Faschismus

Faschismus

Faschismus (italienisch fascismo) war ursprünglich die Selbstbezeichnung jener rechtsgerichteten Bewegung, die Italien unter Benito Mussolini von 1922 bis 1943 beherrschte (→ Italienischer Faschismus). Schon in den 1920er Jahren weiteten Gegner dieser Bewegung den Begriff auch auf andere rechtsradikale, autoritäre, totalitäre und nationalistische Regimes, Diktaturen und politische Gruppen aus, besonders auf den deutschen Nationalsozialismus (siehe dazu Zeit des Nationalsozialismus). Der Begriff bezeichnet dann auch die von solchen Regimes und Tendenzen geprägte Epoche der Geschichte Europas von 1918 bis 1945.[1]

Nach 1945 fortbestehende und neue, auch in anderen Kontinenten entstandene und ähnliche politische Konzepte vertretende Gruppen fasst man oft als Neofaschismus zusammen.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Das italienische Substantiv Fascismo wird historisch auf die „fasci di combattimento“ zurückgeführt: jene „Kampfbünde“, die Mussolini im März 1919 gründete.[2] Vor 1900 gegründete italienische Arbeiterbünde nannten sich Fasci dei lavoratori und Fasci siciliani.

Die Etymologie des Wortes fasci (Singular fascio – „Bund“ oder „Bündel“) wird meist abgeleitet vom lateinischen fasces. Diese Rutenbündel waren Machtsymbole zu Zeiten des Römischen Reiches, die die Liktoren vor den höchsten römischen Beamten, den Konsuln, Prätoren und Diktatoren, hertrugen.[3]

Erst der entstehende Antifaschismus der 1930er Jahre ließ im deutschsprachigen Raum den bis dahin üblichen Begriff Fascismus zugunsten des im weiteren Sinn gebrauchten Begriffs Faschismus zurücktreten.

Ein übergreifender (generischer) Faschismusbegriff, der die bis zum Zweiten Weltkrieg bestehenden Regimes in Italien, Deutschland und Japan umfasst, ist in der historischen Forschung umstritten. Einige Historiker wollen den Begriff auf Italien beschränken. Andere wie Bernd Martin halten „Faschismus“ als Gattungsbegriff nur für die „Bewegungsphase“ für sinnvoll:

„Faschismus als übergeordneter Gattungsbegriff eignet sich mithin allenfalls für die Bewegungsphasen der drei genuin entstandenen, gemeinhin so genannten Faschismen in Deutschland, Italien und Japan. Als umfassender Begriff für die Regimephasen trägt der Ausdruck hingegen nicht und kann der völlig unterschiedlichen Herrschaftsabsicherung nicht gerecht werden. Es würde daher der historischen Wirklichkeit wie auch dem historischen Selbstverständnis der damaligen Regime in Berlin, Rom und Tokio besser entsprechen, den abgegriffenen Faschismusbegriff aufzugeben.“

Bernd Martin[4]

Italien

Hauptartikel: Italienischer Faschismus
Mussolinis Standarte

Mussolini gründete 1915 für Italiens Kriegseintritt die Fasci d’azione rivoluzionaria und bildete am 23. März 1919 aus den Fasci dēi lavoratōri und Fasci siciliani die Bewegung der Fasci italiani di combattimento („Italienischer Kampfverband“), der ein Rutenbündel zu seinem Zeichen machte. Er bestand anfangs überwiegend aus Anhängern des Syndikalismus, einer Weiterentwicklung des Gewerkschafts-Sozialismus, bis Mussolini ihn 1921 scharf gegen Sozialismus und Kommunismus abgrenzte. Damit wurde seine nun Partito Nazionale Fascista (PNF) genannte Partei auch von bürgerlichen Mittelschichten wählbar und von Teilen der katholischen Kirche, des Beamtentums und der Armee Italiens unterstützt.

