Einsturztrichter

Einsturztrichter
Einsturzdoline Neues Eisinger Loch, Enzkreis, Baden-Württemberg

Als Doline (von slawisch dolina: Tal) oder Karsttrichter bezeichnet man eine schlot-, trichter- oder schüsselförmige Senke von meist rundem oder elliptischem Grundriss in Karstgebieten. Ihr Durchmesser schwankt meist zwischen zwei und 200 Metern, kann bei wannenartigen Subrosionssenken aber auch mehrere Kilometer aufweisen. Ihre Tiefe reicht von zwei bis zu mehr als 300 Metern. Die größten (nach Volumen) sind Sarisariñama-Tepui in Venezuela und Sótano del Barro in Mexiko.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung von Dolinen und Erdfällen

Zwei Einsturzdolinen beim Dorf Dídyma, 25 km von Ermióni (Peloponnes, Griechenland)

Dolinen entstehen immer durch Lösungsvorgänge an der Erdoberfläche, im Gegensatz zum so genannten Erdfall, der eine Lösungserscheinung bezeichnet, die durch Vorgänge im Erdinneren ausgelöst wurde. Dieser Unterschied wird vielfach nicht erkannt, wodurch die Begriffsbildung Erdfalldoline, welche abzulehnen ist, entstand. Dolinen bilden sich einerseits bevorzugt in den subtropischen Klimazonen, allerdings nicht in trockenen Wüsten- und Wüstensteppengebieten.

Diese Karstform entsteht in Bereichen mit starken subterranen Lösungen. In der Kleinform sind sie aber genauso in den gemäßigten Breiten (z. B. Paderborner Hochfläche) anzutreffen. Ihre Entstehung setzt eine ausreichende Benetzung der Gesteinsoberflächen durch Regen, Schmelzwasser oder Tau voraus, kann jedoch auch durch Kontakt von Grundwasser mit stark wasserlöslichem Gestein hervorgerufen werden. Als solche sind vor allem Kalkstein, Marmor, Dolomit oder auch Steinsalz zu nennen.

Je reiner und klüftiger (spaltenreicher) beispielsweise der Kalk ist, desto schneller vollzieht sich der Verkarstungsprozess, bei dem kohlensäurehaltiges Wasser die Kalklösung (Korrosion) initiiert. Ist das Gestein unterirdisch hinreichend gelöst, bilden sich Klüfte, Schlote und Hohlräume unterschiedlicher Größe.

Manchmal stehen Dolinen auch mit weit verzweigten Höhlensystemen in Verbindung. Dolinen entstehen selten an Steilhängen oder in Hochgebirgen, da der Oberflächenabfluss des Wassers hier in der Regel zu schnell geschieht, um die chemischen Lösungsprozesse in Gang zu setzen. Eine Ausnahme ist beispielsweise die Doline des Funtensees.

Erdfall- und Dolinentypen

Einsturzdoline beim Dorf Dídyma (Peloponnes, Griechenland)
  • Werden die Decken von Höhlen instabil, etwa infolge tektonischer Bewegungen, entstehen durch Einbruch Erdfälle, die, aus den oben beschriebenen Gründen, nicht zu den Dolinen gerechnet werden.
  • Einsturztrichter und Bodensenkungen bilden sich durch das Einstürzen unterirdischer Hohlräume, die teils hunderte Meter unter der Erdoberfläche liegen und sich zuvor durch das Auflösen von wasserlöslichem Gestein oder durch das Ausspülen von Lockermaterialien entwickelt haben und dem Druck der darüber liegenden Schichten nachgeben müssen (Beispiel; vgl. auch „Erdfalltrichter über Salzstöcken“ weiter unten).

Korrosionsdolinen

  • Durch Lösung und Ausspülung des Oberflächengesteins können sich Trichterdolinen oder wesentlich flachere Schüsseldolinen (oder Uvalas) bilden.
Schematische Darstellung der Bildung einer Erosionsdoline
  • Karstschlote führen als schlauchförmige, sich erweiternde oder verengende Naturschächte senkrecht oder schräg in den Untergrund und münden oft in Höhlen, deren Lichtschächte sie bilden. Enden die Schlote blind, werden sie als Karstbrunnen bezeichnet.

Erosionsdolinen

  • Ponordolinen haben eine ähnliche Form wie Korrosionsdolinen, unterscheiden sich aber wesentlich durch ihre Genese. Indem das durch die Klüfte und Spalten (Schwundlöcher) abfließende Wasser die vorhandenen Lockermassen abspült, entstehen hier die typischen Hohlformen vorwiegend durch Erosion. Da sich hier teilweise Lehm ansammelt, werden die Hohlräume abgedichtet und es können Seen entstehen.

