Erleichterte Variation

Erleichterte Variation

Die Theorie der erleichterten Variation (engl: Theory of Facilitated Variation) ist ein Erklärungsmodell, das sich als Ergänzung der Evolutionstheorie versteht und sich mit der Beschaffenheit der Variation in der Evolution befasst. Diese Theorie wurde im Jahr 2005 von Marc Kirschner, Gründer und Vorsitzender des Fachbereichs Systems Biology der Harvard Medical School, und John Gerhart, Professor an der University of California, Berkeley, in ihrem Buch „The Plausibility of Life“ veröffentlicht (deutscher Titel: Die Lösung von Darwins Dilemma).

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Ausgangspunkt ist zunächst die Feststellung, dass nicht alles im Laufe der Evolution dem Wandel unterliegt, sondern es eine Reihe „konservierter Kernprozesse“ (conserved core processes) gibt, wie beispielsweise die grundlegende Informationsverarbeitung der DNA, RNA und die Proteinsynthese. Weiterhin werden die molekularbiologischen Prozesse betrachtet, die für die Abhängigkeit der phänotypischen von der genotypischen Variation relevant sind. Dabei werden drei Aspekte hervorgehoben, die eine Evolvierbarkeit und die Entstehung von Neuem erleichtern:

  • Schwache regulatorische Kopplung (weak regulatory linkage): Dabei handelt es sich um eine Form der Regulation, die leicht entwickelt und verändert werden kann, um die konservierten Kernprozesse in anderer Zusammenstellung miteinander zu koppeln. Das regulatorische Signal liefert dabei wenig Information, der Empfänger selbst ist „maximal informiert“, d.h. das Signal wählt lediglich einen der vorgesehenen Antworten des Empfängers aus. Dies wird auch als permissive Wechselwirkung bezeichnet.
  • Exploratives Verhalten oder Erkundungsverhalten (exploratory behaviour): Dabei handelt es sich um adaptives Verhalten gewisser zellulärer und entwicklungsphysiologischer Kernprozesse, die grob nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ arbeiten und auf diese Weise eine große Zahl spezifischer Zustände erzeugen können, von denen jeder durch physiologische Wechselwirkungen selektiv stabilisiert werden kann. Ein Beispiel hierfür sind Mikrotubuli, die bei der Mitose Kontakt mit den Chromosomen aufnehmen.
  • Kompartimentierung: Die Ausbildung des Körperbauplans bei Tieren beginnt mit dem phylotypischen Stadium während der Embryonalentwicklung, während dem die räumlich definierte Expression von Selektorgenen und in Folge davon die Sezernierung von Signalproteinen erstmalig erfolgt. Diese „unsichtbare Anatomie“ selbst ist für jeden Tierstamm konserviert, bedingt aber in Verbindung mit der schwachen regulatorischen Kopplung unabhängige Reaktionsräume im Körper und ermöglicht so eine hohe Anpassungsfähigkeit der sichtbaren Anatomie.

Siehe auch

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Musik der Renaissance. Musik für Instrumente - Tanz und Variation, Spiel- und Vokalformen —   Ein Epochenmerkmal der Renaissance, ein Spiegel auch ihrer Wendung zum diesseitig Realen, ist die Ausbildung mehrstimmiger instrumentaler Formen, wie sie vorher nur in sporadischer Aufzeichnung vorliegen. Zwar weisen mittelalterliche… …   Universal-Lexikon

  • Evolutionäre Entwicklungsbiologie — Die evolutionäre Entwicklungsbiologie oder kurz Evo Devo (abgeleitet vom englischen Begriff evolutionary developmental biology) ist eine Forschungsrichtung der Biologie, die untersucht, wie die Systeme der Individualentwicklung (Ontogenese) der… …   Deutsch Wikipedia

  • Altenberg-16 — Mit Altenberg 16 wird eine Gruppe internationaler Evolutionstheoretiker bezeichnet, die sich für eine Erweiterung der klassischen Evolutionstheorie aus den 1930er Jahren einsetzen. Die Gruppe traf sich im Juli 2008 auf Einladung von Gerd B.… …   Deutsch Wikipedia

  • Dessus de viole — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

  • Diskantgambe — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

  • Division viol — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

  • Gambe — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

  • Gamben — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

  • Gambist — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

  • Kniegeige — Viola da gamba engl.: Viol, ital.: Viola da gamba, frz.: Viole de gambe Klassifikation …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”