Mit Hilfe von Paramilitärs, Straßenterror, einem starken Personenkult, Massenpropaganda und dem wirksam inszenierten „Marsch auf Rom“ eroberte Mussolini 1922 das Amt des italienischen Ministerpräsidenten. Er baute dann schrittweise mit einem Ermächtigungsgesetz, Verbot der übrigen Parteien, Aufhebung der Bürgerrechte und Pressefreiheit, Ausbau der Parteimiliz und politischen Morden bis 1925 eine Einparteiendiktatur unter einem von ihm geführten „Großen Faschistischen Rat“ in Italien auf.

1932 legte er die Ideologie seines Staatssystems schriftlich vor (Dottrina del fascismo): Merkmale waren ein extremer Nationalismus, eine durch Krieg angestrebte Großmachtstellung für Italien im Mittelmeerraum, die Betonung des „Willens zur Macht“ (Friedrich Nietzsche), des autoritären Führerprinzips (Vilfredo Pareto), der „direkten Aktion“ als „schöpferischem Gestaltungsprinzip“ (Georges Sorel) und einer totalitären, von einer Geheimpolizei überwachten Verschmelzung von Staat und alleinregierender Partei. Die sozialrevolutionäre Komponente der Aufstiegszeit trat zurück; verordnete Einheitsorganisationen von Arbeitern und Unternehmern sollten Klassenkampf unterbinden.[5]

Als Kennzeichen des Faschismus nach italienischem Vorbild gelten daher voluntaristische und futuristische Politikkonzepte, die den Machtwillen ökonomischen Zwängen vorordnen und die künftige radikale Umgestaltung der Gesellschaft als nationale Bestimmung anstreben[6], diktatorische Herrschaftsformen, die sich als Volkswille ausgeben, mit ausgeprägtem Personenkult[7] und einer starken Ästhetisierung der Politik, die gegensätzliche Interessen und Strömungen überwölben und zusammenhalten soll.

Anfangs war der Faschismus nicht antisemitisch ausgerichtet. Wiederholt lehnte Mussolini in öffentlichen Äußerungen den Rassismus und Antisemitismus der Nationalsozialisten ab, in dem er eine Wiederkehr des „Germanismus“ sah, den er in seiner Jugend stets bekämpft habe.[8][9] Erst seit Mitte der 1930er Jahre gab es infolge der politischen Koalition Mussolinis mit dem Deutschen Reich antisemitische Agitationen, die dann auch in den Erlass antijüdischer Gesetze mündeten. Diese Politik zielte aber niemals auf Vernichtung der europäischen Juden, sondern auf ihre Entrechtung, Enteignung und Vertreibung.

Die faschistische „Neue Ordnung“ Italiens unterschied sich durch ihren Etatismus deutlich vom NS-Regime, indem Mussolinis starker Staat die alten Eliten einband. Er behielt auch mit seinen Eroberungskriegen in Libyen und Äthiopien eine traditionell kolonialistische Macht- und Expansionspolitik bei. Dabei kam es auch dort zu massenhaften Internierungen von etwa 100.000 Personen in Konzentrationslagern und Massenerschießungen von Kriegsgefangenen unter dem Deckmantel der Partisanenbekämpfung, aber zu weit weniger Justizmorden als etwa in der deutschen Wehrmacht.[10]

Übriges Europa

Politische Entwicklung Europas in der Zwischenkriegszeit
Politische Karte Europas 1929–1938

Das italienische System unter Mussolini und seine Ideologie wurden seit 1922 bis 1945, zum Teil darüber hinaus, zum Modell für ähnliche Bewegungen, Parteien und Organisationen in verschiedenen Staaten und Regionen Europas. Der Nationalsozialismus in Deutschland unter Adolf Hitler ab 1933, die Salazar-Diktatur in Portugal ab 1933 und der Franquismus in Spanien unter Francisco Franco ab 1939 sind die bekanntesten von Mussolinis Vorbild beeinflussten und politisch wirksamen Staatssysteme.

Albanien

Baltikum

Belgien

Die Rex war eine klerikalfaschistische Partei, die bei den Wahlen im Mai 1936 mit 11,5 % und 21 von 201 Sitzen im Parlament, zu den zeitweise stärksten faschistischen Gruppen in Westeuropa gehörte. Nachdem ihr Führer Léon Degrelle bei einer Nachwahl im April 1937 den angestrebten Parlamentssitz verfehlte, sank der Einfluss der Rexisten.

