- Dorfkirche Marienfelde
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Die Dorfkirche Marienfelde in Berlin-Marienfelde ist der Mittelpunkt des Marienfelder Dorfangers. Traditionell wird mit Kurt Pomlun behauptet, die Feldsteinkirche sei "um 1220" errichtet worden und damit "unzweifelhaft die älteste aller Dorfkirchen Berlins und eine der ältesten der Mittelmark".[1] Ein 1995 gefundener Dachbalken wurde dendrochronologisch auf 1230 datiert; da er jedoch in Zweitverwendung war, kann die Kirche kaum vor 1240 entstanden sein.[2] Dennoch zählt sie unzweifelhaft zu den ältesten Dorfkirchen in Berlin und der Mittelmark, wo eine mit Sicherheit ältere Dorfkirche nicht bekannt ist.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Die Feldsteinkirche ist etwa 1240 auf einem bestehenden Begräbnisplatz errichtet worden, denn christliche Begräbnisse fanden sich unter der Kirche (Skelettgrube mit Glasabdeckung in der Turmhalle). Es ist daher davon auszugehen, dass es schon vorher an diesem Standort einen hölzernen Kirchenbau gab. Die Behauptung der lokalen Heimatforschung (ohne Quellenbeleg), die Feldsteinkirche sei von der Bauhütte des Klosters Zinna errichtet worden, ist unhaltbar, denn die kunsthistorische Forschung hat generell keine Belege für den "Mythos" von Bauhütten der Zisterzienser finden können[3] (vgl. Problematische heimatkundliche Vorstellungen über die (Berliner) Dorfkirchen).
Das Datum von Baubeginn und Fertigstellung ist, wie bei anderen mittelalterlichen Bauten auch, nicht überliefert und kann nur aus kunsthistorischen und archäologischen Befunden eingegrenzt werden. Als hartes Faktum ist der dendrochronologische Befund an einem Dachbalken festzuhalten, der von 1230 stammt. Das berechtigt zu der Vermutung, dass die Kirche um 1231/32 fertiggestellt wurde. Bearbeitungsspuren an diesem Balken zeigen jedoch, dass er vorher für einen anderen Zweck verwendet wurde. Die Dendrochronologie geht in solchen Fällen der Zweitverwendung davon aus, dass zwischen dem Fälldatum (hier: 1230) und der Zweitverwendung mehr als nur 1 oder 2 Jahre gelegen haben. Selbst bei einem Datum von etwa 1240 spricht aber einiges dafür, dass die Dorfkirche Marienfelde älter ist als ihre Konkurrenten in Karow und Biesdorf um das Prädikat "älteste Dorfkirche in Berlin".
Die Kirche ist spätromanisch mit frühgotischen Anbauten. Die 110 bis 175 cm starken Mauern, die ursprünglich schlitzartigen Fenster und schweren Türen (gesichert durch hölzerne Sperrbalken) zeugen von der Schutzfunktion des Kirchenbauwerks. Bemerkenswert ist die Kirche auch, weil sie von vornherein eine vollständige Anlage mit Westturm (der die volle Breite des Kirchenschiffs hat), Kirchenschiff, Chor und Apsis war und in dieser ursprünglichen Gestalt trotz einiger späterer Anbauten noch erkennbar ist; beim einzigen Berliner Vergleichsbeispiel einer vierteiligen Apsiskirche, die Dorfkirche Mariendorf, wurde der schiffsbreite Turm nicht in voller Höhe vollendet.
Für die Annahme, dass andere Kirchenbauten in Berlin älter sind, konnten keine Belege gefunden werden (siehe Dorfkirche Karow, dem angeblich ältesten Kirchenbau auf dem Barnim; unwahrscheinlich: Dorfkirche Biesdorf). Indessen hatte die heutige Dorfkirche Tempelhof (um 1250) einen steinernen Vorgängerbau, der anlässlich des Wiederaufbaus der kriegszerstörten Dorfkirche Tempelhof archäologisch festgestellt wurde. Der Ausgräber setzte diesen Bau, der wohl im Teltow-Krieg um 1239/45 brandzerstört wurde, in die Zeit um 1200.[4] Dafür spricht, dass die Kirche des Komturhofs der Tempelritter wohl älter sein musste als die Kirche im Templer-Filialdorf Marienfelde.
Weitere Baugeschichte
Nach Einführung der Reformation wurde sie 1539 innen umgestaltet. Chorgestühl und Chorschranke wurden entfernt. Von 1595 stammt die Windfahne, deren Nachbildung heute den Turm krönt. 1624 wurde der Altar und 1629 der Taufstein neu gestiftet. Der Taufstein mit dem Adler der Stadt Cölln steht noch heute in der Kirche. Eine weitere Umgestaltung erfuhr die Kirche 1835 mit dem Einbau einer dreiseitigen Empore und der Patronatsloge. Ein Kanzelaltar ersetzte den Bildaltar von 1624.
