- El Cóndor Pasa
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El cóndor pasa („der Kondor fliegt vorüber“) ist ein Lied aus Peru, das durch eine englischsprachige Version von Simon & Garfunkel aus dem Jahre 1970 bekannt wurde. Das Original geht zurück auf eine peruanische Volksweise des 18. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
Entstehungsgeschichte
Das 1913 von Daniel Alomía Robles komponierte El cóndor pasa beruht auf dem urheberrechtsfreien peruanischen Volkslied Soy la paloma que el nido perdió („Bin die Taube, die das Nest verloren hat“) aus dem 18. Jahrhundert, das zum Public Domain gehört. Julio Baudouin y Paz fügte der Melodie einen anderen Text mit dem Titel El cóndor pasa bei, der erstmals in Lima am 19. Dezember 1913 im Teatro Mazzi aufgeführt wurde[1]. Der damals 42-jährige Komponist Robles formte das Lied zu einer Zarzuela, einem gesprochenen und gesungenen Theaterstück[2]. Diese Zarzuela bestand aus acht Teilen: Einführung („introducción“), männlichem Chor („coro“), traurige Inkamusik aus den Anden („yaraví“), Duett aus Sopran und Bariton („dúo“), Romanze („romanza“), Königstanz („kashua“)[3], volkstümlicher Marsch („pasacalle“) und Fürbitte („plegaria“).
Die Zarzuela spielt in einer Mine in Cerro de Pasco und klagt über die Konflikte zwischen den indianischen Minenarbeitern und den europäischen Eigentümern (sajones, also „Sachsen“). Im Laufe des Stückes wird der ausbeuterische Mr. King von Higinio ermordet. Doch die ersehnte Freiheit und Lösung der ständigen Konflikte bringt das nicht, denn Nachfolger wird Mr. Cup, mit dem sich die sozialen Missstände unverändert fortsetzen. Der Kondor, das Symbol der Freiheit, zieht weiter seine Kreise. Die Fürbitte ruft den Kondor an, der einen Betroffenen mitnehmen solle ins Reich der Inka nach Machu Picchu.
Diese Zarzuela wurde erst 1933 urheberrechtlich geschützt, als Robles sich als Kulturattaché in New York aufhielt. Er wählte den Musikverlag Edward B. Marks Music Corp. aus, der Robles und den Übersetzer Paul Yoder (1908–1990) als Urheber mit dem Titel El cóndor pasa: Inca Dance bei BMI registrieren ließ[4]. Das der urheberrechtlichen Registrierung zugrunde liegende Ursprungsarrangement für Piano stammte von George Cole. In dieser Ursprungsform beginnt das Stück mit sehr langsamen choralem Tempo, das dann allmählich zunimmt und mit sehr hohem Tempo endet.
Eine frühe Coverversion erschien im Jahre 1942 von der Marshall’s Civic Band des John B. Marshall[5], dem Todesjahr von Robles. Eine erste Beschreibung in der Fachpresse vom Oktober 1942 basiert auf der Bearbeitung von George Cole, die der Urheberrechtsregistrierung 1933 zugrunde gelegen hatte. Die Beschreibung erklärt den Beginn des Songs im Stil eines Rezitativs, der Teil danach beginne mit einer attraktiven Melodie, eine Bridge führe in die zweite Sektion der Komposition mit einer anderen Tonart und einem leicht erhöhten Tempo; nach einigen Passagen mit Tanzfiguren gelange sie schließlich zu einem dramatischen Finale[6].
Version von Los Incas
Über die Folklore-Gruppe Los Incas ist nicht sehr viel bekannt. Los Incas wurden im Jahre 1956 vom Argentinier Jorge Milchberg (Charango) gegründet. Mitglieder waren außer ihm Jorge Cumbo und Una Ramos (Quena-Flöte) und Emilio Arteaga (Gitarre und Bombo-Basstrommel). Sie spielten Lieder des Altiplano (Andenhochland) und wurden dadurch auch in Europa bekannt. Im Jahre 1963 nahmen sie eine Version mit dem Titel El Condor Pasa für ihre LP Amérique du Sud - Voyages Autour du Monde (Phillips) in Paris auf, obwohl sie den Song zumeist als Paso Del Condor („Vorbeiflug des Kondors“) aufführten. Das Flötensolo in A-Moll bewegt sich zwischen E4 und C6. Später benannte sich die Gruppe zeitweise in Urubamba um.