Bulgarien

Deutschland

Finnland

Frankreich

In Frankreich traten ebenfalls faschistisch orientierte Gruppen auf; die bedeutendsten waren ab 1908 die Action française mit Charles Maurras und die Feuerkreuzler (Croix de Feu). Dennoch entwickelte sich der Faschismus nicht zu einer Massenbewegung. Mit der Besetzung Frankreichs durch das nationalsozialistische Deutschland scheiterte die faschistische Bewegung an eigenen Widersprüchen.

Griechenland

In Griechenland herrschte von 1936 bis 1941 die vom italienischen Faschismus und vom deutschen Nationalsozialismus beeinflusste Metaxas-Diktatur.

Großbritannien

In Großbritannien gründete Oswald Mosley 1932 die British Union of Fascists (BUF; faschistische Schwarzhemden), die das Übermenschentum und die Weltbedeutung Großbritanniens hervorhob, welche aber mit dem Zweiten Weltkrieg endete.

Irland

1931 wurden die faschistischen Blauhemden gegründet.

Island

Jugoslawien

Nach dem Überfall Deutschlands auf das Jugoslawische Königreich marschierte am 10. April 1941 die deutsche Wehrmacht in Zagreb ein. Auf deutschen Druck und mit deutscher Unterstützung rief die Ustascha (kroat.: Ustaša, Mehrzahl: Ustaše, zu dt.: „Die Aufständischen“) den „Unabhängigen Staat Kroatien“ aus und errichtete eine faschistische Diktatur unter Ante Pavelić, die Serben, Juden, Sinti und Roma sowie politische Gegner systematisch verfolgte.

Mit der Besetzung Serbiens durch das nationalsozialistische Deutschland wurde in Zentralserbien ein Kollaborationsregime unter General Milan Nedić eingesetzt. Die Regierung Nedić’ wurde von Dimitrije Ljotić und Teilen der Tschetniks unterstützt. Dennoch entwickelte sich der Faschismus nicht zu einer Massenbewegung in Serbien.

Andere Teile des Landes wurden in den kroatischen Ustascha-Staat eingegliedert.

Liechtenstein

Im Fürstentum Liechtenstein versuchte die nationalsozialistische Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein (VDBL) 1939 einen Putsch anzuzetteln, der jedoch scheiterte. Liechtenstein blieb während des Zweiten Weltkrieges neutral.

Luxemburg

Am 17. Mai 1940 wurde in Luxemburg-Stadt die Volksdeutsche Bewegung (VdB) gegründet, ihr Vorsitzender war Damian Kratzenberg. Durch Propaganda wollte sie die Luxemburger zu einer deutschlandfreundlichen Haltung bewegen, um sie „Heim ins Reich“ zu führen. Ein kleiner Teil der Bevölkerung, welcher sich im Umfeld der VdB bewegte, begrüßte nicht nur die Besetzung durch die Deutschen, sondern war auch aktiv an der Zerstörung des luxemburgischen Staats beteiligt. Sie waren sozusagen Kollaborateure aus Überzeugung und wurden wegen ihrer khaki-farbenen Uniform Gielemännercher („Gelbe Männchen“) genannt. Ihr Verhalten wurde von vielen Luxemburgern als Verrat angesehen. Zu ihnen gesellten sich noch jene, welche sich aus Opportunismus beteiligten oder dem äußeren Druck nachgaben.

Anfang Oktober 1940 hatte die VdB rund 5.000 Mitglieder, darunter viele überzeugte Nationalsozialisten. Ende Oktober stieg die Mitgliederzahl auf 40.000 und im Dezember 1940 bis auf 50.000 an. Bis Mitte 1941 waren rund 70.000 Luxemburger in der VdB eingeschrieben, also die Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung, obwohl niemals ein Zwang zur Mitgliedschaft bestand.

