Expressionismusdebatte

Expressionismusdebatte

Mit Expressionismusdebatte bezeichnet man eine v.a. in den Jahren 1937/1938 (mit Vorläufern) geführte Debatte um die Kunst des Expressionismus und deren Bezug zu Faschismus und Nationalsozialismus sowie um die Alternative einer „materialistischen Ästhetik“.[1]

U. a. von Georg Lukács und Alfred Kurella wird der Expressionismus als Vorläufer zu Faschismus und Nationalsozialismus beurteilt.

Lukács trug seine Kritik in dem Aufsatz „Größe und Verfall des Expressionismus“ in der Zeitschrift 'Internationale Literatur' (1934, Heft 1) vor. Seine eigene Position fasst er u. a. in dem Aufsatz Es geht um den Realismus zusammen. Gegenideal sind die bürgerlichen Realisten und ihre Nachfolger. Diese würden, so Lukács, die Wirklichkeit nicht wiedergeben, wie sie subjektiv erscheine, sondern wie sie objektiv sei.[2]

Der Hauptteil der marxistischen Expressionismuskritik wurde in der Moskauer Emigrantenzeitschrift Das Wort publiziert.

Dieser Kritik entgegen stehen u. a. Ernst Bloch, Bertolt Brecht[3] und H. Eisler. Diese bestehen „u. a. auf der Anerkennung des ästhetischen Innovationscharakters der bürgerlichen Avantgardebewegungen“.[4]

Einer der Streitpunkte ist die Beurteilung Gottfried Benns. Dieser hatte in einem am 5. November 1933 in der Deutschen Zukunft erschienen Aufsatz (Der Expressionismus, leicht verändert 1934 in Kunst und Macht erschienen) sich zunächst nationalsozialistischer Expressionismuskritik angeschlossen. Uwe-K. Ketelsen spricht hierbei davon, den Expressionismus „in einer Weise zu 'traditionalisieren', die auch der nationalsozialistischen Kritik geläufig war, und ihn der deutschen, ja arisch-europäischen Tradition einzugliedern war wohl in der Tat ein taktisches Entlastungsmanöver“.[5]

Alfred Kurella vertrat die These, Benns Nihilismus „lasse nur einen Salto mortale in das Lager Hitlers zu“; Ernst Bloch kommentierte dies süffisant 1938 in seinem Aufsatz Diskussion über Expressionismus mit der Bemerkung, dieses Urteil sei „selbst eine Art geistlicher Salto mortale“.[6]

Literatur

  1. K.-M. Bogdal: Kunst, Kunstwerk, 5., in: Historisches Wörterbuch der Philosophie
  2. Für einen kurzen Abriss der zugrundeliegenden ästhetischen Position vgl. K.-M. Bogdal: Kunst, Kunstwerk, 5., in: Historisches Wörterbuch der Philosophie
  3. Vgl. Gesammelte Werke, Bd. 19, 290ff.
  4. K.-M. Bogdal: Kunst, Kunstwerk, 5., in: Historisches Wörterbuch der Philosophie
  5. Die dreißiger und vierziger Jahre, in: W. Hinderer (Hg.): Die deutsche Lyrik, Stuttgart: Reclam 1983, 491.
  6. Silvio Vietta: Probleme — Zusammenhänge — methodische Fragen, in: ders. / Hans-Georg Kemper: Expressionismus, München: Wilhelm Fink Verlag 1975,208
  • Hans-Jürgen Schmitt (Hg.): Die Expressionismusdebatte. Materialien zu einer marxistischen Realismuskonzeption. Frankfurt/Main 1973.Enthält die in Das Wort erschienenen Aufsätze
  • Fritz J. Raddatz (Hg.): Marxismus und Literatur. Eine Dokumentation in drei Bänden. Bd. 2. Reinbek bei Hamburg 1969.

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