Akademie-Verlag Berlin

Akademie-Verlag Berlin

Der Akademie Verlag, früher Akademie-Verlag Berlin, ist seit 1946 ein deutscher Wissenschaftsverlag mit Sitz in Berlin. Er verlegt Werke aus den Fachgebieten Philosophie, Geschichte, Kunst- und Kulturwissenschaften sowie Literatur- und Sprachwissenschaften.

Im Signet des Verlags findet sich seit 1957 der Kopf von Gottfried Wilhelm Leibniz, dem Gründer der Akademie im Jahre 1770, sowie der lateinische Wahlspruch „theoria cum praxi“ (Theorie und Praxis).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung des Verlags

Nach der Wiedereröffnung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (erst 1972 umbenannt in Akademie der Wissenschaften der DDR) am 1. Juli 1946 wurde von dieser ein Statut beschlossen, der u.a. die Gründung eines eigenen Verlags vorsah. So wurde nach dem Beschluss der Gesamtsitzung im Dezember 1946 der Akademie Verlag ins Leben gerufen. Am 21. Januar 1947 erteilte der Magistrat die Gewerbeerlaubnis, was dazu führte, dass die wissenschaftlichen Aktivitäten der Akademie nicht mehr in verschiedenen Verlagen betreut werden mussten, sondern im Akademie-Verlag gebündelt werden konnten. Das Programm beschränkte sich hierbei nicht auf offizielle Publikationen der Akademie, sondern beinhaltete auch wissenschaftliche Werke anderer Institutionen und Personen.

Anfangsjahre des Verlags

1947 erschienen 14 Bücher und 5 Zeitschriften im Verlag, doch Fortsetzungswerke und vor allem Editionen, Jahrbücher und Einzelwerke ließen das Programm stetig wachsen. Dank der Anlehnung an die Akademie fand der Verlag im aufkommenden Kalten Krieg schnell Zugang zu führenden Wissenschaftlern im In- und Ausland, wodurch der Verlag sich als geschätzter Partner etablieren konnte.

Der Akademie Verlag in der DDR

Dank der wichtigen Stellung, die die Akademie der Wissenschaften in der Forschung einnahm, entwickelte sich der Verlag zum größten wissenschaftlichen Verlag der DDR. Im Jahr 1956 zählte das Programm 350 Buchtitel und 45 Zeitschriften. 1981 sind es bereits 10.000 Buchtitel und 59 Zeitschriften mit fast 500 Heften. Das anfangs noch recht übersichtliche Programm wuchs in die Breite und umfasste rund 25 Wissenschaftsbeziehungen aus Geistes- und Naturwissenschaften, Medizin und Technik. Neue Publikationsformen, wie Wörterbücher, wissenschaftliche Taschenbücher, Handbücher und Spezialmonographien machten die Produktpalette komplett.

Politische Einflussnahme und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Obwohl der Verlag dank der Anbindung an die Akademie der Wissenschaften nicht der Kontrolle des Ministeriums für Kultur unterstand, wie fast alle anderen DDR-Verlage, wurde allmählich der Einfluss der Partei auf das Verlagsprogramm sichtbar. Parteivertreter veröffentlichten ihre Werke im Verlag und begründeten ihre Ergebnisse und Methoden u.a. mit marxistisch-leninistischen Begrifflichkeiten. Außerdem wuchs mit der Akademiereform nach sowjetischem Vorbild der Argwohn gegenüber „gesamtdeutschen“ wissenschaftlichen Publikationen, weshalb der Verlag einen goldenen Mittelweg finden und klug argumentieren musste, um Vorhaben weiter führen zu können.

Neben diesen Entwicklungen sah sich der Akademie Verlag – wie andere Verlage auch – mit diversen Schwierigkeiten konfrontiert: Papierknappheit, mangelnde Papierqualität, technisch rückständige Druckereien usw.

1989/1990

Im Zuge der „Wende“ konnten die Mitarbeiter des Verlags, die in großer Zahl eine Anpassung an das SED-Regime verweigerten, am aufbrechenden Leben in Ostberlin teilhaben. So wurde dem langjährigen Verlagsleiter das Misstrauen ausgesprochen und ein Kollege aus dem Lektorat Geschichte zum neuen Verlagsleiter.

