Dom (Gebäude)

Dom (Gebäude)
Die Kathedrale Notre-Dame de Paris
Vierungsturm der Kathedrale von Autun
Trondheim: Nidarosdom, West-
fassade nach englischen Vorbildern

Eine Kathedrale, genauer Kathedralkirche (von griechisch καθεδρικός ναός/lateinisch: ecclesia cathedralis), ist das Kirchengebäude eines katholischen, anglikanischen, altkatholischen, evangelikalen oder orthodoxen Bischofssitzes.

Inhaltsverzeichnis

Benennungen

Kathedrale

Die Verwendung der Bezeichnung ecclesia cathedralis (griechisch εκκλησία = „Versammlungsraum“; καθέδρα = „Ruhesitz“, auch „Lehrstuhl“) taucht erstmalig 516 auf dem Konzil von Tarragona auf, welches allerdings nicht zur Reihe der ökumenischen Konzile gehört. Daneben nannte man Bischofskirchen auch ecclesia maior, „große Kirche“, in einigen Sprachen heute noch Standardbezeichnung für Kathedralen. Der Papst hat in Rom fünf cathedrae inne, in den dortigen Basilicae maiores, davon in der Lateranbasilika als Bischof von Rom. Für Bischofskirchen welcher Konfessionen die Bezeichnung Kathedrale, cathedral, catedral usw. benutzt wird, ist von Sprache zu Sprache verschieden.

Dom

Nicht jeder Dom ist oder war eine Kathedrale. Manche Kirchengebäude tragen aus anderen historischen Gründen, andere allein wegen ihrer Größe die Bezeichnung „Dom“.

Etymologie

Das Wort Dom ist ursprünglich die Abkürzung einer Weiheinschrift in lateinischer Sprache. Die ursprüngliche Form lautete JOM (Jove optimo maximo „(geweiht) dem größten und besten Jupiter“). In dieser Form fand sich die Inschrift an vielen dem Jupiter geweihten Tempeln, Altären und Stelen. Sie wurde, nachdem das Christentum in Rom zur Staatsreligion geworden war, für die nun dem christlichen Gott geweihten Tempel in DOM umgeändert (Deo optimo maximo – „(geweiht) dem größten und besten Gott“). Dieser Zusammenhang ging in späterer Zeit verloren. Gemeinhin wird der Begriff Dom heute aus dem lateinischen domus dei, „Haus Gottes“, abgeleitet. Im Italienischen entspricht dem die Bezeichnung Duomo, in skandinavischen Sprachen Domkyrka (S) oder Domkirke (DK, N), sowie im Estnischen Toomkirik und im Finnischen Tuomiokirkko. Die tschechische Entsprechung ist Chrám oder Velechrám, die slowakische wiederum Dóm.

Begriff

Die oberflächliche Ansicht, Dom sei das deutsche, Duomo das italienische Wort für Kathedrale, erweist sich bei näherer Betrachtung als Irrtum. Die meisten, aber nicht alle Dome wurden als Bischofskirche (Kathedrale) erbaut oder nachträglich zu einer erhoben. In Italien wie in Deutschland waren aber zahlreiche Dome nie Bischofskirche. Einige der Dome ohne Bischofssitz sind oder waren Stiftskirchen. Es gibt aber auch Stiftskirchen, die nicht als Dom bezeichnet werden.

Landestypische Besonderheiten

Italien

In Italien waren es wohlhabende Städte, die sich auch ohne Bischof ihren repräsentativen Duomo bauten.

Deutschland

Von den mit der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches und einzelnen Kaisern besonders verbundenen Kaiserdomen hatten einige auch einen Bischofssitz, andere keinen.

Die heute evangelischen unter den Domen wurden mit Ausnahme(n) in Berlin vor der Reformation gebaut und sind heute oft keine Bischofskirchen mehr. Grundsätzlich bezieht sich bei protestantischen Domen in Deutschland die Bezeichnung Dom auf deren vorreformatorische Funktion.

