Erzbischöfliches Studienheim St. Fidelis

Erzbischöfliches Studienheim St. Fidelis
Erzbischöfliches Studienheim St. Fidelis
Ansicht Konvikt Sigmaringen.jpg
Ansicht
Schulform Internat, Gymnasialkonvikt
Gründung 1856
Ort Sigmaringen
Land Baden-Württemberg
Staat Deutschland
Koordinaten 48° 5′ 4,9″ N, 9° 13′ 39,6″ O48.0846849.227657Koordinaten: 48° 5′ 4,9″ N, 9° 13′ 39,6″ O
Träger Erzbistum Freiburg

Das Erzbischöfliches Studienheim St. Fidelis in Sigmaringen im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg war ein Internat des Erzbistums Freiburg, das ohne eigene Schule seinen Schülern eine gute Bildung ermöglichen wollte. Zum Ende des Schuljahres 2002/2003 wurde es geschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Seminarium Fidelianum (Verwaltungsrat)

Am 5. Oktober 1856 bezog Pfarrer Thomas Geiselhart das Haus mit elf Schülern des Gymnasiums. Die Verhandlungen mit der kirchlichen Oberbehörde zur Gründung eines Knabenseminars waren bis im Sommer 1857 soweit gediehen, dass ein eigener, aus acht Mitgliedern bestehender Verwaltungsrat (Kuratorium Fidelianum) für das Haus ernannt und Geiselhart zum Vorsteher (Präses) gewählt wurde. Erst von da an war das Studienheim offiziell gegründet und wurde im Herbst 1867 mit 16 Schülern als „Seminarum Fidelianum“ eröffnet. Noch einmal musste Geiselhart eine erhebliche Geldsumme (11.000 Gulden) zusammenbetteln für den notwendigen weiteren Ausbau des Hauses. Somit konnte er 50 Schüler aufnehmen.

Die Hausordnung

Alle Schüler besuchten das Gymnasium Hedingen. Als kirchliche Einrichtung wurden vor allem angehende Theologie-Studenten aufgenommen, doch waren von Anfang an auch Nichttheologen Schüler des Hauses. Die Zeiten für Studium, Gebet und Freizeit waren von der Hausordnung geregelt. Es gab damals schon eine ansehnliche Bibliothek und zwei Klaviere ermöglichten eine musikalische Grundausbildung. Über Aufnahme und Austritt eines Schülers entschied das Kuratorium. Die Kosten für den einzelnen betrugen für Nichthohenzollern 180 Gulden, für Hohenzollern 50 Gulden jährlich; unbemittelte Schüler erhielten, so gut es ging, finanzielle Unterstützung, die von eingehenden Spenden oder etwaigen Rechnungsüberschüssen beglichen wurden.

Ein herber Schlag 1873

Eine Bekanntmachung im Herbst 1873 bedeutete fast das Ende des Studienheims. Infolge der preußischen Maigesetze wurde die Aufnahme neuer Schüler untersagt. Als im Schuljahr 1876/77 die Zahl der Schüler auf vier zusammen geschmolzen war, wagte es der greise Vorsteher des Hauses, sechs Schüler als Kostgänger aufzunehmen, deren Zahl sich 1885 schon wieder auf sechzehn belief.

Die Rektoren bis 1933

Im Herbst 1885 zog sich Thomas Geiselhart in das ebenfalls von ihm gegründete Waisenhaus Nazareth zurück. Seinem Nachfolger, Präses Friedrich Schick, hinterließ Geiselhart das Vermögen des Studienheims im Wert von 80.000 Mark sowie Wertpapiere im Betrag von 55.000 Mark. Die Zahl der Schüler hatte sich bis zum Jahre 1892 auf 63 erhöht. Am 25. August 1893 starb der ehemalige Pfarrverweser und Präses des Fidelishauses Friedrich Schick. Im November 1893 wurde Rektor Marmon mit der Leitung des Studienheims beauftragt, er führte als Rektor das Konvikt bis Mai 1907. Während dieser Zeit wurde im Fidelishaus noch gründlich um- und angebaut und auch die äußere Fassade des Hauses erneuert. Am 16. Mai 1907 feierte das Studienheim sein 50-jähriges Jubiläum, und zugleich wurde Rektor Marmon von seinem Amt verabschiedet. Von 1907 bis 1920 leitete Rektor Waldner das Konvikt. Mit großer Selbstlosigkeit und sicherer Hand führte er das Haus durch die harten Jahre des Ersten Weltkriegs und der beginnenden Inflation. Sein Nachfolger wurde Rektor Anton Sauter.