Niederlande

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 versuchten die Niederlande, ihre Neutralität zu wahren, aber da sie wie Belgien im Spannungsfeld zwischen Frankreich, England und dem Deutschen Reich lagen, wurden sie am 10. Mai 1940 von der deutschen Wehrmacht angegriffen und besetzt. Nach dem Verbot aller Parteien im Laufe des Jahres 1941 stieg der Einfluss der National-Sozialistischen Bewegung in den Niederlanden (niederl.: Nationaal-Socialistische Beweging in Nederland, NSB) unter Anton Adriaan Mussert an. Letztendlich erlangte sie aber nie einen relevanten Einfluss in der Bevölkerung oder im Besatzungsapparat.

Österreich

In Österreich gab es nach dem Ersten Weltkrieg Gruppierungen, wie zum Beispiel die Heimwehr, die von Forschern dem Faschismus zugeordnet werden. Die Heimwehr stand zunächst der Christlichsozialen Partei nahe und ging schließlich, in der von Engelbert Dollfuß 1933 gegründeten, Vaterländischen Front (VF) auf.

Dollfuß etablierte einen autoritären Staat, für den es eine Palette von Begriffen gibt. Die Verwendung der Selbstbezeichnung „Ständestaat“ wird wegen ihres apologetischen Charakters abgelehnt. Die Bezeichnung „Austrofaschismus“ ist in der Wissenschaft umstritten.[11] Tálos und Manoschek argumentieren, die Ausschaltung der oppositionelle Arbeiterbewegung, die Beseitigung des Parlamentarismus und die Errichtung einer autoritären Struktur rechtfertige den Begriff ‚Faschismus’. Als Argument gegen diesen Begriff wurde auf das Fehlen einer ‚austrofaschistischen’ Massenbewegung wurde als Argument verwiesen.[12] Insbesondere das Fehlen einer Massenbewegung wurde als Argument gegen diesen Begriff vorgebracht.[13]

Nach der Ermordung Dollfuß' im Juliputsch 1934 wurde der Staat durch Kurt Schuschnigg zunächst weitergeführt, aber schließlich im Jahre 1938 durch den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich durch den Nationalsozialismus abgelöst.

Polen

Portugal

In Portugal kam 1926 eine Militärjunta unter General Carmona durch einen Putsch an die Macht, das Einparteiensystem wurde eingeführt mit der Nationalen Union (port.: União Nacional, UN) als einzige zugelassene Partei. Mehr als Spanien bemühte sich Portugal, besonders ab 1932 unter Carmonas Nachfolger Salazar um eine Distanzierung vom italienischen Faschismus und vom deutschen Nationalsozialismus. 1933 baute Salazar seine Macht durch eine neue Verfassung und die Abschaffung des Parlamentarismus aus. Portugal verbündete sich im Zweiten Weltkrieg mit Spanien zum Bloco Ibérico. Die Eigenbezeichnung der portugiesischen Autokratie war Estado Novo. Die Junta wurde am 25. April 1974 durch die Nelkenrevolution gestürzt.

Rumänien

In Rumänien kam mit der „Legion des Erzengels Michael“ (Eiserne Garde, rumän.: Garda de Fier) unter Corneliu Zelea Codreanu in den 1930er Jahren eine faschistische Bewegung auf, die religiösen Fanatismus mit Führerkult, Militarismus und Antisemitismus vereinte. Sie erreichte bei den Parlamentswahlen 1937 mit 15,38 % der Stimmen 66 der 390 Parlamentssitze und wurde die drittstärkste Partei. 1930 finanzierte König Carol II. die „Eiserne Garde“. Im November 1938 ließ der diktatorisch regierende König Codreanu verhaften, der anschließend bei einem angeblichen Fluchtversuch erschossen wurde. Im Januar 1938 wurde ein Aufstand der Eisernen Garde blutig unterdrückt.

