Dominat

Dominat

Dominat ist eine besonders in der älteren althistorischen Forschung übliche Bezeichnung für den spätantiken Abschnitt der römischen Geschichte zwischen Diokletian und Justinian (oder Herakleios), also in etwa den Zeitraum von 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr. Der Begriff wurde von Theodor Mommsen geprägt, der damit einen von ihm empfundenen Gegensatz zwischen der späten Kaiserzeit einerseits und der frühen und hohen Kaiserzeit (dem so genannten Prinzipat) andererseits verdeutlichen wollte. Der Begriff zielte dabei vor allem auf Entwicklungen in der Verfassung des Imperiums ab, durch die sich, so Mommsen, der römische Kaiser vom princeps, dem ersten Bürger des Staates, zu seinem „Herrn“ (dominus) entwickelt habe, womit einhergehend sich die äußerlich noch republikanische Verfassung des Reichs immer mehr in einen „orientalischen Zwangsstaat“ verwandelt habe.

Diese Vorstellungen sind durch neuere Forschungen weitgehend relativiert bzw. revidiert worden. Zum Beispiel taucht die Anrede dominus bereits wesentlich früher auf, etwa unter Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.). Vor allem aber hat sich die Annahme, dass das spätrömische Reich ein „Zwangsstaat“ gewesen sei, inzwischen als grob vereinfachend, wenn nicht sogar als falsch erwiesen: Zwar erhob die kaiserliche Verwaltung nun in der Tat den Anspruch, stärker in das Leben der Untertanen einzugreifen, doch in der Realität waren ihre Möglichkeiten sehr begrenzt. Es wird in jüngster Zeit zudem auch auf die in Wahrheit deutlich erhöhte soziale Mobilität innerhalb der Gesellschaft dieser Jahre hingewiesen - nun konnten sogar einfache Bauern wie Justin I. bis zum Kaisertum aufsteigen. Überdies spricht vieles dafür, dass die spätantiken Herrscher nicht etwa stärker, sondern eher schwächer waren als ihre Vorgänger im 1. bis 3. Jahrhundert. So nahm in der Spätantike der Einfluss des Heeres (siehe magister militum), des Hofes, der Verwaltung und (als neuer Faktor) der Kirche auf den Kaiser zu, zumal einige Kaiser noch in einem sehr jungen Alter auf den Thron gelangten und kaum reale Machtbefugnisse hatten. Dies sollte nach Ansicht vieler Forscher durch die Anrede als dominus und die zeremonielle Überhöhung des Herrschers lediglich kaschiert werden.

Heute bevorzugt man daher für die Periode von 284 bis 565 (bzw. 641) den neutralen Begriff Spätantike oder Spätrömisches Reich. Damit wird allerdings nicht bestritten, dass sich der römische Staat seit Diokletian grundlegend veränderte – aber eben nicht im Sinne Mommsens.

Vergleiche auch Prinzipat (mit den Ausführungen zur Problematik des Begriffs) und Spätantike.

Literatur

  • Jochen Bleicken: Prinzipat und Dominat. Gedanken zur Periodisierung der römischen Kaiserzeit. Wiesbaden 1978.
  • Mischa Meier: Das späte Römische Kaiserreich ein 'Zwangsstaat'? Anmerkungen zu einer Forschungskontroverse. In: Dariusz Brodka u.a. (Hrsg.): Freedom and its limits in the Ancient World. Proceedings of a colloquium held at the Jagiellonian University Kraków (Electrum 9). Krakau 2003, S. 193–213.
  • Stephen Mitchell: A History of the Later Roman Empire. Oxford 2007.

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