- Epitaphios (Ritsos)
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Der Epitaphios (griechisch Επιτάφιος) ist einer der bedeutendsten Gedichtzyklen des griechischen Dichters Giannis Ritsos. Er wurde 1958 vom griechischen Komponisten Mikis Theodorakis vertont.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Am 9. Mai 1936 fand in Thessaloniki ein Streik der Tabakarbeiter statt, den die Polizei blutig niederschlug. Erschüttert, ergriffen und inspiriert von einem Bild in der Zeitung "Rizospastis", auf dem eine Mutter weinend über ihrem toten Sohn kniet, begann Ritsos mit der Dichtung des Epitaphios. Die Gedichtkomposition setzt sich aus 20 nummerierten Teilen zusammen, die aus jeweils 16 Versen im fünfzehnsilbigen Versmaß (Dekapentosyllab) bestehen. Innerhalb von zwei Tagen vollendete Ritsos den Epitaphios. Die politische Bedeutung dieses Werkes offenbarte sich schon 4 Monate nach dessen Erscheinen - als bereits fast 10.000 Exemplare verkauft worden waren und es nach der Machtübernahme durch Ioannis Metaxas 1936 verboten und vor den Säulen des Zeustempels in Athen öffentlich verbrannt wurde.
Vertonung
1956 erlebte der „Epitaphios“ seine zweite Auflage. Ritsos besorgte zwei Jahre später eine Auswahl und schickte sie nach Paris an Mikis Theodorakis, der um neugriechische Lyrik aus seiner Heimat gebeten hatte. Theodorakis vertonte die Liedauswahl innerhalb weniger Stunden. Er sandte die Lieder seinem Komponistenfreund Manos Chatzidakis nach Athen. Dieser wählte Nana Mouskouri als Interpretin und stellte eigene Arrangements her. 1960 wurde die Schallplatte produziert, aber Theodorakis war unzufrieden mit dem Resultat, nahm sich den Volkssänger Grigoris Bithikotsis und den Buzukispieler Manolis Chiotis und stellte eine eigene Version der Epitafios-Lieder vor. An diesen zwei Schallplatten-Veröffentlichungen desselben Werks entzündete sich ein „kleiner Bürgerkrieg“ in Griechenland, der unterschiedliche ästhetische Haltungen, aber in gewisser Weise auch soziale Gegensätze widerspiegelte. Die Lieder in der „plebejischen“ Variante von Theodorakis wurden zu einem Riesenerfolg, gelangten in die Tavernen, die „hohe Dichtung“ von Ritsos wurde von den einfachen Menschen gesungen, ja „gefressen“, wie der Dichter später bemerkte ... Die Theodorakis-Version setzte sich durch und begründete das sogenannte "zeitgenössische Volkslied" (Endechno Laiko Tragoudi), das bis heute eine wichtige Rolle in der griechischen Musikpraxis spielt.
Der „Epitaphios“ ist eines der wichtigsten Werke von Theodorakis, da es seinen Bruch mit dem modernistischen und elitären Musikbetrieb der damaligen Zeit darstellt und seine Rückkehr von Paris nach Athen einleitet. Theodorakis wendet sich darin der griechischen Volksmusik zu, aber zugleich markiert diese Rückbesinnung sein Streben, eine "neue griechische" Musik zu schaffen. Die Wahl der Solisten und das Arrangement der Lieder durch Theodorakis als auch die ästhetische Auffassung, die sich darin ausdrückte, lösten eine Art Kulturrevolution in Griechenland aus und kamen in Konflikt sowohl mit der herrschenden Oberschicht, die das Bouzouki als Instrument der Illegalen, Kriminellen und des Lumpenproletariats ablehnte, als auch mit der Parteiführung der Linken. Gespielt wurde das Bouzouki von Manolis Chiotis, der Sänger war Grigoris Bithikotsis. Selbst Ritsos sprach sich anfangs gegen die Theodorakis-Version aus, stellte dann aber sehr bald fest, dass dies genau die richtige Form war, um das Werk denjenigen zugänglich zu machen, für die es eigentlich geschaffen worden war.
Übersetzungen
- Jannis Ritsos: Milos geschleift (Reclam Verlag Leipzig, 1979): metrisch-poetische Nachdichtung durch Heinz Czechowski.
- Jannis Ritsos: Gedichte (griechisch-deutsch). Verlage Stroemfeld (Basel) und Roter Stern (Frankfurt am Main), Ss. 6–47, 1980, ISBN 3-87877-142-8: griechisches Original und Übersetzung von Niki und Hans Eideneier.
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