Der seit dem 4. September 1940 diktatorisch regierende Ministerpräsident Ion Antonescu machte die Eiserne Garde zur einzigen zugelassenen Partei. Unter dem neuen Führer der Legion Horia Sima kam es zu Pogromen und politischen Morden. Am 24. Januar 1941 unternahm die Legion einen Putschversuch, der von Antonescu blutig niedergeschlagen wurde. Antonescu regierte von da an als Militärdiktator, ohne Unterstützung einer Partei.

San Marino

Die San-marinesische Faschistische Partei (ital.: Partito Fascista Sammarinese, PFS) erreichte bei den Wahlen am 4. April 1923 in San Marino die absolute Mehrheit. Jedoch stellte die Republik später trotz der Nähe zum italienischen Diktator Benito Mussolini keine Soldaten für das italienische Heer, und da sich die faschistische Regierung San Marinos trotz allem der Neutralität verpflichtet sah, blieb die Republik im Zweiten Weltkrieg offiziell neutral.

Schweiz

In der Schweiz formierten sich vor allem nach 1933 verschiedene Gruppen mit meist denselben Mitgliedern, die einflussreichste Partei war die Nationale Front (NF). Die nationalistischen Gruppierungen werden unter dem Begriff Frontenbewegung zusammengefasst. Berüchtigt ist auch die Eingabe der Zweihundert von 1940 – ein Schreiben von 173 Personen aus dem rechtsbürgerlichen Lager an den Bundesrat, in dem eine verstärkte Kooperation mit Deutschland gefordert wurde, vor allem im Bereich der Presse. Jedoch verhinderte das starke Engagement anderer Kräfte, welche insbesondere durch General Guisan repräsentiert wurden, dass die Schweiz je in die Nähe kam, die Demokratie aufzugeben.

Skandinavien

In Schweden, Dänemark und Norwegen kamen mit der schwedischen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (schwed.: Nationalsocialistiska Arbetarepartiet, NSAP), der Dänischen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (dän.: Danmarks Nationalsocialistiske Arbejderparti, DNSAP) und der norwegischen Nationalen Sammlung (norw.: Nasjonal Samling, NS) faschistische Bewegungen auf, welche die nordische Herrenmenschenideologie zum Programm machten. Letztere wurde am 13. Mai 1933 u. a. von Vidkun Quisling gegründet. Sie kam bei den Wahlen von 1933 auf 2,2 % und 1936 auf 1,8 % der Stimmen. In der Hafenstadt Stavanger erreichte sie allerdings einen Stimmenanteil von 12 %. Ihr „Führer“ Quisling wurde am 1. Februar 1942 unter deutscher Besatzung zum Ministerpräsidenten ernannt. Eine Massenbasis besaßen die faschistischen Organisationen in Skandinavien jedoch nicht. Mit der deutschen Besetzung gewannen die Faschisten in Dänemark und Norwegen Einfluss. Das NS-Regime rekrutierte aus diesen Bewegungen bereitwillige Partner. Zur Metapher „Quisling“ der willfährigen Nazi-Kollaborateure wurde dabei die Gestalt des norwegischen „Führers“ Vidkun Quisling.

Sowjetunion

Spanien

In Spanien übernahm General Franco durch den Sieg im Bürgerkrieg gegen die 1936 demokratisch gewählte Regierung der Volksfront 1939 die Macht. Im Bürgerkrieg waren die Putschisten sowohl vom faschistischen Italien als auch von der Hitler-Regierung Deutschlands („Legion Condor“) militärisch unterstützt worden. Die Staatspartei Falange Española Tradicionalista y de las JONS wies mit der vormaligen Falange (von griech.: Phalanx = „Schar“), später in Zusammenschluss mit den Juntas de Ofensiva Nacional-Sindicalista (JONS) einen Flügel auf, welcher ein am Vorbild des italienischen Faschismus ausgerichtetes Programm aufwies. Im Zweiten Weltkrieg revanchierte sich Franco für die deutsche Hilfe im Bürgerkrieg mit der Entsendung von 45.000 Soldaten (die sog. „Blaue Division“ oder División Azul) zur Unterstützung der Wehrmacht an der Ostfront bei Leningrad, Nowgorod, Wolchow und Mga, er trat jedoch nicht offiziell in den Krieg ein. Die katholische Kirche behielt starken Einfluss und baute ihn im Laufe der Jahre durch Opus Dei weiter aus, was weitgehend auf Kosten des Einflusses der faschistischen Falange geschah. Die franquistische Diktatur, die vor allem in ihren späten Jahren mit der Bezeichnung „konservativ-autoritär“ treffender umschrieben ist, blieb bis zu Francos Tod 1975 bestehen.

