodelle auf Dauer lebensfähig ist. Die Erdbewohner würden irgendwann verhungern oder sich in einem Bürgerkrieg selbst zerfleischen, und die Spacer an schierer Sterilität zugrundegehen. Nur wenn die Tatkraft der Erdbewohner sich mit der Technologie der Spacer verbindet, wird die Menschheit vorangehen.

Bemerkenswert ist auch die Darstellung des Roboters R. Daneel Olivaw. Asimov, der die damals vorherrschenden Frankenstein-Darstellungen von Robotern (d.h. als Monster, die sich stets gegen ihre Erbauer wendeten und dabei immer starben) als unkreativ und langweilig empfand, postulierte schon vor dem Buch 1942 die sog. Robotergesetze, nach denen es Robotern in seinem Universum unmöglich ist, Menschen zu verletzen oder durch Untätigkeit zu schaden. Asimov entwirft Olivaw als ein sensibles, wenn auch sehr rational denkendes Wesen, der im Gegensatz zu seinem menschlichen Partner Baley aber auch frei von Rassismus und Vorurteilen ist. Als besonders interessant gilt, dass Asimov Olivaw feststellen lässt, dass pure Logik nicht immer zu Gerechtigkeit führt, er daher Konzepte moralischen Denkens entwickelt und damit über seine Programmierung hinausgeht.

Einordnung in das Asimov-Gesamtwerk

Asimovs Hauptwerke sind die in einer nahen Zukunft spielenden Roboter-Geschichten (u.a. das bekannte Ich, der Robot), die die Auswirkungen intelligenter Roboter auf die Menschheit behandeln, sowie der weit im 10. Jahrtausend angesiedelte Foundation-Zyklus, eine epische Space Opera um die Zukunft der Menschheit an sich. Die Stahlhöhlen verbindet diese beiden Welten und beschreibt, dass die Menschheit Roboter als Werkzeug benutzt, um den Weltraum zu erforschen.

Hintergrund

Im Vorwort der amerikanischen Version dieses Buches erklärt Asimov, dass sein Verleger John W. Campbell ihn im Jahr 1952 vorschlug, eine Geschichte zu schreiben, in der "Roboter in einer übervölkerten Welt die Kontrolle übernehmen". Als Asimov ablehnte, weil ihm dies zu deprimierend erschien, köderte ihn Campbell damit, dass er dies als Whodunit-Detektivstory schreiben solle. Als Kniff sollte ein menschlicher Detektiv einen Roboter-Partner kriegen, der im Notfall die Aufgabe für ihn übernähme. Asimov war von dieser Idee begeistert, schrieb seine Geschichte, und war sehr zufrieden damit.[1]

Rezension

Packend geschriebene, spannende Geschichten, die man nur ungern vor dem Ende aus der Hand legt. Gerade durch Asimovs eher lakonischen Stil erhalten die Schilderungen eine eindringliche Plastizität, die fast irritiert, weil sie so völlig unprätentiös daherkommt.

−Corona Magazin, Ausgabe 118[2]

Literatur

  • Isaac Asimov: The Caves of Steel, Galaxy, 1953 (Erstveröffentlichung als Fortsetzungsroman)
  • Isaac Asimov: The Caves of Steel, Doubleday, 1954 ( Erstausgabe als Buch))
  • Isaac Asimov: Der Mann von drüben, AWA, 1956 (deutsche Erstausgabe)
  • Isaac Asimov: Der Mann von drüben, Heyne, 1961 (Neuübersetzung)
  • Isaac Asimov: Die Stahlhöhlen, Heyne, 1988 (ungekürzte Neuübersetzung) ISBN 3-453-02757-4
  • Isaac Asimov: Die Stahlhöhlen, Heyne, 2003 (Doppelband mit dem Roman Die nackte Sonne) ISBN 3-453-86362-3

Verfilmung

Die Stahlhöhlen wurde 1964 von der BBC verfilmt. Peter Cushing spielte die Rolle des Elijah Baley, und John Carson die von Daneel Olivaw.

Quellennachweise

  1. The Caves of Steel, Bantam Books, 1991, Seiten vi-xvi
  2. Buchkritik: Isaac Asimov - "Die Stahlhöhlen", Corona Magazin 118

Weblinks


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