Artikel 38 des am 3. Oktober 1990 in Kraft getretenen Einigungsvertrags betraf die Akademie der Wissenschaften der DDR und somit auch den Verlag, der 1976 durch Löschung aus dem Handelsregister zu einer Einrichtung der Akademie geworden war: der von den neuen Bundesländern und Berlin gebildete Gemeinsame Ausschuss entschied über die Zukunft des Verlags. Nach zahlreichen Kaufangeboten von Verlagsunternehmen aus Deutschland und dem Ausland, wurde der Akademie Verlag am 3. Januar 1991 von der VCH Verlagsgruppe Weinheim gekauft, was tiefe Einschnitte in das Gefüge des Akademie Verlags brachte. So musste die durch sozialistische Vorgaben aufgeblähte Personalstärke verringert werden: von 170 Mitarbeitern im Jahr 1991 sind im Jubiläumsjahr 1996 noch 40 tätig. Außerdem wurde das breite Programm in Abstimmung mit der Muttergesellschaft auf die Kernthemen Philosophie, Geschichte, Politik- und Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte, Literatur- und Sprachwissenschaften sowie Mathematik und Physik beschränkt.

Bis 1990, bedingt durch die materialistische Geschichtsauffassung in den Veröffentlichungen und die deutsch-deutsche Geschichte, wurden die Verlagsprodukte in der BRD teilweise nur mit Vorbehalt aufgenommen. Oft kauften jedoch Besucher aus der BRD die relativ preiswerten Akademie-Bücher und verhalfen ihnen auch in Westdeutschland zu einiger Verbreitung, was wiederum nach dem Fall der Mauer dem Verlag zugute kam, der genügend Prestige aufgebaut hatte, um zu überleben.

Der Akademie Verlag heute

Nach dem Verkauf der Weinheimer Fachverlagsgruppe an den Konzern John Wiley & Sons, wurde das naturwissenschaftliche Programm des Akademie Verlags in den neuen WILEY-VCH-Verlag überführt. Das gesamte geisteswissenschaftliche Buch- und Zeitschriftenprogramm sowie Namen und Signet des Akademie Verlags übernahm am 1. Oktober 1997 der R. Oldenbourg Verlag; seit 2004 gehört die Oldenbourg Verlagsgruppe und damit auch der Akademie Verlag Teil zum Cornelsen Verlag.

Literatur

  • Siegfried Lokatis: Wissenschaftler und Verleger in der DDR. Das Beispiel des Akademie-Verlages. In: Geschichte und Gesellschaft, Heft 1, 1996, S. 46-61 [1]
  • Siegfried Lokatis: Die Gründung des Akademie-Verlages, in: Die Berliner Akademie der Wissenschaften in den Jahren 1945-1950. Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Bd. 15, Heft 7/8, 1997, S. 81-98
  • Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis: Jedes Buch ein Abenteuer: Zensur-system und literarische Öffentlichkeiten in der DDR bis Ende der sechziger Jahre, Akademie Verlag, 1998, ISBN 3050031182, 9783050031187 [2]

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Akademie Verlag — Rechtsform GmbH Sitz Deutschland …   Deutsch Wikipedia

  • Akademie-Verlag — Der Akademie Verlag, früher Akademie Verlag Berlin, ist seit 1946 ein deutscher Wissenschaftsverlag mit Sitz in Berlin. Er verlegt Werke aus den Fachgebieten Philosophie, Geschichte, Kunst und Kulturwissenschaften sowie Literatur und… …   Deutsch Wikipedia

  • Akademie Verlag — is a German scientific and academic publishing company founded 1946 in the Soviet occupied Eastern part of divided Berlin.During the existence of the socialist German Democratic Republic, from 1949 to 1990, it was closely connected to the… …   Wikipedia

  • Sing-Akademie zu Berlin — Sitz: Berlin / Deutschland Gründung: 24. Mai 1791 Gattung: Gemischter Chor …   Deutsch Wikipedia

  • Verlag Neues Leben — Messebesucher am Stand des Verlags Neues Leben 1951 Der Verlag Neues Leben war in der Zeit der SBZ und der DDR ein – von der FDJ gelenkter – bedeutender Jugendverlag mit Sitz in Ost Berlin. Hauptsächlich wurden im Verlag …   Deutsch Wikipedia

  • Berlin — Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Verlag Axel Springer — Axel Springer AG Unternehmensform Aktiengesellschaft ISIN …   Deutsch Wikipedia

  • Akademie der Wissenschaften der DDR — Die Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW), bis 1972 als Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) bezeichnet, war die bedeutendste Forschungsinstitution der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Sie wurde 1946 offiziell eröffnet …   Deutsch Wikipedia

  • Berlin-Friedrichstadt — Wappen Karte Wappen der Friedrichstadt Die historische Friedrichstadt im heutigen Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Verlag Neue Musik — Logo Der Verlag Neue Musik ist ein Fachverlag für zeitgenössische Musik in Berlin.[1] Geschichte Der Verlag wurde 1957 vom Verband Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler in Berlin gegründet. Nathan Notowicz, der Generalsekretär des… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”