  • Unter den Domen in Deutschland gibt es:
    • katholische Kathedralen
      • als Kathedrale gebaut
      • nachträglich zur Kathedrale erhoben
    • andere katholische Stiftskirchen
    • ehemalige katholische Kathedralen, jetzt evangelische Kirchen
    • katholische ehemalige Kathedralen; das Bistum wurde aufgehoben oder der Bischofssitz verlegt
    • andere ehemalige katholische Stiftskirchen, jetzt evangelische Kirchen
    • andere katholische ehemalige Stiftskirchen
    • andere katholische Kirchen
    • andere ehemals katholische Kirchen
    • originär protestantische Kirchen
  • Unter den Kaiserdomen gibt es:
    • Krönungskirchen mit und ohne Bischofssitz
    • Palastkirchen mit und ohne andere Funktion
    • eine kaiserliche Stiftung ohne andere Funktion

Skandinavien

Auch in Skandinavien wurde ein großer Teil der Dome vor der Reformation gebaut. Dort werden auch evangelische Bischofskirchen als Domkirchen bezeichnet, die nach der Reformation Bischofssitz wurden oder überhaupt erst als lutherische Kirchen gebaut wurden. Die wenigen Katholischen Dome in Skandinavien sind in der Regel architektonisch unbedeutende Bauten aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Finnland

In Finnland heißen evangelische Bischofskirchen Tuomiokirkko, katholische und orthodoxe nur Katedraali.

Münster

Zuweilen werden im schwäbisch-alemannischen Sprachraum Kathedralen auch Münster genannt (z. B. das Basler Münster, das Berner Münster und das Straßburger Münster). Das Wort leitet sich jedoch vom lateinischen monasterium (Kloster) her. Dementsprechend sind die meisten „Münster“ nie Kathedrale gewesen, wie das Ulmer Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt. Andere sind erst Jahrhunderte nach ihrer Fertigstellung zu Bischofskirchen geworden wie die Münster in Freiburg und Essen.

Hauptkirche

Die ranghöchsten Kirchengebäude der evangelischen Landeskirchen, zumeist Sitz eines Landesbischofs oder Präses (Bezeichnung in den verschiedenen Landeskirchen unterschiedlich), werden in Deutschland oft Hauptkirche genannt. Gelegentlich findet sich auch die Bezeichnung „Bischofskirche“ (z. B. Dom zu Greifswald für die Pommersche Evangelische Kirche, Dom zu Meißen für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens).

Basilika

Abgesehen und unabhängig von dem Begriff Basilika als Bauform gibt es Basilika auch als Titel von Kirchen: Kathedralen katholischer Bischöfe mit Patriarchentitel heißen Patriarchalbasilika. Die Bezeichnung ist missverständlich, da die päpstlichen Kirchen Roms dieselbe Bezeichnung als Titel tragen. Diese gehören zu den sieben ranghöchsten Gotteshäusern der katholischen Kirche, Basilicae maiores genannt. Darüber hinaus haben weltweit über tausend Kirchen, Kathedralen und andere, vom Papst den Titel Basilica minor verliehen bekommen, die erste derartige Kirche nördlich der Alpen war die Basilika Vierzehnheiligen.

Metropolitenkirche

In der Orthodoxen Kirche Griechenlands, deren Oberhaupt und wichtigste Bischöfe gleichzeitig den Titel Metropolit tragen, gibt es die Bezeichnung Mitropolitikós Naós (Μητροπολιτικός Ναός), Metropolitenkirche, eigentlich sogar Metropoliten-Tempel.

Mutterkirche

Die Lateranbasilika, Kathedrale von Rom, trägt als älteste der Basilicae maiores und ranghöchste aller katholischen Kirchen die Ehrenbezeichnung Mutterkirche.

Kathedralen ohne Bischofssitz

Zahlreiche Kathedralbauten sind keine Bischofskirchen mehr, weil Bischofssitze verlegt wurden oder Bistümer durch die Reformation oder später die Säkularisierung aufgehoben wurden. Sie werden üblicherweise weiterhin Kathedrale oder Dom genannt.

Innerhalb der katholischen Kirche wird eine ehemalige Kathedrale oder zweite Kathedrale in einem Bistum als Konkathedrale oder Ko-Kathedrale, seltener als Prokathedrale bezeichnet. Die Kathedrale des Erzbistums München und Freising ist besser unter ihrer alten Bezeichnung Frauenkirche bekannt, während der ursprüngliche Bischofssitz, der Freisinger Dom, heute die Konkathedrale ist.