1920 bis 21 wurde unter der Leitung des in Marienfelde wohnhaften Architekten Bruno Möhring die Kirche restauriert und umgestaltet. Die Seitenemporen und der Kanzelaltar von 1835 wurden entfernt. Die Orgelempore wurde in den Turm hinein erweitert und eine Tonnendecke wurde eingebaut. Neu geschaffen wurde die Eingangssituation. Die Seitentüren wurden verschlossen und der heutige Turmeingang angelegt.
Den Zweiten Weltkrieg überstand die Dorfkirche weitgehend unbeschadet. 1953 bis 58 wurden die Patronatsloge entfernt und im Chorquadrat zwei Fester eingesetzt. Die Wandmalereien im Jugendstil von Bruno Möhring wurden durch Überstreichen entfernt. Die Fenster der Apsis wurden mit Glasarbeiten zum Thema Schöpfungsgeschichte von Georg Lippmann neu gestaltet.
Im Rahmen von Instandsetzungen wurden 1994 archäologische Untersuchungen im Inneren der Kirche vorgenommen. Dabei wurden 20 Grabstellen freigelegt, die teilweise aus der Zeit vor der Erbauung der Kirche stammen. Ein männliches Skelett wurde an seiner Fundstelle im Turmeingang belassen und kann durch eine Glasabdeckung betrachtet werden. Und eine neue Orgel macht die Dorfkirche seit 1994 zu einem begehrten Ort für Orgelkonzerte. 1997 wurde ein neuer Altar aufgestellt.
Bis Oktober 1889 war der Kirchhof um die Dorfkirche die Begräbnisstätte für Marienfelde. Dann wurde der neue Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde Marienfelde nördlich der Dorfaue eingeweiht. Auf dem alten Kirchhof sind einige Grabmale noch erhalten. Verblieben und nach 1889 weiter genutzt ist die Grablege der Familie Adolf Kiepert.
Quellen
Literatur (chronologisch)
- Waack, Ulrich: Das Feldsteinmauerwerk der Dorfkirche Marienfelde (Berlin). Überlegungen und Einschätzungen zum mittelalterlichen Baugeschehen. In: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 67/2010, S. 49–68.
- Hans-Werner Fabarius: Marienfelde - Vom Dorf zum Stadtteil Berlins, Herausgegeben vom Gemeindekirchenrat der ev. Kirchengemeinde Marienfelde, Berlin 2001.
- Jan Feustel & Christel Wollmann-Fiedler (Bilder): Alte Dorfkirchen in Berlin, Quintessenz Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-8148-0089-3.
- Marcus Cante: Kirchen bis 1618, In: Berlin und seine Bauten, Teil VI Sakralbauten, Ernst & Sohn Verlag für Architektur, Berlin 1997, ISBN 3-433-01016-1.
- Matthias Hoffmann-Tauschwitz: Alte Kirchen in Berlin. 33 Besuche bei den ältesten Kirchen im Westteil der Stadt. 2. überarbeitete Auflage, Wichern-Verlag, Berlin 1991. ISBN 3-88981-048-9, S. 18-23.
- Hans-Werner Fabarius: Aus der Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Marienfelde, Herausgegeben vom Gemeindekirchenrat der ev. Kirchengemeinde Marienfelde, Berlin 1984.
- Kurt Pomplun: Berlins alte Dorfkirchen, 4. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1973, ISBN 3-7759-0160-4.
- Walter C. Türck: Die Dorfkirchen von Berlin, Evangelische Verlagsanstalt Berlin, Berlin 1950.
Einzelnachweise
- ↑ Kurt Pomplun: Berlins alte Dorfkirchen, Berlin 1962, S. 69f.
- ↑ Waack, Ulrich: Das Feldsteinmauerwerk der Dorfkirche Marienfelde (Berlin). Überlegungen und Einschätzungen zum mittelalterlichen Baugeschehen. In: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 67/2010, S. 49.
- ↑ Jens Rüffer: Die Zisterzienser und ihre Klöster. Leben und Bauen für Gott, Darmstadt 2008, S. 23-26.
- ↑ Ernst Heinrich: Die Dorfkirche von Tempelhof. Eine baugeschichtliche Untersuchung. In: Der Bär von Berlin, 4, 1954, S.45-88.
Weblinks
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Commons: Dorfkirche Marienfelde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Bilder zur Dorfkirche auf der Webseite der Evangelischen Kirchengemeinde Marienfelde
- Seite zur Geschichte der Dorfkirche auf der Webseite der Evangelischen Kirchengemeinde Marienfelde
- Webseite zur Kirchenmusik in der Dorfkirche Marienfelde
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
52.41222222222213.3675Koordinaten: 52° 24′ 44″ N, 13° 22′ 3″ OKategorien:- Kirchengebäude in Berlin
- Baudenkmal (Berlin)
- Berlin-Marienfelde
- Friedhof im Bezirk Tempelhof-Schöneberg
- Feldsteinkirche
- Kirchengebäude der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
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