1931 - 1933 Entstehung des Neubaus am Schönenberg

Die noch recht beengten Verhältnisse und die Zunahme der Lärmbelästigung hatten bei den Verantwortlichen die Absicht reifen lassen, sich um ein anderes Gebäude für die Belange des Gymnasialkonvikts umzusehen. Zunächst nahm man den „Prinzenbau“ in Augenschein (der in diesen Tagen den Staat als seinen neuen Besitzer bekam). Nach endloslangem Hin und Her setzte sich aber die Überzeugung durch, dass sich dieses riesige Gebäude doch nicht eigne. Da der dem Anliegen damals wohlgewogene Friedrich Viktor Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen einen Bauplatz am Schönenberg zusagte, kam es zum Neubau (dem heutigen Studienheim). Keine geringeren Baumeister als die damals fast avantgardistischen Architekten Hans Herkomer (Stuttgart) und Friedrich Imbery (Sigmaringen) wurden beauftragt, und in zwei Jahren stand das seinerzeit unglaublich moderne und zweckmäßig eingerichtete Dreiflügelbau: 600.000 Reichsmark betrug die Bausumme. Neben Zuschüssen und Spenden war man auf ein großes Darlehen angewiesen, das sich erst nach dem Krieg ganz erledigte. Die Einweihung im Frühjahr 1933 wurde festlich begangen, und der Fürst schenkte der Einrichtung auch noch den ans neue Gebäude angrenzenden Platz bis zur heutigen Bundesstraße dazu, sodass man sich auf dazu gewonnenem Gelände durch Obst- und Gemüseanbau ein Stückweit selbst versorgen konnte. Rektor Sauter geht als der Bauherr des heutigen Studienheims in die Geschichte ein, mehr noch aber wohl als ein Mann der Kirche, dem der Geist des Gründers des Fidelishauses ebenso eigen war. Die Einweihung des Erzbischöflichen Studienheims St. Fidelis fand unter dem Beisein von Erzbischof Conrad Gröber und Friedrich Viktor Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen statt.

Das Konvikt im Dritten Reich

Rektor Anton Sauter war ein umsichtiger und weitblickender Mann. Seine klare Linie und seine vermeintliche Strenge waren getragen von einer starken priesterlichen Frömmigkeit und einer feinen, menschlichen Güte. Diese Charaktereigenschaften halfen ihm auch, die mit dem Nazi-Regime angebrochene schwere Zeit zu überstehen. Es begann für das Studienheim St. Fidelis eine immer schwieriger werdende Epoche. Die Diskriminierung der Erziehungsarbeit eines kirchlichen Konvikts, die Verächtlichmachung von Schülern, die im Konvikt waren, zuerst versteckte und dann immer unverhohlener vorgebrachte Drohungen, bis hin zur rechtlichen Entmachtung des Rektors, waren nur einige der Schritte, die die Machthaber gegen die kirchliche Bildungsarbeit im Haus einleiteten. Immer mehr deutete darauf hin, dass die Nationalsozialisten zu einem totalen Schlag gegen das Haus ausholen würden. Und tatsächlich brüteten die Machthaber eine der hinterhältigsten Absichten gegen das Konvikt aus: Es sollte eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) werden.

Rektor Sauter erfuhr davon erst kurz zuvor, aber er unternahm auf seine Weise etwas dagegen: Er ging noch am späten Abend zu einem ihm von früher her bekannten hohen Offizier der Wehrmacht und erreichte, dass schon am anderen Tag das Konvikt als Lazarett der Wehrmacht beschlagnahmt wurde. Nur so konnte das Haus dem Zugriff der Schutzstaffel entzogen werden. Die ursprüngliche Sinngebung des Studienheims war nun völlig unterbrochen. In kleinen Zimmerchen durften der Rektor und die Schwester Oberin im Haus wohnen bleiben.

