Dornbuschszene

Dornbuschszene
Mittelteil des Triptychons des brennenden Dornbusch von Nicolas Froment in der Kathedrale von Aix-en-Provence

Mit Dornbuschszene wird eine biblische Erzählung im Alten Testament bezeichnet. In der Dornbuschszene im Buch Exodus erscheint auf dem Berge Horeb der Engel Gottes in Form einer brennenden Flamme und spricht Mose an (Ex 2,23-4,18). Darauf hin teilt Gott selbst seinen Namen, JHWH mit.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Aufgrund dieser Selbstoffenbarung des Bundesgottes zählt die Dornbuschszene zu einer der wichtigsten Passagen des Pentateuch. Der Gottesname, oft nach Ex 3,14 übersetzt mit „Ich bin, der Ich Sein werde“, nach LXX „Ich bin der Seiende“ (egô eimi ho ôn), wird von den Israeliten nur mit großer Ehrfurcht verwendet. Sie ersetzen das Tetragramm (Vierbuchstabenwort) durch Ausdrücke wie „der Name“, „der Ewige“ oder meistens „der Herr“. Jesus verwendet die Dornbuschszene bei der Sadduzäerfrage als Schriftbeweis für die Auferstehung. Dabei wird Gott als der „Lebendige“, bzw. „als Gott der Lebendigen“ verstanden. Zu einem Zeitpunkt, als Abraham, Isaak und Jakob laut biblischer Erzählung längst verstorben waren, spricht Gott zu Moses (Ex 3,6) "Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs." interpretierend: „Ich bin da [bin der Gott] für deinen Vater, und bin da [bin der Gott] für Abraham, und bin da [bin der Gott] für Isaak, und bin da [bin der Gott] für Israel.“).

Der Bibeltheologe Erich Zenger unterscheidet in der Selbstvorstellung Gottes in der Dornbuschszene vier Aspekte:

  • Zuverlässigkeit: Ihr könnt euch darauf verlassen, dass ich da bin, wenn Not ist.
  • Unverfügbarkeit: Ich bin so da, wie ich es will, und nicht, wie ihr es gerne hättet.
  • Ausschließlichkeit: Ich bin ich und kein anderer; damit müsst ihr fest rechnen.
  • Unbegrenztheit: Ihr könnt mir keine Schranken setzen, auch nicht die des Todes.

Darüber hinaus gilt die Preisgabe des Gottesnamens auch als Bundeszeichen, da die Kenntnis eines Namens dem Wissenden zu einer Beziehung zum Namensträger verhilft, wie zum Beispiel in der Mystik um die 99 Namen Allahs im Islam und den hundertsten geheimen Namen Allahs oder auch im Märchen.

Der quantitative und qualitative Sprung von den Mythen der Erzväter zu den historisch fassbaren Tatsachen der Entfaltung des Volkes Israel geht also einher mit drei bedeutenden Wandlungen des Gottesverhältnisses:

1. Den Erzvätern offenbarte sich Gott in Zeichen, Wundern, Naturerscheinungen, Engelsboten und dergleichen. Die Josephsgeschichte und die in sie eingeschlossene Erzählung der Erscheinung des brennenden Dornbusches vor Mose lehrt die Israeliten neue Weisen ihres Gottes; ER ist immer da, zu jeder Zeit und an jedem Ort, ohne Unterlass wirkend, aber im Verborgenen: erzählt wird, wie ein Kind, nämlich Joseph, Opfer eines Verbrechens wird und dann doch auf seinem durchaus weltlichen Lebensweg unter geschickter Nutzung günstiger Anlagen des Geistes, Charakters und Körpers zu höchsten weltlichen Ehren aufsteigt.Das wäre gleichsam auch ohne Gott hingegangen. Das religiöse Gegenstück hierzu ist die Täterperspektive (Josephs Brüder): Von einem so gearteten Gott soll geglaubt werden, er habe die böse Tat inszeniert, damit der Verschleppte und Versklavte - aufgestiegen zum Oberwesir - die Errettung seines auserwählten Volkes vor dem Hungertod bewirken könne. Gottes Wege: verborgen, unverstehbar, uneinsehbar!

