Er, Sie und Es (Roman)

Er, Sie und Es (Roman)

Er, Sie und Es ist ein Science-Fiction-Roman von Marge Piercy.

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Inhalt

Marge Piercys Er, Sie und Es ist ein Science-Fiction-Roman, der in nicht allzu ferner Zukunft spielt. Nach dem „Zweiwöchigen Krieg“ 2017, bei dem Israel sowie große Teile des nahen Ostens durch einen terroristischen Atombombenanschlag für immer von der Landkarte verschwunden sind, entsteht eine neue Weltordnung. Eine Welt, oder besser, was nach all den verheerenden Folgen von ihr übrig geblieben ist, die von 23 Weltkonzernen, sogenannten Multis, aufgeteilt und geführt wird. Alle diese Multis leben unter ihren eigenen riesigen schützenden Kuppeln. Kuppeln, die das Leben auf der Erde auch ohne Ozonschicht, sowie in der äußeren Hemisphäre ermöglichen. Doch jeder Multi unterscheidet sich in seinen Gesetzen und seinem Lebensablauf.

Shira, die Hauptdarstellerin der Geschichte, lebt anfangs in Yakamura Stitchen, kurz Y-S, und die Geschichte beginnt mit ihrer Scheidung, bei der sie ihr Sorgerecht an Ari, ihrem Jungen im Kindergartenalter, an ihren Ex-Mann verliert. Gedemütigt und entsetzt macht sie sich auf zu ihrer Großmutter Malkah, die in einer kleinen, von den Multis unabhängigen Siedlung namens Tikva lebt. Dort soll sie sich nicht nur erholen, sondern auch mit ihrem alten Freund Avram, dem Vater ihrer Jugendliebe Gadi, und gemeinsam mit ihrer Großmutter an einem geheimen Projekt arbeiten.

Yod, der Name des „Projekts“, ist ein illegaler, vom Menschen äußerlich kaum zu unterscheidender Cyborg, der von Avram entwickelt, und auch von Malkah mitprogrammiert wurde. Unter strengster Geheimhaltung soll Shira nun Yod beibringen, sich menschlich zu verhalten, sodass er unbemerkt Tikva physisch wie online im „Net“ vor Informationspiraten schützen kann.

Das „Net“ ist eine Weiterentwicklung des heutigen Internets und erlaubt den einzelnen Multis und unabhängigen Siedlungen miteinander zu kommunizieren, sowie Informationen auszutauschen. Dabei linken sich alle Beteiligten mit ihrem Geist ein und reproduzieren sich so als elektronische Abbildung in die Welt des Netzes. Aufgrund dieser physischen Verbindung ist es auch möglich Gehirnschäden oder gar den Tod davonzutragen, sollte man im Netz angegriffen werden.

Genau hierfür wurde Yod entwickelt, der fast ohne Ermüdungserscheinungen Tikva sowie Shira beschützen kann. Doch während Shira sich allmählich in Yod verliebt, der mitfühlsamer als so mancher Mensch geworden ist, beginnen schon die ersten Attacken auf Tikva. Y-S hat von dem geheimen Cyborg-Projekt erfahren und möchte nun über Shira, die sie mittels Ari unter Druck setzen, unbedingt Yod besitzen.

Doch Shira, der nun auch ihre unvertraute Mutter Riva samt eines weiblichen Cyborgs namens Nili, die mehr Mensch als Maschine ist, zur Hilfe eilt, kämpft gegen Y-S an.

Es gelingt ihr sogar in einer tollkühnen Aktion mit Yod, Ari aus den Klauen von Y-S zu befreien. Doch kurz darauf wird in Tikva bekannt, wer Yod eigentlich wirklich ist, und es soll darüber abgestimmt werden, ob Yod eine Maschine ist, oder doch ein regulärer Einwohner Tikvas, der dieselben Rechte wie jeder andere genießen soll. Ehe es soweit kommt, beschließt Avram Yod Y-S auszuhändigen, doch nicht ohne Eigennutzen. Yod soll, sobald er der Führungsriege von Y-S vorgestellt wird, sich selbst in die Luft sprengen, während Riva mit Verbündeten auch einen Angriff gegen Y-S startet.

Yod gehorcht, doch als mitfühlender Cyborg entschließt er sich auch, jegliche Information, die zur Reproduktion seiner selbst dienen könnte zu vernichten, und so sprengt er Avrams Labor sowie Avram selbst in die Luft.

Shira, die von alldem tief bestürzt ist, beschließt ebenfalls, Yods Willen zu akzeptieren und lebt fortan mit Avri in Malkahs Haus, während Malkah mit Nili zu den Resten Israels aufgebrochen ist, um sich einer Augenoperation zu unterziehen.

