Donaldismus

Donaldismus

Als Donaldismus bezeichnet man die Beschäftigung mit der fiktiven Familie Duck und die Erforschung von familiären, soziologischen und gruppendynamischen Prozessen in der fiktiven Stadt Entenhausen, im englischen Original des Comics als die Städte Duckburg und Mouseton bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Inhalte

Der Donaldismus beschäftigt sich wissenschaftlich mit Donald Duck, Dagobert Duck, Tick, Trick und Track sowie den anderen Bewohnern Entenhausens und deren Umfeld. Als Grundlage dienen hierbei insbesondere Geschichten des amerikanischen Zeichners Carl Barks, die von der Kunsthistorikerin Erika Fuchs ins Deutsche übersetzt wurden. Jedoch wird die recht freie Übersetzung von Erika Fuchs auch von quellenpuristischer Seite kritisiert (z.B. H. Löffler 2004).

Die Comic-Geschichten werden zum Anlass genommen für die Erörterung natur- und geisteswissenschaftlicher Grundsatzfragen: So gibt es Forschungsprojekte und wissenschaftliche Aufsätze zu Fragestellungen wie der „Donaldistischen Utopie“ oder dem „Klima in Entenhausen“. Selbst die Sexualität und die Rechtsstrukturen in der Entenmetropole werden dabei ausgeleuchtet (zu letzterem: B. Bremer). Den Interessierten geht es dabei um die „Erforschung der Familie Duck und des Entenhausener Universums in jeglicher nur denkbaren Hinsicht“. Puristen, auch als Barksisten bezeichnet, beziehen dabei nur die Geschichten von Barks in ihre Forschung ein.

Der Donaldismus unterteilt sich in den wissenschaftlichen und den gelebten Donaldismus. Ersterer beschäftigt sich mit Entenhausen, wie es von Barks und Fuchs beschrieben wurde, und untersucht dabei die auftretenden Phänomene in Bereichen, in denen sich Entenhausen von unserer Welt unterscheidet. Allseits bekannte Fragen drehen sich dabei beispielsweise um die Zähne der Ducks oder warum nur die weiblichen Ducks Schuhe tragen. Der gelebte Donaldismus äußert sich darin, dass Donaldisten Situationen aus Entenhausen nachstellen, um das Leben in der Gumpenmetropole nachempfinden zu können. Auch dabei kommen oft unterschiedlichste und nicht selten erstaunliche Ergebnisse ans Licht.

Geschichte

Die erste wissenschaftlich donaldistische Arbeit wurde 1973 von Jon Gisle in seinem Buch Donaldismen veröffentlicht.[1]

1977 wurde von Hans von Storch, der als Begründer des deutschen Donaldismus gilt, die Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus, kurz D.O.N.A.L.D., in Hamburg gegründet.

In Deutschland ist es Donaldisten gelungen, das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu unterwandern. Seitdem erscheinen dort regelmäßig und etwas unvermittelt Donald-Duck-Zitate in schöngeistigem Zusammenhang – vornehmlich als Titelzeilen und Bildunterschriften. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel rühmt sich damit, den FAZ-Feuilletonchef Patrick Bahners und den FAZ-Redakteur Andreas Platthaus als Donaldisten „enttarnt“ zu haben. Dies war aber eigentlich nie ein Geheimnis, da beide bekennende D.O.N.A.L.D.-Mitglieder sind und auch auf Donaldisten-Kongressen auftreten.[2]

Veranstaltungen und Vereine

Die Donaldisten haben sich in landesspezifisch ausgerichteten Vereinen organisiert. In Europa sind dies:

Kongresse der D.O.N.A.L.D. finden jährlich an wechselnden Veranstaltungsorten statt, zuletzt Ende März 2011 in Hildesheim, wo im Roemer- und Pelizaeus-Museum die Ausstellung „Duckomenta“ zu sehen war. Sie sind der Höhepunkt des donaldistischen Gemeinwesens. Dort werden wissenschaftliche Vorträge gehalten und neben anderen Würdenträgern die PräsidEnte der D.O.N.A.L.D. gewählt (wird das Amt von einem Mann bekleidet, ist die Bezeichnung PräsidErpel statthaft) und ungezählte Orden und Auszeichnungen an verdiente Mitglieder verteilt. Beim Kongress 2005 in Aachen wurde erstmals der MacMoneysac-Preis verliehen. Preisträger war Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. Dieser Preis geht an Menschen, die „ihre wirtschaftlichen Interessen frei von den Fesseln moralischer Bedenken“ durchsetzen und „den Entenhausener Wirtschaftslenkern in nichts nachstehen.“

Weitere Fixpunkte im donaldistischen Leben sind die jährlich stattfindenden Zwischenzeremonien, für die sich der eigens dafür gewählte Zeremonienmeister verantwortlich zeichnet, das nach Möglichkeit jährlich ausgetragene Mairennen und viele Stammtische, die sich überall in Deutschland regelmäßig treffen.

Literatur

  • Alle Ausgaben des Der Donaldist; Hamburg 1976 ff
  • Klaus Bohn: Der Bücherdonald – Die große Lesekunde des Donaldismus, Band I: Sekundärliteratur. Hamburg: Bauer Brüder 1990 (2. Aufl. 1992); Band II: Register.-Hamburg: Bauer Brüder 1993; ISBN 3-929746-06-9
  • Klaus Bohn: Das Erika Fuchs Buch. Disneys Übersetzerin von Donald Duck und Micky Maus: Ein modernes Mosaik; Lüneburg 1996 (Dreidreizehn) ISBN 3-929746-10-7 (mit einem ausgiebigen Quellenverzeichnis donaldistischer Schriften)
  • Botho Bremer: Der Fall Entenhausen. Die Machenschaften von Dagobert, Donald und der übrigen Brut auf dem juristischen Prüfstand; Frankfurt/M. 1994 (Eichborn) ISBN 3-8218-3345-9
  • Grobian Gans: Die Ducks – Psychogramm einer Sippe. Reinbek bei Hamburg 1972, ISBN 3-499-11481-X
  • Martin S. Gans: Das wahre Leben des Donald D., Frankfurt 1986; ISBN 3-596-28191-1
  • Johnny A. Grote: Carl Barks. Werkverzeichnis der Comics. Stuttgart 1995, ISBN 3-7704-1898-0
  • Johnny A. Grote, Andreas Platthaus: Der Stammbaum der Ducks. Ehapa, ISBN 3-7704-0300-2
  • Henner Löffler: Wie Enten hausen. Die Ducks von A bis Z.. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51608-4

Weblinks

Quellennachweise

  1. Gisle Jon: Donaldismen. Gyldendal Verlag, Norwegen, ISBN 978-82-05-36307-6
  2. Prickelwasser Entenwein, Der Spiegel, Nr. 17/2000, S. 270 ff.

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