Version von Simon & Garfunkel
Als Paul Simon im November 1965 in Paris im Théâtre de l'Est Parisien auftrat[7], hörte er den Song unter dem Titel Paso Del Condor von Los Incas, die dort zur gleichen Zeit gebucht waren, und suchte Kontakt mit der Gruppe. Simon erzählte ihr von seinem Plan, den Song mit seinem Partner Art Garfunkel mit englischem Text neu aufzunehmen und fragte die Gruppe nach der Herkunft des Stücks. Sie gab unkorrekte Hinweise, wonach es sich um eine urheberrechtsfreie peruanische Volksweise handele und benannte ihren Gründer Milchberg als Arrangeur.
Mit If I Could entschied sich Paul Simon für einen inhaltlich völlig anderen Text gegenüber dem spanischen Original. Aufgenommen und produziert von Paul Simon (mit dem langjährigen Toningenieur Roy Halee) in New York am 2. November 1969 für das Album Bridge Over Troubled Water (der Titelsong wurde erst am 9. November 1969 aufgenommen) spielen neben Simon (Gitarre) die Sessionmusiker Fred Carter (Gitarre), Larry Knechtel (Keyboards), Joe Osborne (Bass) und Hal Blaine (Schlagzeug) zusammen mit den Los Incas (nur bei If I Could). Die LP sollte die fünfte und letzte Studio-LP des Duos werden. Art Garfunkel war zur Aufnahmezeit nicht anwesend.
Veröffentlicht am 26. Januar 1970, erreichte die LP am 14. Februar 1970 die US-LP-Charts, wo sie zehn Wochen den ersten Platz belegte. Auch in Großbritannien und vielen anderen Ländern gelangte die LP weltweit auf den ersten Platz. Columbia gab im September 1970 bekannt, dass die LP zehn Millionen Mal verkauft worden war[8]. Inzwischen dürfte sie weltweit über 25 Millionen Exemplare umgesetzt haben[9] und damit zu den meist verkauften Alben der Popmusik gehören. Auf der LP werden Simon und Milchberg bei El Condor Pasa als Komponisten genannt. Als Single wurde El Condor Pasa (If I Could) / Why Don’t You Write Me im September 1970 veröffentlicht. Die Single-Auskopplung indes war weniger erfolgreich, denn in der US-Single-Hitparade erreichte sie lediglich Platz 18, in Großbritannien wurde sie nicht veröffentlicht. In Deutschland kam die Single im Juni 1970 auf den Markt und erreichte hier den ersten Platz, auf dem sie für acht Wochen blieb.
Im März 1970 erschien von den Los Incas die aus ihrer LP ausgekoppelte Version El Condor Pasa / O’Cangaceiro als Single-Version, ohne dass sie eine besondere Resonanz erzielen konnte. In Deutschland kam sie im September 1970 in die Charts, wo sie lediglich bis auf Rang 36 vordrang.
Urheberrechtsverletzung
Im Veröffentlichungsjahr 1970 tauchte der amerikanische Musikverleger Edward B. Marks auf und erklärte im Auftrag von Robles' Sohn Armando Robles Godoy, dass er für Daniel Robles seit 1933 das Copyright hierzu verwalte, Simon & Garfunkel ihn jedoch nicht als Urheber erwähnt hätten, denn lediglich Jorge Milchberg und der Bearbeiter Paul Simon seien bei der englischsprachigen Version registriert. Der eher freundschaftlich verlaufene Prozess brachte keine besonderen Komplikationen. Über den Ausgang des Prozesses ist nichts bekannt geworden, Robles wurde nachträglich als Komponist aufgeführt. Komponisten der BMI zufolge sind nunmehr: Jorge Milchberg, Daniel Alomia Robles und als Bearbeiter wegen des englischen Texts (If I Could) Paul Simon.