Charaktere

  • Shira: Mutter von Ari. Technisch sehr begabt, doch seit ihrer enttäuschten Jugendliebe mit Gadi hat sie Angst, sich Beziehungen voll hinzugeben. Findet ihn Yod den perfekten Mann und Vater für Ari.
  • Malkah: Shiras Großmutter, die ein unbändiges Sexleben führt, zeigt sich für Yods sexuelle Gefühle hauptverantwortlich. Körperlich angeschlagen, aber geistig noch hochfit. Hat ein enges Vertrauensverhältnis zu Shira, da sie immer Rivas Mutterrolle übernahm.
  • Yod: Avrams erster erfolgreicher männlicher Cyborg, der zur Verteidigung erschaffen wurde, jedoch um Zwischenfälle durch sturen Befehlsgehorsam zu vermeiden, über eine menschenähnliches Gewissen und soziales Verhalten verfügt. Hat seine ersten Liebeserfahrungen mit Malkah gemacht, aber seit Shiras Rückkehr nach Tikva führt er mit Shira eine monogame Beziehung. Begeht befohlenen Selbstmord.
  • Avram: Erschaffer von Yod. Sieht in Yod immer sein Eigentum, und behandelt Yod stets als Maschine ungeachtet seines menschlichen Verhaltens. Seit dem Tod seiner Frau zeigt er keinerlei sexuelles Verlangen mehr, und arbeitet nur noch, obwohl Malkah ihm manchmal recht nahe kommt. Stirbt durch Yod.
  • Gadi: Avrams Sohn, der nie den Erwartungen seines Vaters gerecht werden konnte. Große Jugendliebe Shiras, die erst durch Yod über ihn hinweggekommen ist. Lebt von der Erzeugung von Gefühlstäuschungen genannt „Stimmie“, eine Art anerkannte Droge, sowie Hologrammen. Ist nie über Shira hinweggekommen, obwohl es sein Freiheitsdrang war, der ihn Shira verlassen ließ. Hatte eine kurze Beziehung mit Nili.
  • Riva: Shiras Mutter, die als Informationspiratin ihren Unterhalt verdient, und nie eine Beziehung zu Shira hatte. Hilft Tikva und Shira zu beschützen.
  • Nili: Eine Frau mit vielen Cyborg-Fähigkeiten. Kommt von einer nicht für möglich gehaltenen unterirdischen Siedlung in Israel. Hilft Tikva zu verteidigen und sammelt sexuelle Erfahrungen mit Gadi.
  • Ari: Shiras Sohn.
  • Lazarrus: Bekannter von Riva, der in einem Golp, ungeschütztes von Banden beherrschtes Gebiet, lebt und Anführer einer Gang ist. Hilft gegen Y-S zu kämpfen.

Er, Sie und Es in Bezug auf Donna Haraways Cyborg-Manifest

In „Er, Sie und Es“ gibt es zwei Arten von Cyborgs, die jeweils unterschiedliche Erwartungen und Ängste bei der Bevölkerung auslösen.

Yod ist als Maschine entstanden, und ihm wurden soziale Fähigkeiten hinzuprogrammiert. Er hat ein eigenes Gewissen, Verlangen sowie auch Ansätze von Gefühlen. Dadurch kommt er auch immer wieder in Konflikt mit seinem Erschaffer, denn wenn er fühlt und denkt, gehört er noch immer seinem Erschaffer? Ist er noch immer eine Maschine, die man abschalten kann, oder doch schon ein autonomes Wesen, was dieselben Freiheiten wie jeder andere Mensch genießen darf? Auch Shira ist sich diesbezüglich nicht ganz sicher, lässt aber schlussendlich alle Zweifel fallen und vertraut Yod mehr als jedem Menschen. Sie sieht in ihm sogar den besseren Menschen. Doch als Tikvas Bevölkerung davon Wind bekommt, kommt Angst auf. Sie fürchten sich vor Yod, weil er ihnen nicht geheuer ist. Er ist für sie unberechenbar und vor allem körperlich überlegen. Obwohl er seine ganze Kraft und Zeit zum Schutz Tikvas aufbringt, stirbt er, bevor Tikva eine Entscheidung über ihn treffen kann.

Nili ist der Gegenpart zu Yod. Aufgrund der nuklearen Zerstörung von Israel konnten die Verbleibenden nur mit Gen- und Cyborgtechnik ihr Überleben sichern. Nili ist ein gentechnisch perfektionierter Mensch mit maschinellen Fähigkeiten. Sie wird immer als Mensch gesehen, da sie ja nur „verbessert“ wurde und auch echte Gene besitzt. Obwohl sie sich teilweise unmenschlicher als Yod verhält, gibt es über sie nie eine Diskussion innerhalb Shiras Familie. Auch Gadi, der Yod verhöhnt und sich über ihn lustig macht, hat keinerlei Bedenken, mit Nili eine sexuelle Beziehung einzugehen. Doch als er feststellt, dass sie einen eigenen Willen hat, und trotz ihrer Cyborg-Fähigkeiten keine Sache ist, die ihm gehört, geht diese Beziehung wieder auseinander.

Der Rest ist allerdings auch nicht mehr nur Mensch. Wie im Cyborg-Manifest sind die Grenzen zwischen Maschine und Mensch in der Zeit des Romans schon sehr stark verschwommen. In Y-S ist die äußerliche Veränderung hin zum gängigen Schönheitsideal durch Operationen selbstverständlich. Die, die es sich leisten können, werden zu Klonen des Ideals, aber auch in Tikva und auf der übrigen Welt, gibt es keinen Menschen mehr, der nicht einen Teil einer Maschine in sich trägt oder neue Organe bekommt um weiterzuleben, bzw. Altersschwächen zu umgehen. Allerdings würde sich keiner dieser Menschen als Cyborg bezeichnen.

Ab wie viel man noch Mensch, oder ab wann man schon Maschine ist, wird nicht geklärt, die Grenze verschwimmt fließend und kann auch nicht exakt ermittelt werden.

Literatur

Weiterführende Literatur

  • Donna Haraway: A Cyborg Manifesto: Science, Technology, and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century. In: Simians, Cyborgs and Women: The Reinvention of Nature. New York 1991, S.149-181 http://www.stanford.edu/dept/HPS/Haraway/CyborgManifesto.html
  • Dunja M. Mohr (2004) "Cyborg and Cyb(hu)man: The Fine Line of Difference", pp. 120-33 IN: Helene Von Oldenburg und Andrea Sick, Virtual Minds: Congress of Ficticous Figures. Bremen, Germany: Thealit; 2004. 235 pp.

Siehe auch


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