Tschechoslowakei

Ungarn

In Ungarn existierten Gruppierungen wie in Österreich, die sich am Vorbild der SA und SS orientierten, zum Beispiel die Pfeilkreuzler (ung.: Nyilaskeresztes Párt, auch „Hungaristen“ genannt). Ihr Führer Ferenc Szálasi glaubte an ein „karpato-danubisches Vaterland“. Die Pfeilkreuzler beriefen sich auf heidnische Traditionen der Ungarn und waren radikal antisemitisch. Gleichzeitig standen sie im Ungarn unter Reichsverweser Admiral Miklós Horthy (1920–1944), das hauptsächlich autoritär, klerikal und aristokratisch geprägt war, eher am politischen Rand. Erst nach Horthys von der deutschen Besatzungsmacht erzwungenen Abdankung am 15. Oktober 1944 konnte Szálasi die Macht im Staat übernehmen und sich zum „Volksführer“ ernennen. Die Pfeilkreuzler errichteten daraufhin eine Diktatur, die die jüdischen Ungarn verfolgte und der SS auslieferte, aber nur wenige Monate existierte und hauptsächlich auf Budapest beschränkt blieb.

Außereuropäische Staaten

Japan (1926–1945)

Der revolutionäre Impuls zahlreicher Theoretiker (wie Kita Ikki oder Takabatake Motoyuki), Gruppierungen und Parteien ab den 1920er Jahren war schwächer als in Europa ausgeprägt und eher auf die Vorherrschaft einer bürokratischen, nichtdemokratischen, konstituellen Monarchie auf Basis traditioneller Werte als auf eine völlig neue Ordnung gerichtet. Die ab 1936 stärksten Gruppen, die Großjapan-Jugendpartei (大日本青年党, Dai-Nippon Seinen-tō) und die Gesellschaft des Östlichen Weges (東方会, Tōhōkai), waren keine faschistischen Bewegungen, kamen aber faschistischen Organisationen am Nächsten.[14] Der japanische Autoritarismus ab 1940 kann eher als ein komplexes Gemenge von Staatsbürokraten, konservativen Wirtschaftsführern und militärischen Prätorianern beschrieben werden (Payne 2001, S. 411).[15]

Die Anfangsperiode der Shōwa-Zeit von 1926 bis 1945, speziell ab dem Angriff auf China 1937, als Faschismus zu bezeichnen ist problematisch. Dennoch wird der Ausdruck Tennō-Faschismus durchaus verwendet.[16] Westliche Wissenschaftler räumen den Unterschieden zu den europäischen Faschismen breiteren Raum ein, modifizieren den Begriff zu „Militär- oder Kaisersystemfaschismus“, oder lehnen ihn – trotz Parallelen hinsichtlich Autoritarismus, Militarismus, imperialen Anspruch und rassischer Ideologie – in Bezug auf Japan als ungeeignet ab. So hält George M. Wilson das Konzept eines „japanischen Faschismus“ für verfehlt, da in Japan keine politische Bewegung die Macht an sich reißen wollte, die formelle verfassungsmäßige Autorität zumindest nach außen intakt geblieben sei und ein gewisses Maß an Pluralismus weiter existiert habe.[17] Gregory J. Kasza verweist auf das Fehlen wesentlicher Elemente des Faschismus, wie einer Einheits- oder Massenpartei oder eines „Führers“, sowie auf die großteils kriegsbedingte Einführung „typisch faschistischer“ Elemente. Die Reihenfolge von „Bewegung – Ideologie – Regime“ des europäischen Faschismus sei in Japan genau in umgekehrter Reihenfolge anzutreffen.[14] Ein Versuch der Etablierung einer Einheitspartei auf Konsensbasis war die Taisei Yokusankai (1940–1945) von Premierminister Konoe Fumimaro, die jedoch inneren Grabenkämpfen beherrscht war und aus der beispielsweise 1941 die Tōhōkai wieder austrat. Vor der Shūgiin-Wahl 1942 gründete Premierminister Tōjō Hideki die Yokusan Seijikai (翼賛政治会), verbot alle anderen Parteien und nahm alle gewählten Abgeordneten zwangsweise auf.[18]