Coverversionen und Statistik
Die Fassung von Simon & Garfunkel löste eine Vielzahl von Coverversionen aus, Coverinfo.de listet 78 Versionen auf[10]. Eine erste Fassung stammt von Julie Felix; sie zog Vorteile aus der Entscheidung Simon & Garfunkels, den Titel nicht in Großbritannien zu veröffentlichen. Ihre Single-Version erreichte dort nach Veröffentlichung im April 1970 den 19. Platz. Perry Como folgte auf seinem Album It’s Impossible (Dezember 1970).
In Deutschland brachte Jürgen Marcus im Juli 1970 unter dem Titel Nur Du eine deutsche Version mit Text von Joachim Relin heraus, die allerdings lediglich bis Platz 32 vordringen konnte. Andere deutschsprachige Interpreten bevorzugten im Jahre 1970 den Titel Der Kondor zieht (Bata Illic, Mary Roos).
Der Titel erhielt einen BMI-Award, am 16. März 1971 wurden die LP und die gleichnamige Single jeweils zur Platte des Jahres mit einem Grammy ausgezeichnet. Im April 2004 wurde der Song zum peruanischen Kulturerbe (Patrimonio cultural de la Nación) erklärt[11].
Der Sohn Robles Godoy verwaltet die von seinem Vater übernommenen 696 Folklorestücke, 140 Kompositionen (Zarzuelas und Opern) und zwischen 60 und 70 Gedichte in Ketschua-Sprache.
Textvergleich
Text auf Quechua Spanische Version Deutsche Übersetzung Yaw kuntur llaqtay urqupi tiyaq
maymantam qawamuwachkanki,
kuntur, kuntur
apallaway llaqtanchikman, wasinchikman
chay chiri urqupi, kutiytam munani,
kuntur, kuntur.
Qusqu llaqtapim plazachallanpim
suyaykamullaway,
Machu Piqchupi Wayna Piqchupi
purikunanchikpaq.Oh majestuoso Cóndor de los Andes,
llévame, a mi hogar, en los Andes,
Oh Cóndor.
Quiero volver a mi tierra querida y vivir
con mis hermanos Incas, que es lo que más añoro
oh Cóndor.
En el Cusco, en la plaza principal,
espérame
para que a Machu Picchu y Huayna Picchu
vayamos a pasear.Oh majestätischer Kondor der Anden,
nimm mich nach Hause, in die Anden
Oh Kondor.
Ich will zurückkehren in mein geliebtes Land und
mit meinen Inkabrüdern leben, das ist, was ich am meisten ersehne,
oh Kondor.
In Cusco, am Hauptplatz
erwarte mich,
damit in Machu Picchu und Huayna Picchu
wir flanieren können.Literatur
- José Varallanos, El condor pasa, Talleres Gráficos, F.L. Villanueva, S.A., Lima 1988
Weblinks
- El Condor Pasa – Anmerkungen von Gerald Schwertberger zu El Cóndor Pasa
- Una vez máz, El Cóndor pasa vom 21. August 2009 (spanisch)
- Text mit Übersetzungen (spanisch)
- Proyecto Cóndor pasa (spanisch); im Internet Archive
Einzelnachweise
- ↑ José Varallanos, El Cóndor Pasa - Vida y obra de Daniel Alomía Robles, Lima, 1988, S. 62-71
- ↑ peruanische Zeitung La República vom 13. April 2004
- ↑ A Recital of "Inca Music." In: New York Times vom 22. Januar 1920, S. 22 (online, abgerufen: 16. Januar 2011)
- ↑ BMI-Eintrag über El Condor Pasa
- ↑ Beschreibung des Songs in der Version der Marshall’s Civic Band
- ↑ Florence Kallander, Reviewed Works: Progressive Harmony by Raymond C. Robinson, Music Educators Journal, Vol. 29, No. 1 (Sep. - Okt. 1942), S. 50, Published by MENC: The National Association for Music Education
- ↑ Billboard-Magazine vom 27. November 1965, S. 29 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
- ↑ Joseph Murrells, Million Selling Records, 1985, S. 315
- ↑ NZ Herald vom 2. April 2009, Simon And Garfunkel Heading To NZ
- ↑ Coverinfo über El Condor Pasa
- ↑ Noticiasdot berichtet über die Erklärung zum Kulturerbe am 13. April 2004
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