Mardellen

Auf Muschelkalkhochflächen finden sich mitunter auch Mardellen genannte zumeist künstliche Geländemulden, die ab der Eisenzeit durch Materialentnahme entstanden und dann als Flachsröste, Viehtränke oder Wasserreservoir dienten.

Dolinenvorkommen

Doline im Berner Oberland

Dolinen als typische Karstformen kommen überall vor, wo genügend mächtige Kalkstein- oder Gipsgesteine den Untergrund bilden. So finden sie sich zum Beispiel in Süd-Kroatien und Bosnien und Herzegowina, den „klassischen Ländern des Karstes“ und der Karstforschung. Eine der großartigsten Dolinen ist hier die vor etwa zwei Millionen Jahren bei Imotski eingebrochene Rote Doline, der Rote See, der 280 Meter tief ist. In ihrer Nähe liegt die Blaue Doline, die bei stark schwankendem Wasserspiegel bis zu 100 Meter tief ist. Dolinen gibt es in allen anderen Mittelmeerländern wie zum Beispiel Griechenland, Frankreich, Spanien. In den rumänischen Westkarpaten existiert ein Nationalpark des Karstes mit einem 200 Meter tiefen Komplex aus drei Einsturzdolinen (Cetatile Ponorului). Hier treffen zwei unterirdische und ein oberirdischer Wasserlauf zusammen.

Dolinen sind jedoch nicht nur mediterrane und südosteuropäische Erscheinungsformen. So finden sich zahlreiche Dolinen auch in Mitteleuropa, in Österreich oder Deutschland, wie etwa im Toten Gebirge, in der mittleren Schwäbischen Alb, das Grünloch bei Lunz am See in Niederösterreich, im Kraichgau (sowohl Einbruchs- als auch Lösungsdolinen: Dolinenfelder Eisinger Loch, Neulinger Berg u. a.), im sauerländischen Hemer (Felsenmeer), im südlichen Harzvorland, in Tschechien (Macocha) und im Schweizer Jura.

Roter See (Crveno jezero) im Süden Kroatiens, ca. 280 m tief
Doline in Laichingen auf der Schwäbischen Alb

In Norddeutschland entstanden Erdfalltrichter über Salzstöcken, die zuvor durch Grundwasserablaugung (Subrosion) ausgehöhlt worden und eingestürzt waren. Oft entwickelten sich darin Seen oder Moore - Beispiele sind der Arendsee bei Salzwedel, der Maujahn bei Dannenberg, die Bullenkuhle bei Uelzen, der Rudower See (über dem Salzstock Gorleben-Rambow), das Sager Meer im Landkreis Oldenburg, der Seeburger See im Eichsfeld und das Zwischenahner Meer. Im Gebiet der sogenannten „Valdorfer Mulde“ bei Vlotho liegende Erdfälle mit Moorausbildung waren im 19. Jahrhundert Anlass zur Gründung von Kur- und Badeeinrichtungen in dieser Region.[1] Noch im Jahre 1970 gab es in dieser Gegend einen bedeutenden Erdfall.[2]

Ausgedehnte Dolinenvorkommen sind auch aus anderen Kontinenten und Ländern bekannt, so etwa aus Mexiko, den USA oder China.

Besonderheiten

Durch die teilweise erhebliche Tiefe in Verbindung mit der Trichterform ist der Luftwechsel mitunter signifikant eingeschränkt, was zur Ausbildung von spezifischen Mikroklimata führen kann. So herrscht beispielsweise in der schwäbischen Doline Weidenwang (Gemeinde Sonnenbühl) an mehr als 220 Tagen im Jahr Frost, da die kalte Luft nicht entweichen kann. In der Doline Grünloch bei Lunz am See in Niederösterreich wurde 1932 mit minus 52,6 Grad Celsius die niedrigste in Mitteleuropa dokumentierte Temperatur gemessen.[3]

Siehe auch

Quellen

  1. O. Deutloff, H. Hagelskamp, G. Michel: Über die Erdfall-Quelle von Bad Seebruch in Vlotho, Ostwestfalen. Fortschritte in der Geologie von Rheinland und Westfalen 20, 27 – 40, Krefeld 1974
  2. Hans-Peter Märgner: Die Erdfälle von Vlotho. Geschichtswerkstatt Exter
  3. Manfred Dorninger: Das Grünloch. Institut für Meteorologie und Geophysik, Universität Wien, Vortrag 29. November 2003 (pdf; 1,89 Mb)

Weblinks


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