Durchsicht von Papieren

Durchsicht von Papieren

Die Durchsicht von Papieren ist eine strafprozessuale Maßnahme bei Durchsuchungen im Ermittlungsverfahren.

Die gesetzliche Regelung findet sich nach dem deutschen Strafprozessrecht in § 110 StPO.

(1) Die Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen steht der Staatsanwaltschaft und auf deren Anordnung ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu.
(2) Im Übrigen sind Beamte zur Durchsicht der aufgefundenen Papiere nur dann befugt, wenn der Inhaber die Durchsicht genehmigt. Andernfalls haben sie die Papiere, deren Durchsicht sie für geboten erachten, in einem Umschlag, der in Gegenwart des Inhabers mit dem Amtssiegel zu verschließen ist, an die Staatsanwaltschaft abzuliefern.
(3) Die Durchsicht eines elektronischen Speichermediums bei dem von der Durchsuchung Betroffenen darf auch auf hiervon räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von dem Speichermedium aus zugegriffen werden kann, erstreckt werden, wenn andernfalls der Verlust der gesuchten Daten zu besorgen ist. Daten, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können, dürfen gesichert werden; § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

Inhaltsverzeichnis

Durchsichtsvorbehalt für die Ermittlungsbehörden

§ 110 Abs. 1 und 2 StPO erlauben die Durchsicht gegen den Willen des Betroffenen nur der Staatsanwaltschaft bzw. deren Ermittlungspersonen. Nach bisheriger Auffassung waren elektronische Speichermedien schon immer in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen (vgl. BGH NStZ 2003, 670). Der Gesetzgeber hat dies mit der Regelung in Abs. 3 (der seit dem 1. Januar 2008 in dieser Fassung gilt) ausdrücklich bestätigt. Als elektronische Medien können darüber hinaus auch Computereinheiten wie Notebooks betroffen sein, wenn der Datenträger nicht separat zur Durchsicht mitgenommen werden kann. Die Mitnahme selbst stellt keine Beschlagnahme dar.

Nicht als "Papier" im Sinne der Vorschrift gelten im Übrigen Druckwerke.

Anwesenheitsrecht

Dem Betroffenen der Durchsichtsmaßnahme kann bei der Durchsicht die Anwesenheit gestattet werden. Ggf. muss dem Betroffenen aus verfassungsrechtlichen Gründen die Anwesenheit auch gestattet werden (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 2005, 1917).

Rechtsbehelf

Gegen die Mitnahme zur Durchsicht war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 StPO als Rechtsbehelf bis dahin schon entsprechend anwendbar, weil die Durchsicht der Papiere Teil der Durchsuchung ist. Die Regelung des Abs. 3 (letzter Halbsatz) bestätigt dies auch für elektronische Medien.

Schwerwiegende Verstöße gegen die Vorschriften des § 110 StPO können ein Verwertungsverbot der gewonnenen Beweise zur Folge haben.

Kritik

Die deutsche Regelung zur Durchsicht von Papieren wurde in der Literatur erheblich kritisiert [1]. Es wurde insbesondere die Übertragung der Zuständigkeit auf den Ermittlungsrichter gefordert. Dafür spreche das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen.

Einzelbelege

  1. vgl. Knauer/Wolf NJW 2004, 2937; Sommer AnwBl. 2004, 507

Literatur

  • Tido Park, Der Anwendungsbereich des § 110 StPO bei Durchsuchungen in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, in: wistra 2000, 454-458
  • Detlef Burhof, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 572 Durchsuchung, Durchsicht von Papieren, online [1]
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