Die ersten Jahre des Studienheimes als Lazarett der Wehrmacht verliefen, dem Kriegsgeschehen entsprechend, relativ ordnungsgemäß. Die Kommandeure verhielten sich fair, bezahlten sogar Miete, ließen Schäden wieder reparieren und schonten die Einrichtung. Dies wurde allerdings schnell anders, als das Kriegsgeschick sich anfangs der 1940er Jahre gegen Deutschland wendete: Bis zum Lazarett gewordenen Studienheim hinein überschlugen sich die Ereignisse, es kam eine oft nicht mehr zu bewältigende Anzahl von schwer verwundeten Soldaten ins Haus, die Seelsorge des Rektors und der Schwester Oberin um die Soldaten war zeitweise stark behindert, mit der Einrichtung wurde rau und lieblos umgegangen, ohne dass der Rektor dagegen etwas ausrichten konnte. Rektor Sauter aber hielt aus, und als im Jahre 1945 der Diktatur endlich ihr Ende gefunden hatte, bemühte sich Rektor Sauter sofort wieder bei den neuen Machthabern, der französischen Besatzungsmacht, um die Freigabe des Gebäudes. Zunächst benutzten auch die Franzosen das Haus als Lazarett, doch der unermüdlichen Sorge des Geistlichen Rates Anton Sauter ist es zu verdanken, dass das Konvikt im Frühjahr 1946 endgültig wieder freigegeben wurde. Rektor Sauter erkannte: jetzt war seine Pflicht getan. Er zog sich in die Pensionärswohnung im Haus zurück und übergab den Neuanfang an seinen Nachfolger Anton Volm. Noch mehrere Jahre verbrachte Rektor Anton Sauter als hochgeachteter Priester im Studienheim, ohne je irgendein Aufheben von den vielerlei Leiden und den mannigfaltigen Verdiensten gemacht zu haben, die ihn in so vielen Jahren mit diesem Haus, und dies in schwerster Zeit, zusammengeschweißt hatten.

Man darf vielleicht sagen, dass Rektor Sauters Liebe zum Werk des Thomas Geiselhart jener des Gründers kaum nachstand.

Tagesablauf

Der alltägliche Tagesablauf sah folgendermaßen aus:

  • 06.10: Wecken
  • 06.30 - 07:00: Frühstudium (Di, Mi, Fr)
  • 07.00: Frühstück
  • 07.30: Schulwegsantritt
  • 13.10: Mittagessen
  • 14.00-15.00: Freizeit
  • 15-00-16.30: erste Studierphase
  • 16.30-16.45: Pause mit Imbiss
  • 16.45-17.00: Meditation
  • 17.00-18.00: zweite Studierphase
  • 18.00-19-00: Freizeit
  • 19.00-19.30: Abendessen
  • 21.30/22.00/22.30: Bettruhe je nach Alter

Schließung

Zum Ende des Schuljahres 2002/2003 wurde das Konvikt aufgrund sinkender Schüleranzahl geschlossen. Für die Abwicklung der Schließung wurde der Sigmaringer Stadtpfarrer Karl-Heinz Berger im Januar 2003 zum Rektor ernannt, nachdem sein Vorgänger Karl Missel aus gesundheitlichen Gründen sein Amt im Dezember 2002 abgegeben hatte. Berger blieb bis zur endgültigen Abwicklung der Schließung im November 2003 im Amt. Im ehemaligen Studienheim St. Fidelis wurde im Herbst 2004 auf einer Etage eine Begegnungsstätte für psychisch kranke Menschen eingerichtet. Die Anmietung der Räume und der Betrieb der Begegnungsstätte erfolgt durch den Caritasverband Sigmaringen. Neue Eigentümerin ist die Erzbischöfliche Stiftung Kinderheim Haus Nazareth, die einen Teil der Räumlichkeiten zu diesem Zweck umgebaut hat.

Rektorenliste

  • 1855 – 1885: Thomas Geiselhart
  • 1885 – 1893: Friedrich Schick
  • 1893 – 1907: Josef Marmon
  • 1907 – 1920: Karl Friedrich Waldner
  • 1920 – 1945: Anton Sauter
  • 1946 – 1948: Anton Volm
  • 1948 – 1957: August Krist
  • 1957 – 1963: Hermann Ritter
  • 1963 – 1967: Stephan Küchler
  • 1967 – 2002: Karl Missel
  • 2003 (Januar - November): Karl-Heinz Berger

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