Eidetische Reduktion

Eidetische Reduktion

Eidetische Reduktion (altgr. ειδος = die Schau, das Geschaute oder Wesen (Platon) und lat. reductio = Zurückführung) ist ein Begriff und eine Methode der Phänomenologie Edmund Husserls. Grob gesagt handelt es sich dabei um eine Rückführung alles Erlebten auf das „Wesentliche“. Oft wird dafür das sogenannte Zwiebelschalenmodell verwendet. Die Schichten der Erscheinung des Gegenstandes werden, wie die Häute einer Zwiebel, abgeschält, bis das Wesentliche des Gegenstandes zum Vorschein kommt.

Die Phänomenologie geht davon aus, dass komplizierte Wahrheiten aus einfacheren aufgebaut sind, welche wiederum aus noch einfacheren bestehen. Die Endpunkte dieser Begründungskette werden Phänomene genannt. So bestehe die erste Aufgabe methodischen Denkens im Rekurs auf evidente Phänomene, die durch die Intuition mit absoluter Sicherheit gegeben sind. Diese Rückführung der faktischen Eigenschaften der „intentionalen Erlebnisse“ und ihrer Gegenstände auf die eidetische Bestimmtheit, die ihnen zugrunde liegt und für die die faktischen Eigenschaften nur auswechselbare Beispiele sind, nennt Husserl eidetische Reduktion. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass sich jeglicher ungesicherter Urteile enthalten wird. Das bedeutet, dass während der phänomenologischen Reflexion alles das ausgeblendet werden muss, was nicht zum Wesen (Eidos) gehört, die Epoché muss universal werden.

Kurt Wuchterl nennt fünf Bereiche, die in diesem Prozess ausgeblendet werden:

  1. angelerntes Wissen aus den Wissenschaften sowie metaphysische Spekulationen - alles mittelbare (vgl. die Atomtheorie, die formale Logik, die Metaphysik)
  2. alles aus der Tradition übernommene
  3. was dem betrachteten Objekt nur aufgrund seiner Beziehung zu meiner Person zugeschrieben, aber von anderen nicht nachprüfbar ist
  4. beliebige Elemente, die auch anders sein können, also nicht wesensnotwendig für das betrachtete Objekt, z. B. die Farbe des Hauses (Im Gegensatz dazu, dass das Haus ein Dach hat)
  5. Zuletzt wird die objektive Existenz des Erlebten ausgeblendet, weil diese per definitionem als transzendentales Element keinen Bewußtseinsinhalt darstellen kann und somit nicht zum evidenten Phänomen gehören kann.

Da der Mensch die Fähigkeit habe, in der Anschauung eine Wirklichkeit unmittelbar zu erfassen, werde das Wesen losgelöst von oben genannten Bereichen erfasst. Diese Wesensschau bringt ein Allgemeines, eine allgemeine Form zutage, die allen Einzeldingen derselben Gattung innewohnt.

Literatur

  • Held, Klaus: Einleitung, in Edmund Husserl: Die phänomenologische Methode, Ausgewählte Texte I. Stuttgart, 1985.
  • Wuchterl, Kurt: Methoden der Gegenwartsphilosophie, UTB, Stuttgart, 3. Auflage, 1999.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Reduzierbar — Reduktion (Verb reduzieren, lat. reducere = zurückführen) bezeichnet: Korrektion von Messwerten die Gelände oder topografische Reduktion bei Schwereanomalien und Lotabweichungen in der Meteorologie die Umrechnung des am Standort gemessenen… …   Deutsch Wikipedia

  • Reduzierbarkeit — Reduktion (Verb reduzieren, lat. reducere = zurückführen) bezeichnet: Korrektion von Messwerten die Gelände oder topografische Reduktion bei Schwereanomalien und Lotabweichungen in der Meteorologie die Umrechnung des am Standort gemessenen… …   Deutsch Wikipedia

  • Phänomenologisch — Die Phänomenologie (griechisch phainomenon „Sichtbares, Erscheinung“; logos „Rede, Lehre“) ist eine gegenwärtige philosophische Strömung, die auf Edmund Husserl zurückgeht. Phänomenologen sehen den Ursprung der Erkenntnisgewinnung in den… …   Deutsch Wikipedia

  • Phänomenologie — Die Phänomenologie (von altgriechisch φαινόμενον phainómenon ‚Sichtbares‘, ‚Erscheinung‘ und λόγος lógos ‚Rede‘, ‚Lehre‘) ist eine gegenwärtige philosophische Strömung, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts von Edmund Husserl geprägt …   Deutsch Wikipedia

  • Husserl — Edmund Husserl (* 8. April 1859 in Proßnitz, Mähren; † 27. April 1938 in Freiburg im Breisgau) war ein Philosoph und Mathematiker. Der Geburt nach Österreicher, erwarb Husserl 1896 die preußische Staatsangehörigkeit. Husserl gilt als Begründer… …   Deutsch Wikipedia

  • Abstrakter Begriff — Mit dem Ausdruck Begriff (mhd. und frühnhd. begrif oder begrifunge) bezeichnet man üblicherweise eine semantische Einheit – im Unterschied zum Wort als sprachlicher Einheit den gemeinten Bedeutungsinhalt dieses Wortes oder den begrifflichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Bedeutungsbildung — Mit dem Ausdruck Begriff (mhd. und frühnhd. begrif oder begrifunge) bezeichnet man üblicherweise eine semantische Einheit – im Unterschied zum Wort als sprachlicher Einheit den gemeinten Bedeutungsinhalt dieses Wortes oder den begrifflichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Begriffen — Mit dem Ausdruck Begriff (mhd. und frühnhd. begrif oder begrifunge) bezeichnet man üblicherweise eine semantische Einheit – im Unterschied zum Wort als sprachlicher Einheit den gemeinten Bedeutungsinhalt dieses Wortes oder den begrifflichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Begrifflichkeit — Mit dem Ausdruck Begriff (mhd. und frühnhd. begrif oder begrifunge) bezeichnet man üblicherweise eine semantische Einheit – im Unterschied zum Wort als sprachlicher Einheit den gemeinten Bedeutungsinhalt dieses Wortes oder den begrifflichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Begriffsbildung — Mit dem Ausdruck Begriff (mhd. und frühnhd. begrif oder begrifunge) bezeichnet man üblicherweise eine semantische Einheit – im Unterschied zum Wort als sprachlicher Einheit den gemeinten Bedeutungsinhalt dieses Wortes oder den begrifflichen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”