Kathedralbau

Romanischer Grundriss:
Kathedrale von Autun (F)
Gotischer Grundriss:
Kölner Dom

Kunstgeschichtliche Bedeutung

Hans Jantzen bezeichnete die Kathedralen als „Träger der führenden Gedanken der abendländischen Baukunst“. In der katholischen und vielen orthodoxen Kirchengemeinschaften wurden bzw. werden Bischofskirchen besonders groß und aufwändig gestaltet. Den künstlerischen und bautechnischen Höhepunkt erfuhren die Kathedralen in der Gotik, besonders in Frankreich.

Die kunstgeschichtliche Definition Adolf Adams, der „unter Kathedralen die Hauptkirchen des gotischen Baustils“ versteht, stimmt mit der kirchlichen insoweit überein, als Bischofskirchen grundsätzlich die größten und wichtigsten waren, in der Zeit der Gotik aber die größte Aufmerksamkeit erfuhren. Im frühen Mittelalter hatten oft Klöster und ihre Kirchen eine ebenso große Bedeutung. Nach Reformation und Gegenreformation richtete sich das Augenmerk der Kirche(n) mehr auf die Seelsorge und damit auf Pfarrkirchen und Wallfahrtskirchen.

Die wohl bekannteste gotische Kathedrale in Deutschland ist der Kölner Dom.

Typische Bauformen

Im Einflussbereich des französischen Kathedralbaus haben seit der Spätromanik Kathedralen Gemeinsamkeiten in Bauform und Ausstattung. Typisch ist ein großer Chorraum im Osten, der dem Klerus vorbehalten war und durch ein Querschiff vom übrigen Kirchenschiff getrennt wird. So hat die Kirche insgesamt einen kreuzförmigen Grundriss. Das Langhaus ist als mehrschiffige Basilika ausgeführt, bei der das Hauptschiff höher und breiter ist als die Seitenschiffe. Die Westfassade wird von zwei Türmen geprägt. Ein weiterer Turm befindet sich oft über der Kreuzung von Langhaus und Querschiff, der so genannten Vierung. In der Gotik wurde auf diesen Vierungsturm nicht selten verzichtet, während die Westtürme immer höher gebaut wurden.

Bei geringerem französischen Einfluss wurden auch eintürmige Dome gebaut (Ostseeraum). In Italien mit seiner überwiegend eigenständigen Bautradition überwiegen turmlose Westfassaden. Überhaupt wurden bei italienischen Kirchen zumeist nur einzelne gotische Stilelemente übernommen.

Nach Ende der Gotik gebaute Kathedralen haben über der Vierung oft eine Kuppel, wie in Florenz, Rom (Petersdom), Salzburg und London (Saint Paul’s Cathedral). Kuppeln auf Pfarrkirchen sind außerhalb der orthodoxen Konfessionen dagegen selten. In der Zeit des Barock wurden – wie auch bei anderen Kirchen – vielerorts zusätzliche pompöse Altäre eingebaut.

Späte Nachbesserungen

Nicht wenige Kathedralen, z. B. der Kölner Dom, Santa Maria Nascente in Mailand, der Veitsdom in Prag und der Nidarosdom in Trondheim, blieben nach Ende der Gotik unvollendet stehen und wurden erst im 19. Jahrhundert fertiggestellt.

Heilig-Kreuz-Kathedrale in Nin (Kroatien)

Klein und Groß

Siehe auch

Literatur

  • Uwe A. Oster: Die großen Kathedralen. Gotische Baukunst in Europa. Primus, Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-240-1
  • Adolf Adam: Wo sich Gottes Volk versammelt. Gestalt und Symbolik des Kirchenbaus. Herder, Freiburg 1984, ISBN 3-451-20186-0
  • Hans Jantzen: Kunst der Gotik. Klassische Kathedralen Frankreichs – Chartres, Reims, Amiens. Neuausgabe, erweitert und kommentiert durch ein Nachwort von Hans-Joachim Kunst. Reimer, Berlin 1987, ISBN 3-496-00898-9
  • Otto von Simson: Die gotische Kathedrale. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-04306-5
  • Ernst Ullmann: Die Welt der gotischen Kathedrale. Union, Berlin 1981, ISBN 3-85063-117-6
  • Christoph Markschies: Gibt es eine „Theologie der gotischen Kathedrale“? Winter, Heidelberg 1995, ISBN 3-8253-0272-5

Weblinks


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