USA (1920–1945)

In den 1920er und 1930er Jahren gab es in den USA, nicht zuletzt unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise 1929 mit bis zu 15 Millionen Arbeitslosen, einige Politiker, die als „faschistoid“ gelten können, wobei dies damals wie heute von Fall zu Fall umstritten war oder ist. Wie in Europa breiteten sich faschistische Strömungen aus, letztendlich jedoch erfolglos.

Huey Long (1893–1935) war Mitglied der Demokratischen Partei und von 1928 bis 1932 Gouverneur von Louisiana und anschließend bis zu seiner Ermordung 1935 Senator. Kurz vor seiner Ermordung hatte er noch begonnen, den Präsidenten der Demokratischen Partei Franklin D. Roosevelt für die nächste Präsidentschaftswahl 1936 herauszufordern. Für seine Gegner war er ein Populist mit diktatorischen Neigungen, der je nachdem als potenzieller faschistischer oder kommunistischer Diktator eingeschätzt wurde.

Father Coughlin (1891–1979) war ein katholischer Priester, der in den 1930er Jahren das neue Massenmedium Radio für sozialkritische Ansprachen nutzte und bis zu 40 Millionen Zuhörer erreichte. Zunächst unterstützte er noch Roosevelt und dessen Politik des New Deal, fand sich von diesem aber dann nicht gebührend gewürdigt und begann sich mehr und mehr nach rechts zu radikalisieren, agitierte gegen Juden, Bankiers, Kapitalisten und Kommunisten. Er unterstützte offen Hitler und die Nationalsozialisten. 1936 gründete er das antisemitische Blatt Social Justice („Soziale Gerechtigkeit“). 1942, Deutschland hatte inzwischen den USA den Krieg erklärt, erteilten ihm seine Vorgesetzten in der katholischen Kirche, auch aufgrund massiven Drucks durch Roosevelt, Rede- und Schreibverbot. Coughlin zog sich daraufhin in seine Gemeinde nach Detroit und aus dem politischen Leben zurück. Nach seiner Pensionierung 1966 schrieb er Pamphlete gegen den Kommunismus und das Zweite Vatikanische Konzil, erreichte jedoch kein größeres Publikum mehr.

Deutsche Auswanderer gründeten vereinzelt „Heimatvereine“, die sich an der NSDAP orientierten. Dies endete allerdings mit der deutschen Kriegserklärung an die USA.

Siehe auch

Literatur

Definition
Historisch
  • Arnd Bauerkämper: Der Faschismus in Europa 1918–1945. Reclam, Stuttgart 2006, ISBN 3-15-017049-4.
  • Jerzy W. Borejsza: Schulen des Hasses. Faschistische Systeme in Europa. Fischer TB, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-60160-6.
  • Ernst Nolte: Der Faschismus in seiner Epoche. Action Francaise Italienischer Faschismus Nationalsozialismus. Piper TB, München 1984, ISBN 3-492-10365-0.
  • Stanley G. Payne: Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung. Berlin 2001.
  • Hermann Graml, Angelika Königseder, Juliane Wetzel (Hrsg.): Vorurteil und Rassenhaß. Antisemitismus in den faschistischen Bewegungen Europas. Metropol, Berlin 2001.
  • Wolfgang Wippermann: Europäischer Faschismus im Vergleich (1922–1982). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-518-11245-7.
  • Robert Paxton: Anatomie des Faschismus. München 2006, ISBN 3-421-05913-6.
Einzelstaaten
  • Stanley G. Payne: Fascism in Spain, 1923–1977. University of Wisconsin Press, Madison [u. a.] 1999, ISBN 0-299-16564-7.
Aufarbeitung
  • Konrad Hecker: Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung. GegenStandpunkt-Verlag, München 1996, ISBN 3-929211-02-5.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Faschismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Faschismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Faschismus – Zitate

