Double-Chooz-Experiment

Double-Chooz-Experiment
Logo des Experiments

Im Double-Chooz-Experiment wird die besondere Eigenart von Neutrinos untersucht, sich von einer Sorte in eine andere umzuwandeln (Neutrinooszillation). Das Experiment wird im Rahmen einer internationalen Kollaboration in Frankreich am Kernkraftwerk Chooz betrieben, in dem durch Kernprozesse Antineutrinos in großer Zahl entstehen. Zur Bestimmung der Umwandlungswahrscheinlichkeit werden zwei identische Detektoren in 400 und 1050 m Entfernung zum Reaktor aufgebaut. Da Neutrinos eine sehr geringe Reaktionswahrscheinlichkeit haben, wird von 2010 an etwa 5 Jahre lang gemessen, um genügend Neutrinos nachzuweisen und die kleine Umwandlungswahrscheinlichkeit erstmals zu messen, oder Obergrenzen für diesen Prozess abzuleiten.[1]

Dieses Experiment ist der Nachfolger des Chooz-Experiments, das ebenfalls Neutrinos am Kernkraftwerk Chooz detektierte. Das ursprüngliche Chooz-Experiment konnte die bis heute genaueste Obergrenze für die Umwandlungswahrscheinlichkeit der Elektronneutrinos bestimmen, die mit θ13 angegeben wird. Von Double Chooz erhofft man sich eine nochmals stark verbesserte Grenze oder sogar einen genauen Wert. Ein erstes Ergebnis aus der Analyse der Detektordaten wurde im November 2011 in Korea präsentiert.

Inhaltsverzeichnis

Konzept des Double-Chooz-Experiments

Oszillationswahrscheinlichkeit von Elektronantineutrinos

Der radioaktive Zerfall von Spaltprodukten im Kernreaktor liefert als Nebenprodukt Antielektronneutrinos, die in alle Richtungen fliegen. Einer von zwei Detektoren wird relativ nahe am Reaktor aufgestellt. Die Antineutrinos haben bis zum nahen Detektor noch nicht die Möglichkeit, sich in eine andere Sorte umzuwandeln. Der zweite Detektor ist dagegen in einem größeren Abstand platziert, in dem Umwandlungen wahrscheinlicher werden. Die Detektoren können ausschließlich die im Reaktor erzeugten Antielektronneutrinos messen. Misst man also im fernen Detektor weniger Neutrinos als durch die Abstandsverdünnung erwartet, kann man davon ausgehen, dass die Antielektronneutrinos sich teilweise in eine andere Sorte umgewandelt haben. Aus der Anzahl der Neutrinoereignisse im fernen Detektor im Vergleich zum nahen Detektor schließt man darauf, wie groß die Umwandlungswahrscheinlichkeit ist.

Neutrinos besitzen keine elektrische Ladung und lassen sich deshalb nur schwer nachweisen. Im Fall des Double Chooz Experiments geschieht der Neutrinonachweis über den inversen Betazerfall, bei dem ein Antielektronneutrino ein Proton in ein Neutron und ein Positron umwandelt:

\bar{\nu_e} + p^+ \rightarrow n^0 + e^+

Das entstehende Positron erzeugt im Detektor Szintillationslicht. Um das Neutron nachzuweisen ist dem Flüssigszintillator Gadolinium zugesetzt, das das Neutron mit hoher Wahrscheinlichkeit einfängt und dabei in einen angeregten Zustand übergeht. Der angeregte Gadoliniumkern kann dann unter Aussendung von Gammastrahlung in den Grundzustand übergehen, was wieder zur Produktion von Szintillationslicht führt. Das Licht wird dann von den Photovervielfachern registriert.

Detektorprinzip

Der Detektor besteht aus verschiedenen Teilen, die spezielle Aufgaben erfüllen. Im Innersten des Detektors sollen die Neutrinoreaktionen in einem Flüssigszintillator nachgewiesen werden. Dabei trifft ein Neutrino auf ein Proton und es entstehen ein Neutron und ein Positron (das Antiteilchen des Elektrons). Beide Reaktionsprodukte werden detektiert, um ein klar definiertes Neutrinosignal zu erhalten: Das Positron zerstrahlt zusammen mit einem Elektron aus der Umgebung und erzeugt damit zwei hochenergetische Photonen. Um das Neutron einzufangen, enthält der Szintillator Gadolinium. Dabei entstehen ebenfalls hochenergetische Photonen, die zeitlich etwas verzögert zum Positron-Signal auftreten. Im Flüssigszintillator der inneren zwei Volumina des Detektors wird die Energie der Photonen schrittweise umgewandelt, bis man am Ende sichtbares Licht erhält. Dieses Licht wird mithilfe von Photovervielfachern detektiert. Photovervielfacher sind Geräte, die einzelne Photonen im sichtbaren Bereich in ein elektrisches Signal umwandeln können. Der äußere Teil des Detektors dient zur Abschirmung von natürlicher radioaktiver Strahlung aus der Umgebung. Das vierte Volumen wird zur aktiven Untergrundunterdrückung verwendet. Vor allem kosmische Myonen, die die Messung stören können, sollen in diesem Teil des Detektors erkannt werden.

Erste Ergebnisse

Auf der LowNu-Konferenz in Seoul wurden im November 2011 erste Ergebnisse des Double Chooz Experimentes vorgestellt[2]. Der wahrscheinlichste Wert von θ13 ist demnach nun:

\sin^2(2\theta_{13}) = 0,085 \pm 0,051[3]

Die Wahrscheinlichkeit, dass keine Oszillation vorliegt (θ13 = 0), beträgt nach den vorläufigen Resultaten nur 7,9%. Das Double Chooz Experiment ist damit das erste Reaktorneutrinoexperiment, das die Oszillation von Elektronantineutrinos auf kurzen Distanzen nahelegt. Weitere Messungen mit größerer Statistik und insbesondere die Daten des nahen Detektors werden den Fehler auf θ13 weiter deutlich verkleinern.

Institute aus Deutschland

Neben zahlreichen anderen Instituten aus Frankreich, USA, Japan, Spanien, Russland und Brasilien sind auch fünf deutsche Institute an Double Chooz beteiligt:

Einzelnachweise

  1. David McKee, DoubleChooz: progress and expected sensitivity, Vortrag auf der Konferenz "TeV Particle Astrophysics 2009", online
  2. Herve de Kerret, "First results from the Double Chooz experiment", Vortrag auf der LowNu-Konferenz in Seoul, November 2011. Via Double Chooz: Status and News page
  3. Artikel im Informationsdienst Wissenschaft: online

Literatur

Weblinks


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