2. Gott nennt erstmals seinen Namen, er ist „ansprechbar“ geworden. Wenn Gott ruft: Moshe,Moshe!“ und Mose antwortet „Hier bin ich“, ist es jetzt erstmals dem Menschen (hier: Mose) erlaubt zu rufen :“Jahwe, Jahwe!“ und ER antwortet :“Hier bin ich“. Denn die erste Silbe seines Namens JA ist uralter Bestandteil mancher Personennamen wie etwa bei Ja-hu-wa-da = Juda. Am Dornbusch redet also der Mensch direkt mit IHM, verhandelt, macht Einwände, stellt Fragen. Diesen sozusagen „familiären“ Umgang mit Gott haben die Juden heute noch.

3. Nach der Silbe „Ich bin“ = JA folgt die zweite Silbe HWE bzw. als hebräisches Trigramm HWH.. Und das ist nun nicht der „Ich bin der Ich bin“, frag nicht weiter, bleib auf Abstand! Die hebräische Bedeutung ist vielmehr so etwa wie „Ich bin da“! Und zwar in allen Zeitformen je nach Zusammenhang: „der da war“, „der da ist“ und „der ins Dasein führt“. Alle Zeitformen zusammen, als Einheit genommen, bilden aber die Ewigkeit, welche den Menschen und seine Welt umfängt und durchdringt. Und das ist nun nicht ein in absoluter Schönheit und Wahrheit leeres Vorhandensein in ewiger Unbewegtheit, sondern ein Handeln, Wirken, Schöpfen (Zukunft als das auf uns ständig Zukommende):

J A H W E : Ich bin der „Ich-bin-da“ d.h. für euch, eurer Heil wirkend!

Lokalisierung

Brennender Dornbusch im Katharinenkloster auf dem Sinai

Ein Ableger des brennenden Busches wird heute im Katharinenkloster auf dem Sinai, unterhalb des Dschebel Musa gezeigt; er soll mit dem echten Dornenbusch, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, über die Wurzeln in Verbindung stehen.

Botanik

Der Diptam (Dictamnus albus) aus der Familie der Rutaceae wird auch Brennender Busch genannt, und manche vermuten hier den Ursprung des biblischen Phänomens. Die Pflanze sondert aromatische Öle ab, die sich an heißen Tagen tatsächlich entzünden können. Auch Spindelsträucher (Euonymus) werden in den USA wegen der herbstlichen Farbe ihrer Blätter „burning bush“ genannt. Bei dem „Dornbusch“, der auf dem Gelände des Katharinenklosters wächst, handelt es sich um eine Brombeerart (Rubus sanctus).

Literatur und Quellen

  • Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum, Kösel (München) 2005, S. 132
  • Mémorial des Pascal. bei R. Guardini, Christliches Bewusstsein, München 1950 47 f; Herbert Vorgrimler, Marginalien zur Kirchenfrömmigkeit Pascals, in: J. Daniélou-H. Vorgrimler, Sentire ecclesiam, Freiburg 1961, 371-406
  • Oskar Kokoschka: Der brennende Dornbusch.
  • Arnold Schönberg: Moses und Aron. (1926)
  • Kl. Kiesow/Th. Meurer: Zur Wirkungsgeschichte der Dornbuschszene (Ex 2,23-4,18) Textarbeit. Studien zu Texten und ihrer Rezeption aus dem Alten Testament und der Umwelt Israels, Festschrift P. Weimar (AOAT 294), Münster 2003, 585-610.
  • Erich Garhammer/U.Zelinka (Hg.): Brennender Dornbusch und pfingstliche Feuerzungen Biblische Spuren in der modernen Literatur (Einblicke, 7), Paderborn 2003, 161-176.
  • T. Staubli: Verdichtung am Dornbusch Schweizerische Kirchenzeitung - 1998
  • L. Ragaz: Die Bibel eine Deutung Zürich/Freiburg(Brig) 1990.
  • H.A. Mertens: Handbuch der Bibelkunde., Patmos (Düsseldorf) 1984

Weblinks


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