Einzelnachweise

  1. Der Große Brockhaus in zwölf Bänden, 18. Auflage, Dritter Band, F.A. Brockhaus, Wiesbaden 1978, ISBN 3-7653-0039-X, S. 651.
  2. Hans-Georg Herrnleben: Totalitäre Herrschaft. Faschismus – Nationalsozialismus – Stalinismus, Ploetz, Freiburg 1980, S. 21.
  3. Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, 3. Auflage, Klett-Cotta, Stuttgart 1997, S. 453.
  4. Bernd Martin: Zur Tauglichkeit eines übergreifenden Faschismus-Begriffs. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 29. Jg. 1981, S. 48–73 (PDF).
  5. Der Große Brockhaus in zwölf Bänden, 18. Auflage, Dritter Band, Wiesbaden 1978, S. 651 f.
  6. Manfred Hinz: Die Zukunft der Katastrophe. Mythische und rationalistische Geschichtstheorie im italienischen Futurismus, S. 1–18 und 89–111.
  7. Clemens Zimmermann: Das Bild Mussolinis. Dokumentarische Formungen und die Brechungen medialer Wirksamkeit. In: Gerhard Paul: Visual History. Ein Studienbuch, S. 225 f.
  8. Hugo Valentin, Antisemitenspiegel. Der Antisemitismus: Geschichte, Kritik, Soziologie. Wien 1937, S. 72.
  9. Ernst Nolte, Der Faschismus in seiner Epoche. Action Francaise – Italienischer Faschismus – Nationalsozialismus, Piper, München 1984, S. 288 f.
  10. Thomas Schlemmer, Hans Woller, Der italienische Faschismus und die Juden 1922 bis 1945. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Heft 2/2005, München 2005, S. 164–201.
  11. Jugend ohne Zukunft: Hitler-Jugend und Bund Deutscher Mädel in Österreich vor 1938, Picus-Verlag 1994, S. 299.
  12. Emmerich Tálos, Walter Manoschek: Zum Konstituierungsprozeß des Austrofaschismus. In: E. Tálos/W. Neugebauer (Hrsg.): „Austrofaschismus“, Beiträge über Politik, Ökonomie und Kultur 1934–1938, 5., neu überarbeitete Aufl., Wien 2005, S. 6–27.
  13. Eine Zusammenfassung der Stellungnahmen zu dieser Frage findet sich bei Emmerich Tálos, Das Herrschaftssystem 1934–1938: Erklärungen und begriffliche Bestimmungen. Ein Resümee, in: „Austrofaschismus“, Beiträge über Politik, Ökonomie und Kultur 1934–1938, S. 267–273.
  14. a b Gregory J. Kasza: Fascism from above? Japan's kakushin right in comparative perspective. In: Stein, Ugelvik, Larsen: Fascism Outside Europe. The European Impulse Against Domestic Conditions in the Diffusion of Global Fascism. Columbia University Press, 2002, S. 185 ff.
  15. Stanley Payne: Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung. Propyläen, 2001, ISBN 3-549-07148-5.
  16. Siehe etwa Georg Blume: Pokémon zählt nicht, taz vom 31. März 2001, sowie Ruth Schneider: Tennofaschismus. Grundstrukturen des Tennō-Faschismus und seiner außenpolitischen Richtlinien, japanlink.de, beides abgerufen am 7. Oktober 2009.
  17. George M. Wilson: A New Look at the Problem of Japanese Fascism. In: Comparative Studies in Souety and History, 1967/68, S. 401–412; zitiert nach Payne 2001, S. 402.
  18. Mayumi Itoh: The Hatoyama Dynasty. Palgrave Macmillan, 2003, ISBN 978-1-4039-6331-4, S. 68.
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