Dürmayer

Dürmayer

Heinrich Dürmayer (* 10. April 1905 in Wien; † 22. September 2000 ebenda) war ein österreichischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Lagerältester im KZ Auschwitz, Rechtsanwalt und Polizist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der studierte und später promovierte Jurist Heinrich Dürmayer mußte 1935/1936 eine mehrmonatige Haftstrafe wegen kommunistischer Betätigung in Österreich verbüßen. Während des Studiums ist er der schlagenden Studentenverbindung Corps Marchia Wien beigetreten. Diese Verbindung galt als paritätisch-liberal und nahm auch jüdische Studenten als Mitglieder auf.

Dürmayer, Funktionär der KPÖ, kämpfte ab 1937 im spanischen Bürgerkrieg in den Internationale Brigaden auf seiten der Republik gegen die Errichtung einer Diktatur unter Franco. Nach der Niederlage der Republikaner floh Dürmayer nach Frankreich, wo er im Februar 1939 in französische Internierungshaft geriet.

Nach der Niederlage Frankreichs im Zweiten Weltkrieg wurde er am 4. September 1940 an das „Großdeutsche Reich" ausgeliefert, von der Gestapo in Wien verhört und erkennungsdienstlich erfasst. Nach einem Jahr Untersuchungshaft wurde er nach einem Prozess in Wien in das KZ Dachau eingeliefert und im Januar 1942 erneut der Gestapo in Wien überstellt.

Mitte März 1942 wurde Dürmayer von dort in das KZ Flossenbürg verbracht, wo er neun Monate im Steinbruch arbeitete und dem bedingt organisierten Lagerwiderstand um Karl Fugger angehörte. Von dort wurde er im Januar 1944 in das KZ Auschwitz überstellt, fungierte zunächst als Kapo der SS-Bekleidungskammer und war ab August 1944 bis zur Evakuierung im Januar 1945 Lagerältester des KZ Auschwitz I (Stammlager). Dürmayer, der in diesen Funktionen zwangsläufig engen Kontakt mit der Lagerprominenz und auch der SS hatte, war auch in Auschwitz Mitglied der internationalen Widerstandsbewegung und nutzte seine Position im Lager auch effizient für diese Organisation. Hermann Langbein, ebenso wie Dürmayer politischer Häftling in Auschwitz, hielt diesem dennoch vor, dass er zu engen Kontakt mit den sogenannten kriminellen Häftlingen sowie der SS gepflegt und sich somit von anderen Häftlingen entfremdet hätte. Während der Evakuierung des KZ Auschwitz im Januar 1945 soll Dürmayer, laut Langbein, mit anderer Lagerprominenz das Lager im Auto des Schutzhaftlagerführers Franz Hößler verlassen haben. Von Wodzisław Śląski gelangte Dürmayer mit einem Transport am 25. Januar 1945 in das KZ Mauthausen, wo er erneut eine führende Position (Präsident des Internationalen Komitees) im Lagerwiderstand inne hatte. Am 16. Mai 1945, kurz nach der Befreiung des KZ-Mauthausen, verlas Dürmayer für das internationale Komitee namens aller ehemaligen politischen Mauthausenhäftlinge den sogenannten „Mauthausen-Schwur“.

Nach Kriegsende

Nach der Befreiung wurde Dürmayer umgehend von dem österreichischen Innenminister der provisorischen Regierung, dem KPÖ-Führungsmitglied Franz Honner, mit dem Aufbau und der Leitung einer neuen und unbelasteten Staatspolizei beauftragt. Als Leiter der Staatspolizei (später: staatspolizeiliches Büro der Bundespolizeidirektion Wien) sowie der Abteilung zur Ermittlung von Kriegsverbrechern bei der Polizeidirektion Wien konnte Dürmayer, dessen Abteilung hauptsächlich aus Kommunisten und sogenannten Unbelasteten bestand, im August 1945 den ehemaligen Leiter der Politischen Abteilung in Auschwitz Maximilian Grabner bei der Feldarbeit verhaften. Dürmayer unterzog Grabner Anfang September 1945 einem polizeilichen Verhör, welches auch in der Wochenschau vorgeführt wurde. Zudem gelang ihm auch die Festnahme von Siegfried Seidl, dem ehemaligen Kommandanten des Ghetto Theresienstadt. Im September 1947 wurde Dürmayer aus politischen Gründen (Beginn des Kalten Krieges) von diesem Posten durch den Innenminister Oskar Helmer entbunden.

Dürmayer widmete sich in der Folge der Schaffung der Gedenkstätte Mauthausen und wurde 1948 einer der Präsidenten eines KZ-Verbandes (Bundesverband Österreichischer Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus). Zudem war er führend in der KPÖ tätig und arbeitete als Rechtsanwalt in Wien. Im Frankfurter Auschwitzprozess sagte Dürmayer als Zeuge aus. Dürmayer starb im September 2000 in Wien.

Literatur

  • Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Frankfurt am Main, Berlin Wien, Ullstein-Verlag, 1980, ISBN 3-54833014-2
  • Walter Schuster und Wolfgang Weber: Entnazifizierung im regionalen Vergleich, Archiv der Stadt Linz, Linz 2004
  • Hans-Peter Klausch: Zum antifaschistischen Widerstandskampf der deutschen, österreichischen und sowjetischen Kommunisten im Konzentrationslager Flossenbürg 1940 - 1945, Bibliotheks- u. Informationssystem d. Univ. Oldenburg, Oldenburg 1990, ISBN 3-8142-0240-6

Weblinks


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